Florida: Gesetz soll Kinder von Social Media ausschließen

Kinder online
Für betroffene Kinder und Jugendliche dürfte das Gesetz ein Einschnitt in ihr (Online-)Leben bedeuten. (Quelle: IMAGO / Westend61)

Der US-Bundesstaat Florida verbietet Social-Media-Plattformen, Verträge mit Minderjährigen unter 14 Jahren zu schließen. Kindern soll es nicht mehr möglich sein, Konten zu eröffnen oder zu behalten. Auch müssen die Betreiber bereits bestehende Accounts löschen müssen, wenn sie zu Personen unter 14 Jahren gehören.

Floridas Gouverneur Ronald DeSantis (Republikaner) hat ein entsprechendes Gesetz am Montag unterschrieben. In Kraft treten wird es voraussichtlich Anfang 2025. Florida ist somit der erste US-Bundesstaat, der Kindern unter 14 Jahren die Nutzung von Social-Media komplett verbietet.

Auch ältere Jugendliche sind von den Regelungen betroffen: Wollen 14- und 15-Jährige Social-Media-Plattformen nutzen, muss dem Plattformbetreibern eine Erlaubnis der Eltern vorliegen. Ist das nicht der Fall, muss der Betreiber bestehende Konten löschen.

Plattformen mit pornografischen Inhalten müssen dem Gesetz nach zudem eine Altersverifikation einführen.

Gegen psychische Probleme oder Meinungsfreiheit?

In einer Pressekonferenz am Montag stellte DeSantis laut New York Times die Maßnahme als Hilfe für Eltern dar, um ihre Kinder zu schützen. Er sagte in einer Erklärung: “Soziale Medien schaden Kindern auf vielfältige Weise.”

Befürworter erhoffen sich von dem Gesetz, schädliche Auswirkungen sozialer Medien auf das Wohlbefinden von Kindern einzudämmen. Aus ihrer Sicht sind die Plattformen mitverantwortlich für grassierende psychische Erkrankungen unter Kindern und Jugendlichen wie Angstzustände, Depressionen oder gar Suizidgedanken.

Kritiker sehen in dem Gesetz hingegen einen Verstoß gegen den Ersten Zusatzartikel der US-Verfassung, also den Schutz der freien Meinungsäußerung. Zudem sehen sie das Recht der Eltern verletzt, über die Online-Aktivitäten ihrer Kinder selbst entscheiden zu können.

“Dieser Gesetzentwurf geht zu weit und nimmt den Eltern ihre Rechte”, kritisierte die demokratische Abgeordnete Anna Eskamani am Montag in einer Erklärung. “Anstatt den Zugang zu sozialen Medien zu verbieten, wäre es besser, für verbesserte Instrumente zur elterlichen Aufsicht und einen verbesserten Zugang zu Daten zu sorgen, um böswillige Akteure zu stoppen, und gleichzeitig große Investitionen in Floridas Systeme und Programme zur psychischen Gesundheit zu tätigen”.

NetChoice, ein Industrieverand, dem auch Unternehmen wie Meta, Snap und TikTok angehören, äußerte sich enttäuscht über DeSantis Zustimmung zum Gesetz. Die Organisation kritisierte auf X besonders die nötigen Alterskontrollen und die einhergehenden Identitätsnachweise: “Diese Art der Datenerfassung gefährdet die Privatsphäre der Floridianer und verletzt ihre Rechte.” Es gebe bessere Möglichkeiten, die Bevölkerung und ihre Daten online zu schützen.

Gelöscht werden müssen dem Gesetz nach auch Nutzerkonten, bei denen nur vermutet wird, dass sie von Kindern genutzt werden. Es reicht, wenn die Plattformbetreiber den Account so behandeln oder kategorisieren, als gehöre er einem einem Kind – und entsprechende Inhalte und Werbung ausspielen. Sollte ein Konto ungerechtfertigterweise gelöscht werden, gibt das Gesetz den Nutzern 90 Tage Zeit, zu widersprechen.

Eltern können die Löschung der Konten ihrer Kinder unter 14 Jahren beantragen. Innerhalb von zehn Tagen muss der Betreiber dann alle Informationen im Zusammenhang mit dem Account löschen. Ausgenommen sind Daten, die gesetzlich vorgehalten werden müssen. Wollen 14- oder 15-Jährige ihr Konto löschen, müssen die Netzwerke innerhalb von fünf Tagen dem Folge leisten.

Komplizierte Definitionen

Welche Dienste von dem neuen Gesetz betroffen sein werden, ist nur unspezifisch definiert. Ausgeschlossen sind zumindest Webseiten und Apps, deren Hauptfunktion der Austausch von Nachrichten zwischen bestimmten Absendern und Empfängern ist. E-Mail-Anbieter und Instant-Messenger (wie WhatsApp) nennt der Gesetzestext explizit als Ausnahmen.

Was betroffene Social-Media-Plattformen sind, definiert das Gesetz anhand von vier Kriterien, die alle erfüllt sein müssen: Nutzer müssen Inhalte hochladen können oder Inhalte anderer Nutzer sehen können, mindestens ein Zehntel der Nutzer unter 16 Jahren muss durchschnittlich mindestens zwei Stunden pro Nutzungstag innerhalb der letzten 12 Monate auf der Plattform verbracht haben, Algorithmen müssen die Nutzerdaten analysieren sowie darauf basierend Inhalte für die Nutzer auswählen und die Plattform muss suchterzeugende Funktionen aufweisen. Für letzteres kommen beispielsweise endlos scrollende und nachladende Übersichtsseiten, automatisch abspielende Videos (Autoplay) oder Live-Streams in Frage.

Gesetz noch auf der Kippe

Bei dem nun verabschiedeten Gesetzestext handelt es sich bereits um eine entschärfte Version. Gegen eine noch restriktivere Variante hatte der erzkonservative DeSantis Anfang März sein Veto eingelegt. Ursprünglich hatten Senat und Repräsentantenhaus vorgesehen, dass Nutzer grundsätzlich erst ab 16 Jahren ein Social-Media-Konto eröffnen dürfen. Der Gouverneur hatte seinen Widerspruch mit dem Recht der Eltern begründet, selbst zu entscheiden, ob und wie ihre Kinder Social-Media-Plattformen nutzen.

Ob das Gesetz bestehen bleibt, ist unklar. Denn Bundesstaaten wie Utah, Arkansas, Texas und Ohio hatten bereits ähnliche, aber weniger strenge Regelungen erlassen, um Kinder und Jugendliche vor den Auswirkungen von Social-Media-Plattformen zu schützen. Die US-Bundesgerichte hatten einige von ihnen wieder außer Kraft gesetzt, weil sie das Recht auf Meinungsfreiheit verletzt sahen.

Unter anderem hatten die Gesetze verlangt, dass Nutzer Konten nur mit vorhergehender Altersverifikation erstellen dürfen oder bestimmte Social-Media-Plattformen und Apps bereits bei der Registrierung die strengsten Datenschutzoptionen aktivieren. (hcz)