212 Umweltschützer wurden im vergangenen Jahr getötet

Kohlemine El Cerrejón
Für die kolumbianische Kohlemine El Cerrejón mussten ganze Dörfer weichen. Gegner des Projektes wurden angegriffen. (Quelle: Tanenhaus – CC BY 2.0)

Proteste gegen Bergwerke und Abholzung, Wasserkraftwerke und Großfarmen sind vielerorts gefährlich: Im vergangenen Jahr sind weltweit mindestens 212 Umweltschützer getötet worden. Das geht aus einem Bericht der Nichtregierungsorganisation (NGO) Global Witness hervor, der am Mittwoch veröffentlicht wurde. Pro Woche entspricht das durchschnittlich mehr als vier Morden – mehr als jemals zuvor. Der jährliche Bericht wird seit 2012 veröffentlicht. Zudem werden Umweltschützer in vielen Ländern wegen ihrer Arbeit immer wieder bedroht, verleumdet und vor Gericht gebracht.

Die meisten Morde an Umweltaktivisten wurden demnach in Kolumbien (64), den Philippinen (43) und Brasilien (24) verübt. In Mexiko (18), Honduras (14) und Guatemala (12) registrierte die NGO ebenfalls zweistellige Fallzahlen.

Mehr als zwei Drittel aller Morde wurden in Lateinamerika verübt. Die Region gilt seit dem ersten Bericht 2012 als der gefährlichste Ort für Umweltschützer.

Die Angriffe in Kolumbien haben laut Global Witness in den vergangenen Jahren “dramatisch” zugenommen. Viele der Morde sollen mit Protesten gegen große Kohleabbau-Projekte zusammenhängen.

Fälle in Europa

Aber auch im EU-Land Rumänien wurden im vergangenen Jahr zwei Umweltaktivisten getötet, die illegale Abholzungen verhindern wollten. Aktivisten in Europa seien zudem häufig Hetzkampagnen ausgesetzt und würden kriminalisiert.

Die Organisation geht davon aus, dass die tatsächliche Zahl der getöteten Umweltschützer noch deutlich höher liegt, weil viele Fälle vertuscht oder nicht angezeigt werden. Zudem sei es schwierig, Fälle in Afrika zu verifizieren.

Frauen seien zusätzlich auch durch sexuelle Gewalt bedroht. Sie werden laut dem Bericht auch angegriffen, wenn Familienmitglieder Aktivisten sind. Bei mehr als einem von 10 Morden waren Frauen Opfer.

Global Witness hat darüber hinaus beobachtet, dass die indigene Bevölkerung überdurchschnittlich oft angegriffen wird, wenn sie sich für ihre Rechte einsetzt. So wurden alleine in der Amazonasregion 33 Menschen umgebracht. Insgesamt gehörten 40 Prozent der ermordeten Umweltaktivisten indigenen Gruppen an – obwohl sie laut der NGO nur 5 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen.

So kam auf den Philippinen ein Anführer des Volkes der Manobo bei einem Militäreinsatz ums Leben. Er hatte sich laut dem Bericht für den Erhalt des Regenwaldes eingesetzt und Gewalt an den Manobo dokumentiert. Fast die Hälfte aller Morde auf den Philippinen schreibt Global Witness dem Militär und paramilitärischen Gruppen zu. Die Regierung stelle die Opfer häufig als kommunistische Rebellen dar.

Unternehmen und staatliche Akteure verantwortlich

Hinter den Gewalttaten stehen laut Global Witness meist Unternehmen, Farmer und teilweise auch staatliche Akteure sowie kriminelle Banden, paramilitärische Gruppen und Rebellen. “Landwirtschaft, Öl, Gas und Bergbau sorgen für die Gewalt gegen Umweltschützer – das sind genau die Industrien, die durch Abholzung und Emissionen auch den Klimawandel befeuern”, sagte Rachel Cox von Global Witness.

Die meisten Fälle stehen im Zusammenhang mit Bergbau (50), gefolgt von Landwirtschaft (34) und Forstwirtschaft (24). Auf den Philippinen kam es zu den meisten Morden in Zusammenhang mit Bergbau. In 71 Fällen konnte die Organisation die Taten keinem Bereich eindeutig zuordnen.

“Viele der schlimmsten Menschenrechtsverletzungen haben mit der Ausbeutung unserer natürlichen Ressourcen sowie Korruption in Politik und Wirtschaft zu tun”, sagt Cox. “Umweltschützer sind jene, die dagegen aufstehen.”

Global Witness fordert, dass Regierungen die Sicherheit von Aktivisten schützen und Angriffe auf sie untersuchen. Unternehmen sollen die Rechte der Aktivisten respektieren und Ermittlungen zu den Angriffen unterstützen. Außerdem fordert die Organisation, dass Investoren ein Frühwarnsystem entwickeln, um Konflikte erkennen und vermeiden zu können. (dpa / js)