EU-Klimawandeldienst: 2023 auf dem Weg zum bislang wärmsten Jahr

Abgebrannte Fläche bei Aleandroupoli
Bereits der Sommer 2023 hatte einen neuen Negativrekord aufgestellt. In Ländern wie Griechenland (Bild) hatten Waldbrände gewütet. (Quelle: IMAGO / ANE Edition)

Das Jahr 2023 ist auf dem Kurs, das wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen zu werden. Das teilte der EU-Klimawandeldienst Copernicus am Donnerstag mit.

Nach Angaben von Copernicus haben der ungewöhnlich warme September und der Sommer mit Rekordtemperaturen den Ausschlag für diese Entwicklung gegeben. Damit sei das laufende Jahr auf dem Weg, weltweit die Werte des bisherigen Rekordjahres 2016 zu übertreffen.

Die durchschnittlichen Temperaturen im Jahr 2023 lagen demnach bislang um 1,4 Grad Celsius über dem vorindustriellen Referenzzeitraum von 1850 bis 1900. Das sind nur 0,1 Grad weniger als die als Klimaziel ausgegebenen 1,5 Grad des Pariser Klima-Abkommens, die bis zum Ende des Jahrhunderts nicht längerfristig überschritten werden sollen.

Die internationale Staatengemeinschaft hatte sich im Pariser Klimavertrag im Jahr 2015 darauf geeinigt, die Erwärmung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen. Dabei geht es aber nicht um Messungen eines Monats, sondern um die Jahresdurchschnittstemperaturen über einen längeren Zeitraum. Einzelne Jahre dürften nach Berechnungen der Klimaforschung schon in wenigen Jahren darüber liegen.

Wärmster September

Im September lag die Temperatur aber sogar schon 1,75 Grad höher als im vorindustriellen Referenzzeitraum und 0,5 Grad über dem bisher wärmsten September im Jahr 2020.

Auch bei der Ausdehnung des antarktischen Meereises gab es einen Negativrekord im September. Sie verblieb auf einem historischen Niedrigstand mit neun Prozent unter dem Durchschnitt des Referenzzeitraums von 1991 bis 2020. In der Arktis war die Ausdehnung des Meereises im September auf Platz fünf der niedrigsten Werte.

Bei den Niederschlägen zeigte sich im September ein durchwachsenes Bild: In weiten Teilen Westeuropas regnete es demnach mehr als üblich. In Griechenland und Libyen kam es infolge des Sturms “Daniel” sogar zu verheerenden Überschwemmungen mit vielen Toten. Im Südosten der USA, Mexiko, Zentralasien, Australien und Teilen Europas hingegen wurde der trockenste September seit Beginn der Aufzeichnungen registriert.

Copernicus-Vizechefin Samantha Burgess sagte: “Zwei Monate vor der (UN-Weltklimakonferenz) COP 28 ist das Gefühl der Dringlichkeit für ambitionierte Klimaschutzmaßnahmen nie wichtiger gewesen.”

Der Klimawandeldienst Copernicus der Europäischen Union veröffentlicht regelmäßig Daten zur Temperatur an der Erdoberfläche, der Meereisdecke und Niederschlagsdaten. Die Erkenntnisse beruhen auf computergenerierten Analysen, in die Milliarden von Messungen von Satelliten, Schiffen, Flugzeugen und Wetterstationen auf der ganzen Welt einfließen.

Temperaturrekord im Sommer

Erst Anfang September hatte der EU-Klimawandeldienst erklärt, dass der Sommer 2023 global betrachtet der heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1940 war. Die Durchschnittstemperatur habe in den drei Monaten Juni bis August bei 16,77 Grad und damit 0,66 Grad über dem Durchschnitt gelegen, noch einmal deutlich höher als im bisherigen Rekordjahr 2019 mit 16,48 Grad.

“Die globalen Temperaturrekorde purzeln 2023 weiter”, hatte Copernicus-Vizechefin Burgess Anfang September kommentiert.

Auch weitere Klimaexperten sehen das laufende Jahr auf dem Weg zum heißesten seit Beginn der Aufzeichnungen: Dieter Gerten vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) sagte der Deutschen Presse-Agentur (dpa), ein globales Rekordjahr sei “schon jetzt quasi sicher”. Bereits seit etwa einem halben Jahr werde ununterbrochen eine rekordhohe Durchschnittstemperatur der Erdoberfläche registriert. Sie liege zudem nicht nur minimal, sondern recht deutlich – um mehrere Zehntelgrad – über den bisherigen Rekorden der betreffenden Monate. “Damit befinden wird uns zumindest im Moment sehr nah an einer mittleren Erderwärmung von 1,5 Grad über dem vorindustriellen Wert.”

Ein durchschnittliches oder gar eher kühles Jahr, wie es sie im 20. Jahrhundert gab, sei in absehbarer Zeit nicht mehr zu erwarten, so Gerten.

Beim Extremwetterkongress in Hamburg hatten Klimaexperten kürzlich verkündet, die Chance sei verpasst, mit relativ wenig Aufwand das Klimasystem zu stabilisieren. Der Klimawandel werde nun in großen Teilen ungebremst erfolgen, womit nicht mehr abwendbare massive Veränderungen auf der Erste zu erwarten seien. (dpa / js)