Asyl für Snowden: Deutschland kann sich nicht entscheiden
2020 wird die Aufenthaltsgenehmigung für den US-amerikanischen Whistleblower Edward Snowden in Russland vorerst ablaufen. Was danach mit ihm passiert, ist ungewiss. Die USA pochen weiter auf eine Auslieferung, um ihn vor Gericht zu stellen. Die EU-Länder bleiben passiv. Im Gepräch mit der Süddeutschen Zeitung äußerte Snowden weiterhin den Wunsch, in einem europäischen Land Asyl zu finden.
Snowden hält es für wahrscheinlich, dass seine Aufenthaltsgenehmigung für Russland verlängert werde. “Letztendlich hoffe ich aber weiterhin, dass mir eine andere Regierung politisches Asyl oder einen sicheren Aufenthalt in Europa gewährt.” Deutschland lehnte bislang den Antrag Snowdens ab. Doch der Whistleblower ist der Meinung, dass sich die Situation mittlerweile geändert habe: “Ich glaube, dass jeder, der einigermaßen objektiv auf die Geschichte blickt, erkennen wird, dass, wenn Deutschland mich aufnehmen würde, es inzwischen nicht mehr als ein feindlicher Akt gegen die USA aufgefasst würde.” Vielmehr würde es bedeuten, dass Europa für die Vereinigten Staaten eintrete, wenn diese gerade nicht für sich selbst und ihre Werte einstehen könnten. Dennoch setzt er in die deutsche Regierung und ein Asyl wenig Hoffnung: “Unter Kanzlerin Angela Merkel wird dies wohl nicht mehr der Fall sein.”
CDU: Keine Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit der USA
Aktuelle Stellungnahmen von Unionspolitikern bestätigen Snowdens Einschätzung, dass ihn Deutschland unter der jetzigen Regierung nicht aufnehmen wird. Gegenüber der Welt am Sonntag sieht der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion Mathias Middelberg “nach wie vor keine Gründe für eine Aufnahme von Herrn Snowden in Deutschland”. Middelberg hat “keinen Zweifel” daran, dass Snowden ein rechtsstaatliches Verfahren bekäme, sollte er in die USA zurückkehren. Der CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt wies darauf hin, dass der Verrat von Staatsgeheimnissen in jedem Land der Welt strafbar sei. “Selbst wenn der Verräter ehrenwerte Motive damit verbindet, gefährdet er die Sicherheit seines Landes und in unabsehbarer Weise auch das Leben von eigenen Agenten und Informanten”. Snowden sei “wahrlich kein Held”.
Das sehen die Mitglieder der weiteren Bundestagsparteien größtenteils anders: SPD-Vize Ralf Stegner sagte der Welt am Sonntag, er habe sich bereits für eine Aufenthaltsgenehmigung für Snowden in Deutschland ausgesprochen, als diese Frage zum ersten Mal angestanden habe. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter bezeichnete es als “Armutszeugnis für die westlichen Demokratien”, dass sich Edward Snowden noch immer im autoritär regierten Russland verstecken müsse und von Putins Launen abhängig sei. Linkspartei-Vorsitzende Katja Kipping meinte dagegen, es sei Snowden zu verdanken, dass einer der größten Geheimdienstskandale der Welt aufgedeckt worden sei. “Wir Linken haben vorgeschlagen, ihn dafür mit dem Friedensnobelpreis auszuzeichnen, und gefordert, ihm Asyl zu gewähren.”
Snowden setzt bei seiner Suche nach Asyl nicht nur auf Deutschland. In einem Interview des französischen Senders France Inter wünschte er sich, dass Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ihm Asyl gewährt.
Der Trick mit dem Zauberwürfel
Snowden gibt momentan diverse Interviews zur bevorstehenden Veröffentlichung seiner Autobiografie “Permanent Record: Meine Geschichte”. Dabei kommt die ein oder andere Anekdote zur Sprache: Laut Süddeutscher Zeitung hat er die beim US-Geheimdienst NSA kopierten Daten damals unter anderem mithilfe von Zauberwürfeln aus dem Gebäude geschmuggelt.
Er habe die Daten seinerzeit auf sehr kleinen Micro- und Mini-SD-Karten gespeichert. “Die passen überall hin”, meinte er. “Zunächst einmal habe ich allen Kollegen Zauberwürfel geschenkt. Die waren also überall, die Wachen waren den Anblick gewöhnt und ich war schnell als der Zauberwürfel-Typ bekannt”. Die Karten hätten unter Aufkleber von Zauberwürfeln, in eine Socke oder seine Backe gepasst.
Rückkehr in die USA “wahrscheinlich”
Er halte es für “immer wahrscheinlicher”, dass er eines Tages in die USA zurückkehren könne, sagte Snowden gegenüber dem Magazin “Der Spiegel”. Der Vorwurf von 2013, er habe die nationale Sicherheit gefährdet, sei “in sich zusammengefallen”.
Der Ex-Geheimdienstler hatte 2013 Dokumente zu den Ausspäh-Aktivitäten des US-Abhördienstes NSA und seines britischen Gegenparts GCHQ an Journalisten gegeben. Dadurch erfuhr die Öffentlichkeit von den illegalen, größtenteils unkontrollierten Abhörpraktiken der Geheimdienste. Neben Millionen von Bürgerinnen und Bürgern waren selbst Bundestagsabgeordnete und Bundeskanzlerin Angela Merkel persönlich hiervon betroffen.
Auf der Flucht über Hongkong wollte er nach Ecuador, strandete aber am Moskauer Flughafen, nachdem die US-Regierung seinen Reisepass annulliert hatte. Snowden bekam Asyl in Russland, nach einer Verlängerung aktuell bis 2020. (dpa / hcz)