Transparenzbericht: Posteo fordert Stopp der VDS
Erstellt am 20.August 2015, 14:00 Uhr | Kategorie: Blog
Liebe Posteo-Kunden,
wir möchten, dass Sie wissen, wie häufig Behörden bei Posteo um Kundendaten ersuchen. Deshalb haben wir heute unseren Transparenzbericht für das Jahr 2014 veröffentlicht. In dem Bericht legen wir offen, wie oft Ermittlungsbehörden sich im Jahr 2014 an uns gewandt haben – und wie oft Posteo tatsächlich Daten herausgeben musste. Der Bericht umfasst alle Behördenanfragen, die Posteo im Jahr 2014 erhalten hat. Sie erfahren außerdem, wie häufig diese Ersuchen formal korrekt waren und wie viele der Anfragen rechtswidrig waren.
Da fast alle Behördenersuchen, die Posteo bisher erreicht haben, rechtswidrig waren, widmen wir den Auskunftsverfahren einen Schwerpunkt in unserem diesjährigen Bericht. In diesem üben wir Kritik an den chaotischen Zuständen, die insbesondere bei der Bestandsdatenauskunft nach §113 TKG herrschen. Wir zeigen auf, dass in der Auskunftspraxis gravierende Sicherheitsprobleme bestehen, es regelmäßig zu Rechtsbrüchen kommt und Kontrolldefizite die Situation weiter verschlimmern.
Um unsere Kritik an den Auskunfts- und Überwachungsverfahren zu belegen, haben wir heute zahlreiche Beispiele rechtswidriger Behördenersuchen auf unseren Internetseiten veröffentlicht. Außerdem legen wir unseren Schriftwechsel mit der Bundesdatenschutzbeauftragten, den Landesdatenschutzbeauftragten sowie den Justizministerien der Länder offen.
Sie erhalten so einen Einblick in unsere datenschutzorientierte Arbeit, die bei Posteo ganzjährig stattfindet. Außerdem beschäftigen wir uns in unserem Schwerpunkt mit dem Kontrollinstrument des Richtervorbehaltes, der unserer Auffassung nach seiner zugedachten Aufgabe nicht mehr gerecht wird: In der Praxis werden offenbar alle Anträge auf Überwachungsmaßnahmen bewilligt. Obwohl zur Wirksamkeit des Richtervorbehaltes in der Fläche keine Statistiken geführt werden, haben wir Zahlen gefunden, die dies belegen.
Die Bundesregierung bleibt indes untätig, obwohl sie über einige der Missstände seit Jahren informiert ist und wiederholt dazu befragt wurde, wie wir im ersten Teil unseres Schwerpunktes aufzeigen. Dies belegen wir u.a. mit einer Antwort aus dem Bundesinnenministerium, die am Mittwoch (19.08.) veröffentlicht wurde.
Den vollständigen Transparenzbericht finden Sie ab sofort auf der Posteo-Webseite
Wir fordern Bundesjustizminister Heiko Maas hiermit dazu auf, den Gesetzentwurf zur Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung zu stoppen. Wenn Überwachungsmöglichkeiten in Deutschland immer weiter ausgebaut werden, während die in unserem Transparenzbericht aufgezeigten Mängel fortbestehen und offenbar jeder Antrag auf Überwachung bewilligt wird, ist dies eine Entwicklung, die der Demokratie nicht zuträglich sein kann.
Hinweis: Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur geplanten Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung ("Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten ") sieht aktuell vor, dass der gesamte E-Mail-Bereich von der Speicherung ausgenommen werden soll. Das bedeutet: Posteo gehört nicht zum Kreis der Verpflichteten. Wir gehen aber davon aus, dass die Einführung des Gesetzes die Anzahl rechtswidriger Bestandsdatenersuchen an uns noch einmal erhöhen würde.
Wenn Sie unsere Arbeit unterstützen möchten, freuen wir uns darüber, wenn Sie unseren Transparenzbericht und die darin enthaltenen Infromationen weiter verbreiten und bei den verantwortlichen Stellen nachfragen. Im vergangenen Mai hat Posteo als erster deutscher Telekommunikationsanbieter einen Transparenzbericht veröffentlicht. Mit unserem Vorstoß haben wir erreicht, dass inzwischen auch andere deutsche Anbieter Transparenzberichte veröffentlichen – unter ihnen auch die Deutsche Telekom. Mit unserem diesjährigen Transparenzbericht möchten wir dazu beitragen, dass bestehende Missstände und Rechtswirklichkeiten bekannter werden und über sie debattiert werden kann. Wir wollen, dass sich etwas ändert: Die Missstände müssen beseitigt und die demokratische Kontrolle staatlicher Auskunftsverfahren in Deutschland muss gestärkt werden.
Viele Grüße
Ihr Posteo-Team