Kuba blockiert soziale Netzwerke
Inmitten von Protesten gegen die kubanische Regierung wurde der Zugang zu sozialen Netzwerken und Messenger-Diensten teilweise blockiert. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International berichtet zudem von willkürlichen Festnahmen – auch von Journalistinnen und Journalisten.
Nach Angaben der Organisation NetBlocks, sind Facebook, Instagram und WhatsApp seit Montag nicht mehr über Kubas staatliches und einziges Telekommunikationsunternehmen ETECSA erreichbar. Auch einige Server des Messenger-Dienstes Telegram seien blockiert. Der Kurznachrichtendienst Twitter hingegen soll weiterhin funktionieren.
Die Blockade betreffe sowohl Festnetzanschlüsse, als auch das von ETECSA betriebene Mobilfunknetz Cubacel. Viele Nutzer konnten die Sperren jedoch über geschützte VPN-Verbindungen umgehen.
NetBlocks spricht von gezielten Einschränkungen und warnt, diese würden den Informationsfluss aus Kuba einschränken. Gegenüber der Nachrichtenagentur AP wertete Alp Toker, Chef der Organisation, die Blockaden als Reaktion auf die Proteste im Land. NetBlocks mahnt, Regierungen müssten auch in Zeiten politischer Unruhen sicherstellen, dass das Internet weiter zugänglich ist.
Proteste gegen die Regierung
Medienberichten zufolge waren am vergangenen Sonntag Tausende Menschen im ganzen Land auf die Straße gegangen. Sie skandierten “Nieder mit der Diktatur, nieder mit dem Kommunismus”. Die Demonstrierenden beklagen einen anhaltenden Mangel an Medikamenten und Lebensmitteln im Land sowie andauernde Stromausfälle und sind unzufrieden mit der Corona-Politik. In Kuba herrscht eine schwere Wirtschaftskrise – unter dem ehemaligen Präsidenten Donald Trump hatten die USA ihre Sanktionen gegen das Land verschärft. Während der Corona-Pandemie fehlen zudem Einnahmen aus dem Tourismus.
Aktivistinnen und Aktivisten hatten demnach in den sozialen Netzwerken zu den Demonstrationen aufgerufen. Auch am Montag soll es zu weiteren Protesten gekommen sein. Bert Hoffmann vom Forschungsinstitut GIGA sagte der Tagesschau, Demonstrationen gegen die Regierung seien in Kuba nicht erlaubt. Die letzten breiten Proteste habe es 1994 gegeben. Anders als damals verbreiteten sich die Bilder der Proteste heute durch die sozialen Medien sofort im ganzen Land.
Willkürliche Festnahmen
Erika Guevara-Rosas, Amerika-Direktorin bei Amnesty International, sagte, ihre Organisation sei besorgt über Berichte zu Internetsperren und gewalttätigem Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen Demonstranten. Mindestens 115 Menschen seien willkürlich verhaftet worden, darunter auch unabhängige Journalistinnen und Journalisten. Amnesty International fordert ihre Freilassung.
“Anstatt die Bevölkerung zu unterdrücken, haben die kubanischen Behörden die Pflicht, ihr Recht auf friedliche Demonstrationen zu schützen”, mahnte Guevara-Rosas. Alex Warofka, Product Policy Manager für Menschenrechte bei Facebook, schrieb auf Twitter, er sei “sehr beunruhigt” über die Einschränkungen beim Zugang zu sozialen Netzwerken in Kuba. Die Menschenrechte würden “untergraben”.
US-Präsident Joe Biden hatte am Montag erklärt, seine Regierung stehe an der Seite der Kubaner, die sich nach Freiheit und einem Ende “der jahrzehntelangen Unterdrückung und des wirtschaftlichen Leids” sehnten. Bidens Sicherheitsberater Jake Sullivan schrieb auf Twitter, die Vereinigten Staaten unterstützten die Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Kuba und verurteilten jegliche Gewalt gegen friedliche Demonstranten aufs Schärfste.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell schloss sich laut Medienberichten den US-Forderungen nach Meinungs- und Versammlungsfreiheit an: “Ich möchte die dortige Regierung auffordern, friedliche Demonstrationen zuzulassen und auf die Unzufriedenheit der Demonstranten zu hören.”
Der kubanische Staatschef Miguel Díaz-Canel machte in einer TV- und Radioansprache hingegen die USA für den Unmut in der Bevölkerung verantwortlich: Sie verfolgten eine “Politik zur Erstickung der Wirtschaft” in Kuba, um soziale Unruhen zu provozieren.
Soziale Medien wurden bereits früher blockiert
Laut NetBlocks wurden bereits im November und Dezember 2020 Internetdienste während Demonstrationen in Kuba blockiert. Damals waren vor allem Twitter und WhatsApp betroffen, teilweise waren auch Facebook, Google und YouTube nicht erreichbar.
Bürgerrechtsorganisationen wie Access Now kritisieren Internetsperren als Verstoß gegen Grundrechte wie die Meinungsfreiheit, das Recht auf Zugang zu Informationen und die Versammlungsfreiheit. Auch die Vereinten Nationen fordern Staaten in einer Resolution aus dem Jahr 2018 auf, Menschenrechte wie die Meinungsfreiheit und das Versammlungsrecht online zu schützen. Sie sollten daher keine Internetsperren anordnen. (js)