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BNetzA-Entscheidung zu Posteo: Kryptographisch bearbeitete Daten nicht auskunftspflichtig

Erstellt am 13.März 2018, 08:30 Uhr | Kategorie: Info

Liebe Posteo-Kundinnen,
Liebe Posteo-Kunden,
Liebe Interessierte,

wir legen heute das Ergebnis einer rechtlichen Klärung zwischen Posteo und der Bundesnetzagentur (BNetzA) offen: Wir müssen kryptographisch bearbeitete Mobilfunknummern bei Anfragen von Behörden nicht herausgegeben. Die bei Posteo gespeicherten Hashwerte von Kunden-Rufnummern sind keine Bestandsdaten – und somit auch nicht auskunftspflichtig. Hierzu veröffentlichen wir auch ein Rechtsgutachten der Kanzlei KLEINER Rechtsanwälte, das wir beauftragt hatten. Die Veröffentlichung erfolgt aus Transparenzgründen: Für Sie als Posteo-Kunden hat die Klärung mit der Behörde keine Auswirkungen, es ändert sich nichts.

Sind kryptographisch entstandene Zeichenfolgen auskunftspflichtig?

Bei Posteo erheben und speichern wir aus Sicherheitsgründen grundsätzlich keine personenbezogenen Daten zu den E-Mail-Postfächern. Das hatte zuletzt auch die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff noch einmal in Ihrem Prüfbericht zu Posteo bestätigt.

Stattdessen schützen wir sensible Daten durch kryptographische Verfahren:
Für die „Passwort-Vergessen-Funktion“ können Sie beispielsweise Ihre Mobilfunknummer verwenden. Sie wird aber bereits lokal auf Ihrem Gerät (in Ihrem Browser) in eine beliebige Zeichenfolge umgewandelt. Hierfür werden mathematische bzw. kryptographische Verfahren eingesetzt. An Posteo wird nur diese Zeichenfolge übermittelt – und für den Fall eines Passwortverlustes vorgehalten. Nicht Ihre Mobilfunknummer.

In der Fachsprache nennt man dieses Umrechnen von sensiblen Daten „Hashen", bei uns auch mit „Salt“.
Hierbei werden Ihrer Mobilfunknummer zunächst zusätzliche Zeichen hinzugefügt, damit sie länger wird (Salt). Für das Umrechnen werden dann so genannte „mathematische Einwegfunktionen“ eingesetzt, die nicht umkehrbar sind.
Der Salt war zu keinem Zeitpunkt ein personenbezogenes Datum und ist nicht auskunftspflichtig.
Für Behörden wären die entstandenen Zeichenfolgen wegen des fehlendenden Salt-Wertes nutzlos: Das Zurückrechnen der Hashwerte in die ursprüngliche Mobilfunknummer ist rein mathematisch nicht möglich. Auch ein Erraten des Ergebnisses durch das Ausprobieren aller möglichen Kombinationen (durch eine so genannte Brute-Force-Attacke) ist technisch unmöglich.

Dennoch liess uns das für uns zuständige Referat in der Bundesnetzagentur(BNetzA) im November 2015 wissen, dass in der Rechtsabteilung der Behörde darüber entschieden werde, ob die Hash-Zeichenfolgen bei Posteo rechtlich als personenbeziehbare Daten einzustufen sind. Dann hätten wir sie nach § 113 TKG bei Anfragen den Behörden übergeben müssen. Präzedenzfälle und Rechtsliteratur fehlten.
Wir warteten die Entscheidung unserer Aufsichtsbehörde nicht ab – sondern beauftragten die auf Telekommunikationsrecht spezialisierte Kanzlei „KLEINER Rechtsanwälte“ mit einem umfangreichen Rechtsgutachten. Dieses legten wir der Bundesnetzagentur vor.

Kryptografisch bearbeitete Daten mitunter nicht auskunftspflichtig

Der rechtliche Status von auf diese Weise kryptographisch bearbeitete Daten ist gerade vor dem Hintergrund der Debatten um die neue staatliche Entschlüsselungsbehörde ZITIS interessant. ZITIS soll u.a. beim Entschlüsseln von Daten helfen, die staatliche Stellen z.B. von Telekommunikationsunternehmen erhalten haben. Doch ob und auf welcher Rechtsgrundlage die Unternehmen zur Herausgabe beliebiger Zeichenfolgen (Hash-Zeichenfolgen oder verschlüsselte Daten) überhaupt verpflichtet sind, ist bisher nicht in jedem Fall abschließend geklärt.

