COP28: Umweltverbände kritisieren Schlupflöcher in Abschlusserklärung
Die Weltklimakonferenz COP28 ist am Mittwoch in Dubai mit einer Abschlusserklärung zu Ende gegangen. Erstmals wird darin zur Abkehr von fossilen Brennstoffen aufgerufen.
In dem 21-seitigen Dokument werden die Staaten aufgefordert, sich von fossilen Brennstoffen in ihren Energiesystemen abzuwenden. Mehr als hundert Staaten hatten zuvor eine weitergehende Formulierung gefordert, nämlich einen Ausstieg (“Phase out”). Es sind aber auch Verweise auf “Übergangsenergien” wie Erdgas und umstrittene Technologien zur Speicherung und Abscheidung von CO2 enthalten.
In dem Text ist zudem das Ziel festgelegt, die Kapazität der erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2030 zu verdreifachen. Das Tempo bei der Energieeffizienz soll in diesem Zeitraum verdoppelt werden. Die G20-Staaten hatten sich dies bereits vorgenommen.
Der Konferenzpräsident Sultan Al-Dschaber sprach von einem “historischen Pakt”. Es sei ein robuster Aktionsplan, um das 1,5-Grad-Ziel in Reichweite zu halten.
Im Jahr 2015 hatten sich Staaten weltweit dazu verpflichtet, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Dafür darf nur noch eine begrenzte Menge klimaschädlicher Treibhausgase wie CO2 in die Erdatmosphäre gelangen.
Nachverhandlungen waren nötig
Zuvor hatte der Entwurf für eine Abschlusserklärung für Unmut bei vielen Teilnehmenden gesorgt. Sie forderten Nachbesserungen, weshalb die Konferenz in die Verlängerung ging. Eigentlich hätte sie bereits am Dienstag enden sollen.
Am Mittwochmorgen wurde dann ein neuer Text von der Konferenz-Präsidentschaft aus den Vereinigten Arabischen Emiraten vorgeschlagen und bereits wenige Stunden später im Plenum angenommen.
Doch die besonders vom steigenden Meeresspiegel bedrohten Inselstaaten fühlen sich übergangen: Eine Vertreterin Samoas sagte, die Inselstaaten hätten sich noch koordinieren müssen und seien nicht rechtzeitig im Raum gewesen, um Stellung zu beziehen. “Wir können nicht auf unsere Inseln zurückkehren mit der Botschaft, dass dieser Prozess uns betrogen hat”, sagte sie kurz darauf. “Die Kurskorrektur, die wir brauchten, ist nicht erreicht worden.”
Lobby habe weitergehende Beschlüsse verhindert
Umweltverbände begrüßten den Beschluss zwar, übten aber auch Kritik an Schlupflöchern. Martin Kaiser, geschäftsführender Vorstand von Greenpeace Deutschland, sagte am Mittwoch, die Konferenz markiere nach 30 Jahren Klimaaktivismus den Beginn vom Ende der Öl-, Gas- und Kohleindustrie – “nicht mehr, auch nicht weniger”. Er rügte, der Auftrag zum Ausstieg aus den Fossilen hätte “verbindlicher und ohne Schlupflöcher sein können und müssen”. Die “Dominanz und das destruktive Vorgehen der ölexportierenden Länder, der einflussreichen Öl- und Gaslobby sowie der kohleabhängigen Länder” habe weitergehende und verbindliche Beschlüsse jedoch verhindert.
Viviane Raddatz, Klimachefin beim WWF Deutschland, sagte: “Auf der Klimakonferenz in Dubai ist es gelungen, auch die Öl- und Gasstaaten zu einer Zusage zur Abkehr von den fossilen Energien zu bewegen. Damit wurde erstmals das Kernproblem der Klimakrise benannt, nachdem Jahrzehnte lang auf dem internationalen Parkett darum herumgetänzelt wurde.” Dies sei ein “immens wichtiges Signal”. Dennoch bleibe festzuhalten, dass die Welt acht Jahre nach dem Pariser Klimaabkommen mit ihren Fortschritten zu langsam ist, um die globale Erhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen.
Auch Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, sagte: “Die Abschlusserklärung der diesjährigen Weltklimakonferenz ist ein erster und auch wichtiger Schritt in Richtung einer fossil-freien Zukunft. Uns rennt aber die Zeit davon, wenn wir bis Mitte des Jahrhunderts bei Nullemissionen ankommen wollen. Die Klimakrise kennt keinen langsamen Ausstieg. Was wir brauchen ist ein klares Bekenntnis zu den Erneuerbaren und zum schnellstmöglichen Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas.”
“Schattenseiten und Schlupflöcher”
Der Oxfam-Experte Jan Kowalzig nannte das Ergebnis der Konferenz eine gute Grundlage, die sich nun aber auch in konkreter Politik widerspiegeln müsse. Er kritisierte aber auch: “Das Ergebnis hat jedoch auch bedenkliche Schattenseiten und Schlupflöcher, darunter die Betonung der Rolle von Erdgas als Übergangslösung. Das werden Förderländer und die fossile Industrie als Freifahrtschein für die Ausweitung der Gasförderung werten.” Enttäuscht müsse man auch darüber sein, dass die COP28 es nicht geschafft hat, bei der finanziellen Unterstützung für die ärmeren Länder Fortschritte zu erzielen.
Auch die Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, Julia Duchrow sprach von “viel Licht, aber auch viel Schatten”. Die Einigung sei ein wichtiges Signal, enthalte aber “große Schlupflöcher”. Derzeit nicht existierende Technologien wie CO2-Abscheidung und -Speicherung würden “fälschlich als Lösungen der Klimakrise” dargestellt. Das werde nicht ausreichen, um Milliarden von Menschen und ihre Rechte vor den Auswirkungen des Klimawandels zu schützen.
Kritik kam auch von Fridays For Future Deutschland. Clara Duvigneau bilanzierte: “Gemessen an dem, was im heißesten Jahr der Menschheitsgeschichte notwendig ist, reicht die COP-Einigung nicht in Ansätzen.” Und die Aktivistin Luisa Neubauer erklärte, angesichts des Widerstands der fossilen Lobby sei der Beschluss ein großer Schritt. Dennoch habe die Klimakonferenz gezeigt, “dass die Profite der Öl-Firmen bis heute erfolgreicher beschützt werden als die betroffensten Regionen der Welt.”
Auch Vertreterinnen und Vertreter aus der Politik begrüßten die Abschlusserklärung überwiegend. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte, das Ende der fossilen Brennstoffe werde im Abschlusstext klar und deutlich benannt, “so dass jeder, der rechnen kann, weiß, dass sich Investitionen in fossile Energien langfristig nicht mehr rechnen”. Zwar sei der Text nicht an jeder Stelle so klar und verbindlich, wie es sich Deutschland und die EU gewünscht hätten, es brauche aber einen einstimmigen Beschluss.
Auch der US-Klimabeauftragte John Kerry hat sich zufrieden über den Beschluss geäußert – erklärte aber auch, seine Regierung habe sich klarere Formulierungen gewünscht.
UN-Klimachef Simon Stiell würdigte den Beschluss als ein Schritt in die richtige Richtung – der aber nicht ganz ausreiche. “Auch wenn wir das Zeitalter der fossilen Brennstoffe in Dubai nicht beendet haben, ist dieses Ergebnis der Anfang vom Ende”, sagte er. Derzeit steuere die Welt aber noch immer auf eine Erhitzung von knapp drei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu. “Dies bedeutet immer noch großes menschliches Leid, weshalb die COP28 noch einen Schritt hätte weiter gehen müssen”, so Stiell. (dpa / js)