Spanische Supermarktkette setzt Gesichtserkennung ein

Mercadona-Filiale
Um die Zutrittsverbote vorbestrafter Ladendiebe zu überprüfen, überwacht Mercadona die gesamte Kundschaft. (Quelle: Carlos – CC BY-SA 4.0)

Wer in Spanien einen Supermarkt der Kette Mercadona betritt, muss seit kurzem damit rechnen, dass das eigene Gesicht mit einer Straftäter-Datenbank abgeglichen wird. Der Konzern testet aktuell in 40 seiner 1600 Filialen eine Software, die per Gesichtserkennung vorbestrafte Menschen aufspüren soll. Laut der spanischen Nachrichtenseite ABC sucht sie nach verurteilten Ladendieben, die eigentlich ein gerichtlich angeordnetes Zutrittsverbot haben. Die zum Abgleich nötigen Gesichtsfotos stammen aus dem jeweiligen Gerichtsverfahren. Mercadona ist in mehreren spanischen Regionen und Städten vertreten und hat einen nationalen Marktanteil von über 20 Prozent.

Zweck der Überwachung ist es, Ladendiebstahl einzudämmen. Nach eigener Aussage betragen die Verluste der Mercadona-Supermärkte durch Diebstahl rund 250 Millionen Euro pro Jahr. Das entspräche rund einem Prozent des Gesamtjahresumsatzes des Konzerns.

Abgleich mit Datenbank

Das System für den Pilotversuch stammt von der israelischen Firma AnyVision Interactive Technologies, an der unter anderem die deutsche Firma Bosch Anteile hält. Das Unternehmen vertreibt mehrere biometrische Systeme zur Erfassung von körperlichen Merkmalen und fasst diese unter dem wenig passenden Begriff künstliche Intelligenz zusammen.

Angeblich speichert Mercadona Bilder unbelasteter Kunden nicht. Gegenüber der spanischen Nachrichtenseite El Confidencial beteuerte der Konzern, man gebe nur Informationen über Rechtsverletzungen weiter – wenn also jemand gegen sein Zutrittsverbot verstößt. Erfasste Kundengesichter würden mit denen verurteilter Ladendiebe abgeglichen. Rechtsverletzungen melde Mercadona an die Polizei. Die Bilder lösche das System anschließend selbstständig.

Kritik

Dennoch wird das Projekt vielfach kritisiert. Auf Twitter löste etwa der spanische Rechtsprofessor Borja Adsuara Varela eine Diskussion aus. Er fragte, ob es angemessen sei, alle Kunden pauschal bildlich zu erfassen, nur um Rechtsverstöße einer kleinen Tätergruppe aufzudecken. Er zweifelt an der Rechtmäßigkeit des Systems und fragte, auf welcher Rechtsbasis Mercadona vorgeht. Das Unternehmen reagierte bislang nicht auf den Tweet.

Auch hierzulande gab es ähnliche Versuche, Gesichtserkennung in Supermärkten einzuführen: Im Jahr 2017 versuchte es die Kette Real und analysierte Gesichter von Kunden, die sich Werbung im Kassenbereich ansahen. Das System lief probeweise in 40 von insgesamt 285 Märkten.

Die Kamera erfasste den Blickkontakt des Kunden mit dem Bildschirm und analysierte Geschlecht und Alter. Betreiber des Systems war die Firma Echion, die mithilfe der Daten Werbung besser auf Zielgruppen ausrichten wollte. Der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar zweifelte damals die Anonymität der Kunden an und kritisierte das Projekt. Es wurde aufgrund von Protesten und einer Klage des Vereins Digitalcourage eingestellt.

Laut einer repräsentativen Umfrage der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen aus dem Jahr 2017 lehnen drei Viertel der Konsumenten in Deutschland eine Gesichtsauswertung beim Einkauf ab. Die meisten lehnen speziell die Gesichtsaufzeichnung zu Werbezwecken ab und haben Sorgen, dass sie die Kontrolle über ihre Daten verlieren. Zwei Drittel würde wegen einer automatischen Gesichtserkennung den Supermarkt meiden. (hcz)