Brasilien: Verheerende Brände im größten Feuchtgebiet der Erde

Das Pantanal
Das Pantanal ist für sein Artenvielfalt bekannt und dient als Rückzugsort seltener Tierarten. (Quelle: Filipefrazao – CC BY-SA 3.0)

Im brasilianischen Pantanal – dem größten Binnenland-Feuchtgebiet der Welt – wüten aktuell die schlimmsten Brände, die bislang in der ersten Jahreshälfte registriert wurden. Die saisonal auftretenden Feuer sind dieses Jahr deutlich früher und in größerem Umfang aufgetreten als üblich. Das meldete das brasilianische Weltrauminstitut INPE, das auch für die Überwachung der Entwaldung zuständig ist, am Dienstag. Die bisherigen Zahlen deuten daraufhin, dass es ein Rekordjahr für Brände in dem Ökosystem werden wird.

Allein in der ersten Jahreshälfte wurden 3538 Brände registriert – so viele wie noch nie seit Aufzeichnungsbeginn im Jahr 1999. Der bisherige Rekord aus dem Jahr 2020 lag bei 2534 Feuerausbrüchen im ersten Halbjahr: Damals waren fast 30 Prozent des Pantanals betroffen. Expertinnen und Experten erwarten nun ein noch verheerenderes Szenario.

Üblicherweise beginnt die Brandsaison im Pantanal im Westen Brasiliens erst in der trockenen Zeit zwischen Ende Juli und August. Doch dieses Jahr traten allein im Juni 2639 Brände auf – bislang lag der Schnitt für diesen Monat bei 154 Feuern.

Dürre und Brandstiftung

Regierungsangaben zufolge ist die hohe Anzahl an Bränden in diesem Jahr auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Hauptgrund sei aber eine langanhaltende Dürre, die den Bränden vorausgegangen ist und die bereits etwa drei Monate vor der üblichen Dürreperiode einsetzte. “Das Pantanal ist mit der größten Trockenperiode seit 70 Jahren konfrontiert, verschärft durch den Klimawandel und einen der stärksten El Niños in der Geschichte”, hatte das Umweltministerium am Sonntag mitgeteilt. Der Geologische Dienst des Landes hatte letzte Woche gemeldet, dass fast alle großen Flüsse in der Region unterdurchschnittliche Pegelstände für diese Jahreszeit aufwiesen.

Einige Gebiete des Pantanals könnten laut der Umweltbehörde IBAMA erhebliche Schäden erleiden. “Nach Katastrophen wie dieser kehrt die Natur in vielen Gebieten zurück. Aber an einigen Stellen ist der Verlust beträchtlich. An manchen Orten könnten sie sogar irreversibel sein. Wir sind sehr erschrocken darüber, dass das Pantanal das sechste Jahr in Folge keine Überschwemmungssaison erlebt”, sagte IBAMA-Präsident Rodrigo Agostinho dem Nachrichtenportal G1.

In diesem Jahr sind demnach bereits etwa 700.000 Hektar Fläche verbrannt – das sind fast fünf Prozent des gesamten Pantanals.

Agostinho vermutet, dass ein Teil der Brände von Kriminellen verursacht wurden. Die Meteorologieprofessorin und Koordinatorin des Warnsystems für Brände im Pantanal, Renata Libonati, erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur Associated Press (AP), dass die meisten der aktuellen Brände höchstwahrscheinlich von Menschen verursacht wurden und nicht auf natürliche Ursachen wie Blitzschlag zurückzuführen sind. Behördenangaben zufolge haben 85 Prozent der Brände ihren Ursprung auf Privatgrundstücken.

Unsichtbare Brände

Neben der Feuerwehr versucht auch das Militär, die Flammen unter Kontrolle zu bekommen. Löschflugzeuge sind im Einsatz. Die brasilianische Regierung hat zudem 285 Vertreter verschiedener Behörden sowie 82 Mitglieder der Nationalgarde entsandt, um die örtlichen Feuerwehren zu unterstützen, berichtete AP am Samstag.

Unter anderem stehen die Einsatzkräfte vor dem Problem, sehr große Distanzen überwinden zu müssen, berichtete ein leitender Feuerwehrmann. Hinzu käme, dass sich viele Brände unterirdisch befinden. “Wir können sie nicht sehen, aber gegen 10 Uhr morgens brechen sie wieder aus”, sagte der Brandbekämpfer. Sie würden unterirdisch weiter brennen, weil die Fluten im Pantanal dort Material abgelagert haben. “Diese Brände sind sehr schwer zu bekämpfen, da sie sich durch fast einen Meter Material unter der Erde brennen”, so der Feuerwehrmann weiter.

Unentbehrlich für Natur und Klima

Das Pantanal zählt zu den artenreichsten Gebieten des Planeten und ist Heimat seltener Arten. Dort leben etwa Jaguare, Tapire oder Hyazinth-Aras. Außerdem speichert das Gebiet eine große Menge CO2 – was bei Bränden wieder freigesetzt wird. Laut WWF sind weniger als 5 Prozent des Gebiets durch internationale Abkommen geschützt. Etwa 95 Prozent des Pantanals seien hingegen in Privatbesitz.

Wirtschaftlich wird in dem Gebiet vor allem Rinderhaltung betrieben. Die Farmer brennen traditionell Waldgebiete ab, um neue Weideflächen zu schaffen. Geraten diese Feuer außer Kontrolle, können riesige Flächenbrände wie die aktuellen entstehen. Während der Trockenzeit ab 1. Juli ist diese Praxis eigentlich verboten; dieses Jahr zogen die Behörden das Verbot sogar auf Anfang Juni vor, weil so viel Trockenheit herrschte.

Eine aktuelle Studie des brasilianischen Weltraumforschungsinstituts hatte Mitte Mai ergeben, dass sich in Brasilien trockene und halbtrockene Gebiete im Laufe der letzten 30 Jahre im ganzen Land ausgebreitet haben. Das Pantanal war demnach das Ökosystem, das am stärksten ausgetrocknet ist. Eine zuvor veröffentlichte Studie der Forschungsinitiative MapBiomas prognostizierte außerdem, dass die Region Zentral-West Brasiliens, in der sich das Pantanal befindet, voraussichtlich auch wärmer werden wird.

Ein Ende der Katastrophe im Pantanal ist bislang nicht in Sicht: Wie AP berichtet, besagen offizielle Daten, dass in den Monaten Juli bis September üblicherweise 20-mal so viele Feuer auftreten wie im Juni. (dpa / hcz)