US-Behörden: Schnellster Meeresspiegelanstieg seit 2000 Jahren

Hochwasser
Da 40 Prozent der US-Amerikaner an den Küsten leben, steht der Staat zukünftig vor großen Herausforderungen. (Quelle: Marc Averette – CC BY 3.0)

Der Meeresspiegel an den amerikanischen Küsten könnte in den kommenden 30 Jahren so stark steigen wie zuvor im gesamten 20. Jahrhundert. Bis 2050 müsse mit einem 25 bis 30 Zentimeter höheren Meeresspiegel gerechnet werden, hieß es in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht mehrerer US-Behörden.

Das würde zu deutlich mehr Überflutungen in Küstengegenden führen – und auch große Ballungsgebiete an der Ostküste zunehmend gefährden. In Teilen der US-Staaten Louisiana und Texas erwarten die Autoren sogar einen Anstieg von bis zu 45 Zentimeter bis zur Mitte des Jahrhunderts.

An der Untersuchung waren die Raumfahrtbehörde NASA, die Umweltbehörde NOAA und fünf weitere staatliche Institutionen beteiligt. Der Bericht beinhaltet Prognosen über den Anstieg des Meeresspiegels für alle US-Bundesstaaten für die nächsten 100 Jahre und darüber hinaus. Die Erkenntnisse stammen unter anderem aus Pegel- und Satellitenbeobachtungen.

“Dieser Bericht unterstützt die Ergebnisse früherer Studien und bestätigt, was wir schon lange wissen: Der Meeresspiegel steigt weiterhin in einem alarmierenden Maß an und bringt Menschen weltweit in Gefahr”, sagte NASA-Chef Bill Nelson. “Die Faktenlage ist klar und dringendes Handeln wird gebraucht, um diese schon fortschreitende Klimakrise in den Griff zu bekommen.” Im Verlauf des 20. Jahrhunderts sei das Meer bereits so schnell gestiegen wie seit 2000 Jahren nicht mehr.

Neue Gebiete werden betroffen sein

Für die USA werden die steigenden Pegel ein großes Problem darstellen. Denn 40 Prozent der Bevölkerung leben an den Küsten. Schon jetzt wird das Land regelmäßig von Hochwassern heimgesucht. Doch: “Die Überschwemmungen an den Küsten der USA, die wir jetzt erleben, werden in ein paar Jahrzehnten ein ganz neues Ausmaß annehmen”, sagte die Geowissenschaftlerin Andrea Dutton von der University of Wisconsin-Madison der Tagesschau.

Bis zur Mitte des Jahrhunderts erwarten die Wissenschaftler, dass in US-Gebieten, die aktuell regelmäßig von kleineren Überschwemmungen betroffen sind, in Zukunft zunehmend “mäßige” (typischerweise schädliche) Überschwemmungen stattfinden werden. Diese sollen bis 2050 im Durchschnitt zehnmal häufiger als heute auftreten.

Der Ozeanograph William Sweet, Hauptautor des Berichts, wies auch darauf hin, es würden “Gebiete überschwemmt werden, in denen es bisher keine Überschwemmungen gab”. “Schwere” (oft zerstörerische) Überschwemmungen würden Mitte des Jahrhunderts voraussichtlich fünfmal so häufig auftreten (0,2 Ereignisse pro Jahr) wie heute.

In den Prognosen noch nicht inbegriffen sind Faktoren, die die Küstenüberschwemmungen noch verschlimmern – wie etwa Niederschläge oder Küstenerosion durch Wellen. Ein höherer Meeresspiegel verstärke die Auswirkungen von Sturmfluten, Hochwasser, Küstenerosion und Feuchtgebietsverlust nochmals. Aufgrund von Schwellenwerteffekten hätten selbst die vergleichsweise geringen Anstiege des Meeresspiegels in den letzten Jahrzehnten an vielen Orten entlang der US-Küsten zu einer stark erhöhten Häufigkeit von Überschwemmungen geführt.

Bis zum Ende des Jahrhunderts soll der Meeresspiegel an den US-Küsten sogar um etwa einen Meter steigen. Dabei würde der Osten etwas stärker betroffen sein als der Westen. Die schlimmsten Folgen würden nach 2100 eintreten, erklärte Sweet.

Ursache: Menschengemachte Emissionen

Um das Schlimmste zu verhindern, müssten künftige Treibhausgasemissionen eingedämmt werden. “Je höher die Emissionen, desto stärker die Erwärmung und desto wahrscheinlicher der Anstieg des Meeresspiegels”, so die Wissenschaftler. Denn die ansteigenden Temperaturen lassen die Wassermassen expandieren. Außerdem schmelzen Gletscher und das Eis in Grönland und der Antarktis.

Bei einer globalen Erwärmung von mehr als 3 Grad Celsius über vorindustriellem Niveau sei ein wesentlich stärkerer Anstieg des Meeresspiegels in den USA und weltweit möglich, da die Eisschilde in Grönland und der Antarktis schneller schmelzen würden. Wie viel zusätzliche Erwärmung erforderlich ist, um dies auszulösen, ist aber laut NOAA nicht bekannt, da die bisherigen Berechnungsmodelle noch zu unpräzise sind. (hcz)