Brasilien vernichtet immer mehr Regenwald
In den vergangenen zwölf Monaten sind im brasilianischen Amazonas-Gebiet nach ersten Daten mehr als 9000 Quadratkilometer Regenwald abgeholzt worden. Das ist eine Steigerung um rund 35 Prozent, wie das Nationale Institut für Weltraumforschung (Inpe) unter Berufung auf vorläufige Zahlen am Freitag berichtete. Die Daten beziehen sich auf den Zeitraum von August 2019 bis Juli 2020. Im selben Zeitraum 2018/19 wurden dem Institut zufolge 6844 Quadratkilometer Regenwald zerstört.
“Abholzung außer Kontrolle”
Das Inpe wertet Satellitenbilder aus. Mit einer schnellen Erhebung untersucht es die Veränderungen des Waldes in Echtzeit. “Die Abholzung in Brasilien ist ganz klar außer Kontrolle”, zitierte das Portal “G1” Márcio Astrini, Exekutiv-Sekretär der brasilianischen Nichtregierungsorganisation “Observatório do Clima”. Er schätzt, dass die Abholzung nach einer weiteren Auswertung in diesem Zeitraum (August 2019 bis Juli 2020) sogar 13.000 Quadratkilometer erreichen könnte.
2019 war das erste Jahr des rechtsextremen Jair Bolsonaro als brasilianischer Präsident. Er geriet wegen der verheerenden Brände im Amazonas-Gebiet in die Kritik. Umweltschützer werfen ihm vor, die Brände in Kauf zu nehmen, um neue Flächen für die Landwirtschaft zu erschließen.
Brandstifter bleiben straffrei
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace meldet, dass selbst organisierte Brandstiftung in den Regenwäldern nicht geahndet wird: Vor genau einem Jahr, am 10. und 11. August 2019, rief eine Gruppe von Landbesitzern den “Tag des Feuers” aus.
Sie koordinierten sich über eine WhatsApp-Chat-Gruppe, um Brandrodung zu betreiben und laut eigener Aussage die Politik Bolsonaros zu unterstützen. Damals wurden 53 Feuer in indigenen Gebieten registriert und 534 in Naturschutzgebieten: eine fast zwanzigfache Zunahme der Waldbrände im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Laut Greenpeace bleiben die Beschuldigten der Aktion bisher größtenteils straffrei: Nur fünf Prozent der Grundstücksbesitzer der betroffenen Flächen wurden angeklagt. Insgesamt waren 207 Grundstücke vom Feuer erfasst.
Wirtschaft gegen Umwelt
“Das zeigt, dass es um mehr als nur Wegschauen geht – diese Regierung verfolgt eine radikale Anti-Umwelt-Agenda und unterstützt die illegale Waldzerstörung”, sagte Rômulo Batista, Aktivist bei Greenpeace Brasilien. Bei über 99 Prozent der Grundstücksbesitzer handele es sich um Viehzuchtbetriebe, 66 von ihnen waren bereits vor der Brandstiftung wegen Umweltvergehen bekannt.
Anna Cavazzini, Grünen-Abgeordnete im Europaparlament und Brasilien-Expertin, schrieb: “Die steigenden Zahlen gehen Hand in Hand mit der Politik von Präsident Jair Bolsonaro.” Sie forderte einen politischen Rahmen, um die Abholzung zu stoppen, wie ein Lieferkettengesetz und den Stopp des Freihandelsabkommen zwischen dem südamerikanischen Wirtschaftsbündnis Mercosur und der EU. (dpa / hcz)