Methan-Lecks an deutscher Erdgas-Infrastruktur aufgedeckt
Die Erdgasindustrie in Deutschland ist für erhebliche Methan-Emissionen verantwortlich: Mehrere Anlagen der deutschen Erdgas-Infrastruktur haben Lecks, aus denen klimaschädliches Methan austritt. Das hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) gemeinsam mit der US-amerikanischen Organisation Clean Air Taskforce nachgewiesen. Die DUH fordert deshalb eine unabhängige Kontrolle und strengere Vorgaben durch die Politik.
Methan ist ein Hauptbestandteil von Erdgas und wirkt über 20 Jahre etwa 87-mal stärker in der Atmosphäre als Kohlendioxid. Damit trägt es erheblich zur Erderwärmung bei. Sobald ein Teil des Gases als sogenannte Leckage entweicht, könne die Nutzung von Erdgas damit ähnlich klimaschädlich sein wie die von Kohle, so die DUH. Leckagen gebe es überall entlang der Lieferkette: von Gewinnung über Transport und Verarbeitung bis zum Verbrauch.
Die DUH hat im Februar und April üblicherweise unsichtbare Methan-Emissionen an 14 Standorten der Erdgas-Industrie in Deutschland mit einer Spezialkamera dokumentiert. Einige Standorte wurden mehrfach aufgesucht: Dabei zeigte sich, dass manche Lecks seit Monaten bestehen.
Verschiedene Emissionsquellen
Die besuchten Anlagen in Deutschland dienen der Förderung von Öl und Gas sowie dem Gas-Transport. Nach Angaben der DUH unterscheiden sich die Emissionsquellen: Einige Lecks treten beispielsweise an Absperrarmaturen oder Transportventilatoren auf. An mehreren Standorten sei aber das zentrale Entlüftungssystem der Anlage verantwortlich.
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, kritisierte: “Wenn bei einer Öl-Pipeline Öl austritt, ist der Protest völlig zurecht groß. Bei der Erdgas-Infrastruktur in Deutschland gibt es teilweise monatelang solche Lecks. Der fatale Unterschied ist, dass man Methan im Gegensatz zu Öl nicht sehen kann. Das ändert aber nichts daran, dass diese Methan-Lecks extrem klimaschädlich sind. Deutschland hat ein Methan-Problem.”
Betreiber unternehmen zu wenig gegen Lecks
Die DUH hat die Anlagenbetreiber informiert, damit die Lecks beseitigt werden. Gleichzeitig informierte die Organisation auch die Behörden und fragte, ob die undichten Stellen gemeldet wurden. Dabei habe sich gezeigt, dass einige Betreiber nur unzureichend über vorhandene Leckagen Bescheid wissen und teils zu wenig unternehmen, um diese zu beseitigen. Melden Betreiber die Lecks nicht an die Behörden, werden diese auch nicht in das nationale Emissionsinventar aufgenommen.
Die Organisation kritisiert außerdem, dass die Regeln zur Vermeidung von Lecks durch den Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches erstellt werden – dieser sei eng mit der Erdgasindustrie verbunden.
Müller-Kraenner erklärte: “Entgegen der allgemeinen Auffassung tritt das extrem wirksame Klimagas nicht nur in den Herkunftsländern an verschiedensten Anlagen der Erdgas-Industrie aus.” Das Problem betreffe die gesamte Erdgas-Industrie in Europa, wie weitere in Ungarn und Italien durchgeführte Untersuchungen zeigten.
Unabhängige Kontrollen gefordert
Die DUH fordert daher regelmäßige, unabhängige Kontrollen der Anlagen. Die verfügbaren Daten zu Methan-Emissionen in Deutschland stammen von der Erdgas-Industrie selbst, die Hochrechnungen durchschnittlicher Emissionsfaktoren als Basis verwendet. Unabhängige und umfassende Messwerte gibt es bisher nicht. Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz der DUH sagte, die Erdgasindustrie scheine nicht daran interessiert, die Emissionen zu beseitigen, “oder sie weiß erst gar nichts von deren Existenz, weil nicht korrekt oder nur unzureichend gemessen wird. Das Verhalten von Behörden und Industrie erinnert uns dabei fatal an Dieselgate. Wir brauchen endlich unabhängige und überprüfbare Messungen, anstatt allein von der Industrie angefertigte Hochrechnungen”.
Auch die Politik müsse die deutschen Methan-Emissionen angehen und Lösungen finden, um sie zu beseitigen und ordnungsrechtliche Vorgaben zu machen. Die EU-Kommission müsse im Rahmen der Umsetzung ihrer Methanstrategie eine Methan-Abgabe einführen, die auch Drittländer wie Russland einschließt. Die Politik solle zudem keine großen Investitionen mehr in die Finanzierung fossiler Infrastruktur stecken, sondern den Ausbau erneuerbarer Quellen vorantreiben.
Die DUH sieht die EU-Methanstrategie als Chance, allerdings betreibe die Industrie Lobbyismus für Initiativen, die freiwillig bleiben sollen. Alle bisherigen Bestrebungen hätten gemein, dass sie sich auf Emissionen in der Vorkette außerhalb Deutschlands konzentrieren, kritisiert die Organisation. Methan-Emissionen in Deutschland würden oft noch als vernachlässigbar angesehen.
Eine Reduktion von klimaschädlichen Methan-Emissionen um 70 Prozent bis zum Jahr 2025 sei möglich und zwingend nötig. Eine weltweite, starke Reduktion der Methan-Emissionen könne die globale Erderwärmung um bis zu 0,3 Grad Celsius reduzieren, wenn auch Emissionen aus anderen Sektoren einbezogen werden. Diese “historische Chance” müsse “unbedingt” ergriffen werden. (js)