Norwegen: Millionenstrafe für Grindr bestätigt
Grindr muss in Norwegen ein Bußgeld in Millionenhöhe zahlen. Das hat der dortige Beschwerdeausschuss für den Schutz der Privatsphäre (Personvernnemnda) bestätigt, nachdem die Betreiber der Dating-App Berufung gegen die im Jahr 2021 verhängte Datenschutzstrafe eingelegt hatten.
Wie die norwegische Datenschutzbehörde Datatilsynet am Freitag mitteilte, wurde die Höhe der Strafe von 65 Millionen Norwegischen Kronen (umgerechnet etwa 5,8 Millionen Euro) bestätigt. Es handelt sich um die höchste Datenschutzstrafe, die von der Behörde bislang verhängt wurde.
Behördendirektorin Line Coll erklärte: “Wir sind sehr erfreut, dass der Beschwerdeausschuss unseren Untersuchungsergebnissen zugestimmt und unsere Entscheidung bestätigt hat.”
Strafe wurde 2021 verhängt
Die Dating-App Grindr richtet sich unter anderem an homo- und bisexuelle Menschen. Die norwegische Datenschutzaufsicht hatte Ende 2021 festgestellt, dass die App unrechtmäßig personenbezogene Daten von Nutzerinnen und Nutzer an Werbepartner weitergegeben hatte.
Dieser Einschätzung stimmte nun auch der Beschwerdeausschuss zu. Für die Weitergabe der Daten sei eine Einwilligung erforderlich gewesen – die App habe aber keine freiwillige Einwilligung eingeholt. Denn Nutzer hatten nur die Wahl, die Bedingungen in vollem Umfang zu akzeptieren oder die App nicht zu nutzen. Zudem seien sie auch nicht explizit gefragt worden, ob sie der Weitergabe ihrer Daten an Dritte zu Werbezwecken zustimmen – diese Information sei nur in der Datenschutzerklärung zu finden gewesen.
Coll erklärte: “Der Einwilligungsmechanismus gibt Nutzern Kontrolle über ihre persönlichen Daten. Wenn sie nicht in der Lage sind, die von ihnen zu treffenden Entscheidungen zu verstehen, oder ihnen keine richtige Wahlfreiheit gegeben wird, ist die Einwilligung illusorisch.”
Standortdaten weitergegeben
Laut der Untersuchung der Datenschützer hatte Grindr den GPS-Standort, die IP-Adresse, Werbe-ID, Alter und Geschlecht weitergegeben. Mithilfe dieser Daten sei es möglich gewesen, Nutzer zu identifizieren.
Im Sinne der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sind zudem Informationen über die sexuelle Orientierung besonders geschützt. Grindr habe aber auch Daten weitergegeben, die Anwender als Grindr-Nutzer auswiesen. Die Datenschützer kritisierten, bereits diese Information deute darauf hin, dass Personen eine sexuelle Orientierung haben, die sich von der Mehrheit unterscheidet – selbst wenn nicht explizit die sexuelle Orientierung offengelegt wurde. Auch nach Ansicht des Beschwerdeausschusses hat Grindr daher unrechtmäßig eine besonders geschützte Information offengelegt und gegen die DSGVO verstoßen.
Die Untersuchung der norwegischen Behörde hatte den Zeitraum zwischen Juli 2018 und April 2020 umfasst. Anschließend habe Grindr den Zustimmungsmechanismus geändert, so die Behörde.
Die nun bestätigte Entscheidung geht zurück auf eine Datenschutzbeschwerde, die im Jahr 2020 vom norwegischen Verbraucherrat eingereicht wurde. Die Organisation hatte gewarnt, im schlimmsten Fall könnten die von Grindr weitergegebenen Daten zur Verfolgung von Menschen in Ländern genutzt werden, in denen Homosexualität gesetzlich verboten ist.
Finn Myrstad, beim Verbraucherrat für Digitalpolitik zuständig, erklärte: “Überwachungsbasierte Werbung, bei der Unternehmen personenbezogene Daten zu kommerziellen Zwecken sammeln und weitergeben, ist völlig außer Kontrolle geraten.” Die nun bestätigte Entscheidung sende ein deutliches Signal an die beteiligten Unternehmen: “Die Weitergabe personenbezogener Daten ohne Rechtsgrundlage hat ernste Folgen.”
Strafe hätte noch höher ausfallen können
Ursprünglich hatten die norwegischen Datenschützer sogar mit einer Geldstrafe von 100 Millionen Norwegischen Kronen gedroht. Die Strafe wurde aber unter anderem in Anbetracht von Änderungen am Einwilligungsmechanismus von Grindr verringert.
Gegen die nun bestätigte Strafe in Höhe von 65 Millionen Norwegischen Kronen kann Grindr keine Berufung mehr einlegen. Allerdings weist die Datenschutzbehörde in ihrer Mitteilung auf die Möglichkeit hin, dass das Unternehmen gegen die Geldbuße noch vor Gericht ziehen kann.
Grindr ist in der Vergangenheit bereits mehrfach in die Kritik geraten: So musste beispielsweise der Generalsekretär der US-Bischofskonferenz zurücktreten, nachdem Daten aus der App öffentlich wurden. (js)