Das eindeutige Ergebnis des 19-seitigen Rechtsgutachtens: Die durch mathematische und kryptographische Verfahren errechneten Prüfwerte für Mobilfunknummern sowie auch die Salt-Werte sind keine Bestandsdaten – und nicht auskunftspflichtig.

Die Autorin des Gutachtens, Dr. Grace Nacimiento von der Kanzlei KLEINER erklärt:

„Der Einsatz von Salt-Wert und kryptographischer Hashfunktion durch Posteo sorgt dafür, dass eine vom Kunden eingegebene Mobilfunknummer anonymisiert wird, bevor eine Übermittlung an Posteo erfolgt. Für die bei Posteo allein gespeicherten Hashwerte fehlt es daher an einem Personenbezug, d.h., die gespeicherten Hashwerte erlauben keinen Rückschluss auf die Person des Kunden oder dessen Mobilfunknummer. Die gespeicherten Hashwerte sind daher kein Bestandsdatum im Sinne des § 95 TKG und unterliegen damit auch nicht der Auskunftspflicht nach § 113 TKG. Das gilt auch für die Salt-Werte. Sie haben keine Bedeutung für das Vertragsverhältnis mit dem Kunden und lassen keinen Rückschluss auf die Person des Kunden zu. Die Salt-Werte werden von Posteo schließlich auch nicht im Sinne des Gesetzes erhoben, sondern für interne technische Zwecke frei generiert.“

Das Gutachten legten wir auch der Bundesdatenschutzbeauftragten Andrea Voßhof vor. Sie bezog wie folgt Stellung:

„Auch aus meiner Sicht ist der gespeicherte gesaltete Hashwert kein personenbeziehbares Datum. (…) Zusammenfassend stelle ich fest, dass Posteo im Sinne des § 95 TKG keine Bestandsdaten erhebt“.

Im Oktober 2016 teilte uns schliesslich auch die Bundesnetzagentur erstmals mit:

„Mit Blick auf die Frage, ob es sich bei dem persistent gespeicherten gesalteten Hashwert um ein Bestandsdatum handelt, teilt die Bundesnetzagentur im Ergebnis die Auffassung des Rechtsgutachtens (…)“

In der Folge dieser Entscheidung verpflichtete uns die BNetzA dazu, unser Vorgehen bei der Passwort-Vergessen-Funktion in unserem bei der Behörde hinterlegten Sicherheitskonzept eingehender zu beschreiben. Wir erhielten im Dezember 2017 noch einmal die Bestätigung, dass es sich bei den Hashwerten nicht um ein Bestandsdatum handelt.

Der Vorgang ist aus unserer Sicht nun abgeschlossen. Die lokal im Browser des Nutzer erzeugten Hash-Zeichenfolgen sind keine Bestandsdaten, sie müssen bei Anfragen nicht an Behörden herausgegeben werden. Wir veröffentlichen nun das Rechtsgutachten, weil wir aufzeigen wollen, dass der rechtliche Status verschlüsselter Daten nicht immer geklärt ist. Und weil das Rechtsgutachten der Kanzlei KLEINER auch über Posteo hinaus einen Beitrag zur rechtlichen Debatte leisten kann.

Offenlegung: Andere Streitthemen mit BNetzA noch ungeklärt

Wir stehen aktuell zu weiteren Themen in einem angestrengten rechtlichen Austausch mit einem anderen Referat unserer Aufsichtsbehörde.
Zum einen, weil unser konsequent datensparsames Konzept sehr besonders und sicher ist: So fallen in unserem System völlig rechtskonform keine personenbeziehbaren IP-Adressen an. Sie können deshalb auch nicht erhoben oder gespeichert werden.
(Beleg: Prüfbericht der Bundesdatenschutzbeauftragten)

Zum anderen sind wir gemeinsam mit unseren Anwälten der Ansicht, dass die Behörde mit ihren Forderungen weit über das gesetzlich Zulässige und sicherheitstechnisch Vertretbare hinausgeht. So werden richterlich angeordnete Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen (TKÜ) bei uns beispielsweise weiterhin ohne SINA-Lösung durchgeführt. Über eine aus unserer Sicht rechtskonforme Umsetzung streiten wir seit mehreren Jahren mit dem zuständigen Referat der BNetzA. Unser Rechtsanwalt Prof. Dr. Stefan König vertritt uns in dieser Sache ebenso wie unsere Rechtsanwältin Dr. Grace Nacimiento.

