USA: Bürgerrechtler warnen vor ausufernder DNA-Datenbank
Die nationale DNA-Datenbank der US-Bundespolizei FBI wächst zunehmend – und die Behörde möchte künftig ein größeres Budget für das Projekt. Bürgerrechtler warnen, damit mache der Staat einen weiteren Schritt in Richtung biometrischer Massenüberwachung.
Die Kritik der Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF) richtet sich gegen das “Combined DNA Index System” (CODIS) des FBI. Wie das Online-Magazin The Intercept kürzlich unter Berufung auf FBI-Statistiken berichtete, befinden sich darin inzwischen knapp 22 Millionen DNA-Profile – was etwa 7 Prozent der US-Bevölkerung entspricht.
FBI-Direktor Christopher Wray hatte dem Bericht zufolge gegenüber dem US-Kongress erklärt, seine Behörde sammle rund 90.000 neue DNA-Proben pro Monat. Um diese “schnell wachsende Anzahl” verarbeiten zu können, hatte das FBI im April eine Budgeterhöhung um 53,1 Millionen US-Dollar für 2024 gefordert – nahezu eine Verdoppelung der bisherigen Mittel. In Zukunft rechne die Behörde mit jährlich 1,5 Millionen zusätzlichen DNA-Proben.
Einwanderungsbehörden sammeln Daten
Die EFF erklärt den Zuwachs der DNA-Proben auch mit einer Vorschrift, die 2020 von der US-Regierung unter Donald Trump eingeführt wurde: Demnach müssen DNA-Proben von Migranten genommen werden, die von den Einwanderungsbehörden verhaftet wurden. Die Organisation kritisiert, diese Zwangssammlung von DNA untergrabe die bürgerlichen Freiheiten. Außerdem zeige die Regierung ihre Bereitschaft, vulnerable Gruppen mithilfe von biometrischen Daten zu überwachen. In der Vergangenheit habe die Behörde alleine mit 750.000 zusätzlichen Proben pro Jahr von Migranten in Gewahrsam gerechnet – und dies eingehalten.
Auch Vera Eidelman, Anwältin bei der American Civil Liberties Union (ACLU), warnte gegenüber The Intercept: “Wenn wir über eine so schnelle Ausweitung sprechen, kommen wir einer universellen DNA-Datenbank immer näher.”
Die DNA-Datenbank CODIS wurde bereits in den 1990er Jahren eingeführt. Zunächst war die Datensammlung dabei laut dem Bericht auf verurteilte Straftäter sowie auf DNA-Proben von Tatorten und nicht-identifizierten Leichen beschränkt.
Verdächtigung reicht in einigen Bundesstaaten aus
Doch die EFF kritisiert, im Laufe der Zeit sei die Erfassung von DNA-Proben stark ausgeweitet worden – wie beispielsweise auf inhaftierte Migranten. Dies sei ein Versuch, so viele genetische Informationen wie möglich abzugreifen. Die Behörden würden dabei den Einwanderungsstatus von Menschen mit Kriminalität in Verbindung bringen, obwohl es keinen Zusammenhang gebe.
Laut The Intercept ist die Polizei in 28 der 50 US-Bundesstaaten dazu berechtigt, DNA-Proben bereits von Verdächtigen zu nehmen. Anna Lewis, die an der Universität Harvard zu ethischen Fragen der Genforschung arbeitet, erklärte gegenüber The Intercept, um in einer DNA-Datenbank zu landen reiche es bereits aus, dass sich die Strafverfolgungsbehörden für eine Person interessieren.
Vera Eidelman von der ACLU sagte gegenüber The Intercept, eine DNA-Sammlung berge besondere Risiken für die Privatsphäre: “Unsere DNA ist persönlich und sensibel: Sie kann unsere Anfälligkeit für schwerwiegende Gesundheitsprobleme, Familienmitglieder und Abstammung offenlegen.”
Die EFF warnt, die Aufnahme einer Person in eine DNA-Datenbank erhöhe die Wahrscheinlichkeit, dass eine unschuldige Person einem Verbrechen verdächtigt wird. Studien hätten zudem gezeigt, dass eine höhere Anzahl von DNA-Proben nicht zur Aufklärung von mehr Straftaten führe.
Die Organisation befürchtet auch, dass bestehende Ungleichheiten im Strafrechtssystem durch eine größere DNA-Datenbank weiter verstärkt werden, weil von bestimmten Bevölkerungsgruppen mehr Proben genommen würden. Im Falle der von Migranten genommenen Proben seien beispielsweise vor allem Schwarze aus Lateinamerika betroffen.
Darüber hinaus erhielten die Strafverfolgungsbehörden allgemein zusätzliche Möglichkeiten, um DNA-Proben zu sammeln. Laut dem Intercept-Bericht können die Proben heutzutage außerdem wesentlich schneller analysiert werden. Vera Eidelman warnt daher: “Wenn Überwachungstechnologie billiger, einfacher und schneller wird, wird sie tendenziell häufiger eingesetzt – oft auf beunruhigende Weise.” (js)