Streit über Huaweis 5G-Beteiligung

Bruno Kahl
Auch BND-Chef Bruno Kahl fällt es schwer, beim 5G-Ausbau eine klare Position gegenüber Huawei zu finden.

Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), Bruno Kahl, hat seine kritischen Äußerungen zur Beteiligung des chinesischen Netzwerkausrüsters Huawei am Aufbau des neuen deutschen Mobilfunknetzes abgeschwächt. “Das 5G-Netz wird wegen seiner großen Bedeutung für Zukunftstechnologien wie das autonome Fahren und die Industrieautomation hohen Sicherheitsanforderungen genügen müssen”, sagte Kahl am Mittwoch bei einer Diskussionsveranstaltung in Ingolstadt. "Deshalb geht es nicht so sehr um die Beteiligung bestimmter Unternehmen oder Länder, sondern um die richtigen Kriterien für die Auswahl der beteiligten Akteure.”

Das gelte nicht nur für die Netzbetreiber selbst, sondern auch für deren Zulieferer, sagte Kahl BND-Angaben zufolge. "Hierzu hat die Bundesregierung Lösungen entwickelt, in die die Argumente der Beteiligten einschließlich der Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden laufend einfließen.”

”Beteiligung Huaweis riskant”

In einer öffentlichen Anhörung des parlamentarischen Gremiums zur Kontrolle der Geheimdienste hatte Kahl erst am Vortag in Berlin noch deutlich gemacht, dass der deutsche Auslandsgeheimdienst eine Beteiligung von Huawei am deutschen 5G-Netz für riskant hält. Seine Behörde sei “zu dem Schluss gekommen, dass die Infrastruktur kein tauglicher Gegenstand ist für einen Konzern, dem man nicht voll vertrauen kann”, hatte Kahl gesagt. Es gebe möglicherweise Bereiche, in denen eine Beteiligung Huaweis denkbar wäre. Dort wo es um die “Kerninteressen” gehe, sollte dies jedoch nicht möglich sein.

Die Bundesnetzagentur hatte Mitte des Monats ein Entwurfspapier vorgelegt, das Regeln für den sicheren Bau und Betrieb eines 5G-Netzes vorsieht. Dem zufolge müssen Lieferanten eine Erklärung der Vertrauenswürdigkeit abgeben; darin muss zum Beispiel stehen, dass die Firma keine vertraulichen Infos ins Ausland weiterleitet. Eine Klausel, die explizit gegen Huawei gerichtet ist, ist in dem Regelwerk nicht enthalten. Sie war von Huawei-Kritikern gefordert worden.

Bislang keine Beweise

Huawei betonte in einer Mitteilung, es sei kein staatliches Unternehmen, “sondern ein rein privates, das sich vollständig im Besitz seiner Mitarbeiter befindet”. Huawei befinde sich weder in Abhängigkeit von der Kommunistischen Partei Chinas noch vom chinesischen Sicherheitsapparat. Für die Behauptungen gebe es keinerlei faktische Evidenz.

Tatsächlich gibt es bislang zumindest keine (veröffentlichten) Nachweise dafür, dass die chinesische Regierung mithilfe von Konzernen versucht, eine Spionageinfrastruktur oder ähnliches aufzubauen. Bisherige Nachrichten in diese Richtung, wie die über angebliche Spionage-Chips auf Server-Platinen, wurden nie belegt – im Gegenteil: Betroffene Firmen wie Apple untersuchten den Fall und forderten schlussendlich, einen entsprechenden Bloomberg-Bericht zurück zu ziehen.

Angestoßen wurden die Bedenken gegenüber Huawei größtenteils auf Druck der US-Regierung unter Trump, die chinesische Firmen gerne aus dem US-Markt drängen würde und dies in Bezug auf 5G vor allem mit Sicherheitsbedenken begründet.

US-Präsident Donald Trump setzte Huawei beispielsweise Mitte Mai auf eine Schwarze Liste. Damit wurde der Firma der Zugang zu Technologie von US-Konzernen und dem amerikanischen Markt weitgehend versperrt. Aus Angst vor Spionage warnen die USA auch Deutschland und andere Länder davor, Telekomausrüstung von Huawei einzusetzen. Trump drohte Deutschland sogar damit, hiesige Nachrichtendienste von den eigenen Geheimdienstinformationen abzuschneiden.

Stimmen aus der Regierung

So regt sich auch in der deutschen Regierung Unbehagen – unter anderem in der CDU-Fraktion: In Bezug auf den Netzausbau mit Huaweis Hilfe schrieben vor kurzem sechs führende Unionsabgeordnete in einem Gastbeitrag für das Handelsblatt, die Politik der Bundesregierung “verkennt die strategische Reichweite des 5G-Netzausbaus: Es handelt sich um eine der wichtigsten Zukunftsentscheidungen, die in Deutschland und Europa aktuell zu treffen sind.” Weiter hieß es: “Nicht weniger als die nationale Sicherheit und die technologische Souveränität Deutschlands und Europas stehen beim 5G-Ausbau auf dem Spiel.” Eine solche Entscheidung dürfe nicht von nachrangigen Behörden getroffen werden – sondern allein vom Parlament. Das 5G-Netz werde in einigen Jahren das zentrale Nervensystem unserer Wirtschaft sein. Dies erfordere allergrößte Wachsamkeit.

Auch bei der SPD gibt es Sorgen. Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Nils Schmid, sagte der Rhein-Neckar-Zeitung mit Blick auf Huawei: “Ich hielte es für einen ganz schweren Fehler, zuzulassen, dass ein Unternehmen unter staatlichem Einfluss in einem so sensiblen Bereich ohne Weiteres involviert wird.”

Auch Grünen-Chef Robert Habeck forderte kürzlich, die Chinesen beim Aufbau des 5G-Netzes in Deutschland auszuschließen. Stattdessen sollten europäische Firmen den Zuschlag erhalten. “Wir sollten da dem Beispiel der australischen Regierung folgen; sie hat Huawei nicht zugelassen. Nokia und Ericsson sollten das machen”, sagte Habeck der “Welt am Sonntag”. So könne eigenes europäisches Know-how entstehen und Europa gegenüber aufholen.

BSI bleibt neutral

Eine zentrale Rolle bei der Vergabe der Aufträge soll das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) spielen und 5G-Komponenten auf ihre Sicherheit testen. Im Rahmen der Debatte warnte BSI-Chef Arne Schönbohm im Sommer vor einer Vermischung von technischen und politischen Fragen. Das BSI sei dafür da, Komponenten und Produkte auf ihre Manipulationsfähigkeit und ihr Sicherheitsniveau zu überprüfen, sagte Schönbohm. Für eine Analyse der Manipulationsfähigkeit eines Bauteils sei es “vollkommen egal, ob das Bauteil aus China, aus Korea oder aus Schweden kommt”.

Wenn man allerdings aus technischen Gründen etwa bei einer Antenne zu dem Schluss komme, sie lasse sich nicht überprüfen und überwachen, “dann sollte man sie verbieten, egal woher sie kommt”. Wenn allein politisches Vertrauen die Grundlage für Entscheidungen bei Investitionen seien, könne das “die Grundlage unseres volkswirtschaftlichen Wohlstands” zerstören. (dpa / hcz)