EuGH: SCHUFA-Score darf nicht maßgeblich für Kreditwürdigkeit sein

SCHUFA-Schriftzug an Gebäude
Die SCHUFA speichert eigenen Angaben zufolge Daten über 68 Millionen Menschen in Deutschland. (Quelle: SCHUFA)

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am Donnerstag enge Grenzen für die Verwendung des sogenannten SCHUFA-Scores gesetzt. Unternehmen dürfen demnach nicht ausschließlich auf Grundlage dieses Wertes entscheiden, ob sie Verträge mit Kunden abschließen.

Der sogenannte Score soll angeben, wie wahrscheinlich etwa die Rückzahlung eines Kredits ist. Banken, aber auch Unternehmen, fragen vor Vertragsabschluss bei privaten Auskunfteien wie der SCHUFA häufig den Score-Wert an. So wollen sie einschätzen können, wie gut Betroffene ihre Zahlungsverpflichtungen erfüllen. Nach eigenen Angaben verfügt die SCHUFA über Informationen zu 68 Millionen Menschen in Deutschland. Wie der SCHUFA-Score genau errechnet wird, ist dabei jedoch nicht bekannt.

Der EuGH hat nun entschieden, dass das Scoring nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist.

Demnach dürfen die Kunden der SCHUFA dem Score keine maßgebliche Rolle im Rahmen der Kreditgewährung beimessen. Denn wenn er eine maßgebliche Rolle spiele, stellt er eine “automatisierte Entscheidung im Einzelfall” dar, die nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verboten ist, so die Richter.

Verwaltungsgericht Wiesbaden muss prüfen

Das Verwaltungsgericht Wiesbaden muss nun prüfen, ob das deutsche Bundesdatenschutzgesetz eine gültige Ausnahme von diesem Verbot enthält, die mit der DSGVO vereinbar ist.

Das Wiesbadener Gericht hatte den Fall dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt: Eine Frau hatte geklagt, nachdem ihr ein Kredit verwehrt worden war. Sie hatte die SCHUFA aufgefordert, einen Eintrag zu löschen und Zugang zu den Daten zu gewähren. Die SCHUFA teilte nur den Score-Wert und allgemeine Informationen zur Berechnung mit, nicht aber die genaue Berechnungsmethode.

Die SCHUFA erklärte in einer Stellungnahme, die meisten ihrer Kunden könnten die Scores weiterhin ohne Anpassung nutzen, weil sie “in aller Regel nicht allein entscheidend für einen Vertragsabschluss sind”.

Erst Anfang der Woche hatten NDR und Süddeutsche Zeitung jedoch berichtet, dass mehrere große Energieversorger den Score insbesondere zur Beurteilung von Neukunden heranziehen. Bescheinige die SCHUFA Verbraucherinnen und Verbrauchern eine gute Zahlungsfähigkeit, bekämen sie günstige Konditionen – bei schlechten Beurteilungen hingegen nur die vergleichsweise teure Grundversorgung.

Den Recherchen zufolge ist der SCHUFA-Score aber beispielsweise auch bei größeren Verkehrsbetrieben ausschlaggebend dafür, ob bestimmte Abonnements abgeschlossen werden können oder nicht.

Verbraucherschützer fordern gesetzliche Vorgaben

Michaela Schröder vom Verbraucherzentrale Bundesverband nannte die Entscheidung einen ersten wichtigen Schritt für starken Verbraucherschutz beim Bonitäts-Scoring. Damit sich nachvollziehen lässt, wie der Bonitäts-Score zustande kommt, müsse der Gesetzgeber den Auskunfteien jetzt konkrete Vorgaben machen.

Der Verband fordert unter anderem eine verpflichtende Darstellung eines nachvollziehbaren Scoring-Ergebnisses und ausgeweitete Unterrichtungspflichten bei der Verwendung des Scores.

Bundesverbraucherschutzministerin Steffi Lemke (Grüne) sagte dazu: “Bereits im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart, dass die Transparenz beim Scoring verbessert werden muss. Wir werden nun zeitnah entsprechende Regelungen prüfen.”

Der EuGH hat zudem in einem weiteren Fall zur SCHUFA entschieden. Dabei ging es um die Speicherung von Daten aus öffentlichen Verzeichnissen, wie etwa Insolvenzregistern. Der EuGH entschied nun, es verstoße gegen die DSGVO, wenn private Auskunfteien solche Daten länger speicherten als öffentliche Insolvenzregister. Denn die erteilte Restschuldbefreiung soll der betroffenen Person ermöglichen, sich erneut am Wirtschaftsleben zu beteiligen; bei der Bewertung der Kreditwürdigkeit werde dies aber stets als negativer Faktor verwendet.

Im März hatte sich der Generalanwalt am EuGH in seinem Gutachten bereits sehr kritisch zu dieser Praxis geäußert. Daraufhin hatte die SCHUFA die Speicherfrist der Einträge freiwillig von drei Jahren auf sechs Monate verkürzt – so lange sind die Daten auch im öffentlichen Register gespeichert.

Weil der EuGH nicht über die nationalen Rechtsstreitigkeiten entscheidet, muss nun das Verwaltungsgericht Wiesbaden in beiden Fällen urteilen. Es ist dabei an die Rechtsprechung des EuGH gebunden. (dpa / js)