Belarus: Internet-Sperren nach der Wahl
Seit den Wahlen in Belarus am 9. August kommt es in dem Land immer wieder zu Internet-Sperren. Die Regierung wolle so verhindern, dass die Bevölkerung Informationen erhalte, etwa zu Polizeigewalt bei den Protesten. Das berichtet die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) und fordert ein Ende der Zensur.
Alexander Lukaschenko regiert Belarus bereits seit 1994. Nach der Wahl am 9. August hatte ihn die Wahlleitung abermals zum Sieger erklärt – er soll 80,23 Prozent der Stimmen erhalten haben. Die Opposition vermutet allerdings Wahlbetrug und auch die EU-Regierungen erkennen das Wahlergebnis nicht an.
Die Organisation Netblocks berichtet, dass es bereits am Wahltag landesweite Internet-Einschränkungen gegeben habe. Die Unterbrechungen hätten sowohl Festnetzanschlüsse als auch das mobile Internet betroffen. Insgesamt dauerte die Blockade 61 Stunden an. Laut HRW sollen über Mobiltelefone nur noch SMS und Anrufe möglich gewesen sein.
Lukaschenko, das nationale “Center for Response to Computer Incidents” und der staatliche Internet-Provider Beltelecom machten ausländische Angriffe auf die Netzwerke für die Ausfälle verantwortlich. Nach Angaben von Netblocks handelt es sich aber um gezielte technische Blockaden.
Internet-Blockaden während Protesten
Seitdem ist es laut Human Rights Watch immer wieder zu Internet-Blockaden gekommen: So war das mobile Internet am 14. August während eines Protests auf dem Independence Square in Minsk nicht mehr verfügbar. Wenige Tage später kam es erneut zu einer 15-minütigen Internet-Sperre während einer Demonstration. Auch am 23. und 26. August soll es während Demonstrationen zu teils mehrstündigen Unterbrechungen des mobilen Internets gekommen sein.
Der Telekommunikationsanbieter A1 soll Kundinnen und Kunden bereits vor der Unterbrechung am 23. August darauf hingewiesen haben, dass die Bandbreite des Mobilfunknetzes beschränkt werde. Dies geschehe auf Anordnung der Behörden. A1 hatte zudem berichtet, dass die meisten Provider an Beltelecom und das National Traffic Exchange Center angeschlossen seien. Diese können Internet-Blockaden technisch umsetzen, so HRW.
Nachrichtenseiten gesperrt
Zusätzlich zu den Internet-Abschaltungen soll die Regierung gezielt Internet-Seiten blockieren. So waren auch soziale Netzwerke und Suchmaschinen zeitweise nicht mehr erreichbar. Gut 70 Nachrichtenseiten sowie Seiten von politischen Aktivisten und Menschenrechtlern waren offenbar bis mindestens Ende August nicht mehr aufrufbar.
Laut HRW wurden die Internetseiten auf Anordnung des Informationsministeriums blockiert. Dieses sei per Gesetz dazu bevollmächtigt, solche Sperren ohne richterliche Prüfung zu verhängen.
Die Vereinten Nationen hatten bereits 2015 erklärt, dass es nach den Menschenrechtsgesetzen nie gerechtfertigt sei, Teile eines Kommunikationsnetzwerkes abzuschalten. HRW fordert von der Regierung in Belarus daher, auf Internet-Blockaden und auf Zensur zu verzichten. “Die Behörden sollten das Recht auf Informations- und Meinungsfreiheit gewährleisten und Berichte über Polizeigewalt untersuchen” anstatt zu versuchen, die Proteste zu unterdrücken, sagte Hugh Williamson von HRW.
Belarus folge mit seinem Vorgehen einem Trend, berichtet die Organisation Access Now: 2019 waren demnach Proteste weltweit der häufigste Grund für Internet-Sperren. Mindestens 65 Internet-Sperren aufgrund von Protesten habe man im vergangenen Jahr dokumentiert – in einigen Fällen auch im Zusammenhang mit Wahlen. (js)