Sobald sich hierzu neue Entwicklungen ergeben, werden wir über diese im Posteo-Blog und als Beitrag unter unseren Transparenzberichten informieren. Eine Kurzzusammenfassung des Rechtsgutachtens finden Sie direkt unter diesem Beitrag.

- Das vollständige Gutachten können Sie im PDF-Format hier aufrufen: Gutachten
- Wie viele TKÜ im letzten Jahr bei Posteo durchgeführt wurden, ist im Transparenzbericht auf unserer Webseite nachzulesen.

Als Provider tragen wir Verantwortung; und wir können einen Beitrag zur demokratischen Kontrolle leisten. Deshalb werden wir unser rechtliches Engagement auch in Zukunft fortsetzen – und wo es notwendig wird, weiter verstärken.

Viele Grüße
Ihr Posteo-Team



Kurz-Zusammenfassung der Ergebnisse des Gutachtens

1. Posteo ist als internetbasierter E-Mail-Dienst als Telekommunikationsdienst i.S.d. § 95, § 3 Nr. 24 TKG zu qualifizieren. Nach der aktuellen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Köln, determiniert auch bei einer Signalübertragung über das Internet der Diensteanbieter den Übertragungsvorgang, so dass das Tatbestandsmerkmal der Signalübertragung über Telekommunikationsnetze erfüllt ist

2. Bei den bei Posteo vorhandenen, auf Basis von Mobilfunknummern „gehashten und gesalteten“ Daten handelt es sich nicht um Bestandsdaten von Teilnehmern i.S.d. § 95 i.V.m. § 3 Nr. 3 TKG. Es lässt sich bereits nicht feststellen, ob es sich bei der dem Hashwert zugrunde liegenden Mobilfunknummer um ein Teilnehmerdatum i.S.d. § 95 TKG handelt oder um ein Nutzerdatum handelt, das vom Anwendungsbereich des § 95 TKG schon nicht erfasst ist. Selbst wenn man aber die vom Kunden eingegebene Mobilfunknummer als relevantes Bestandsdatum qualifizieren würde, wird durch den Einsatz von Salt-Wert und kryptographischer Hashfunktion noch in der lokalen Umgebung des Nutzers eine Anonymisierung dieses Datums bewirkt, bevor Posteo dieses übermittelt bekommt. Diese hat zur Folge, dass es sich jedenfalls mangels herstellbaren Personenbezugs bei den allein gespeicherten Hashwerten nicht mehr um Teilnehmerdaten i.S.d. § 95 TKG handelt. Ein Rückschluss auf den Klartext oder die Person des Kunden ist auf Basis der zu Posteo übermittelten Daten technisch nicht möglich.

3. Darüber hinaus handelt es sich bei diesen anonymisierten Daten, die nicht gezielt zur Erbringung des Dienstes abgefragt, sondern rein optional und auf Initiative des Kunden übermittelt werden, auch nicht um vom Anbieter des Dienstes i.S.d. § 95 TKG „erhobene“ Daten.

4. Auch der von Posteo verwendete, für jeden Kunden individuell eingesetzte „Salt-Wert“ stellt kein Bestandsdatum i.S.d. § 95 TKG dar. Dieser Wert weist weder einen Bezug zum Vertragsverhältnis auf, noch weist er den erforderlichen Personenbezug auf, ist demnach auch kein Teilnehmerdatum im Sinne des Gesetzes.

5. Als Anbieter eines öffentlich zugänglichen Dienstes der elektronischen Post ist Posteo schließlich auch nicht zur Erhebung und Speicherung von Bestandsdaten verpflichtet. Die in § 111 Abs. 1 Satz 3 TKG enthaltene Speicherpflicht bezieht sich lediglich auf Daten, die der Anbieter ohnehin erhebt.