FinFisher: Durchsuchungen bei Hersteller von Spionagesoftware

FinFisher
Außer der Firmenzentrale in München wurde auch eine zu FinFisher gehörende Firma in Rumänien durchsucht. (Quelle: Beowulf Tomek – CC BY-SA 4.0)

In der vergangenen Woche hat das Zollkriminalamt 15 Geschäftsräume und Wohnungen der Münchener Firma FinFisher durchsucht. Eine Sprecherin der Münchener Staatsanwaltschaft erklärte: “Es besteht der Verdacht, dass Software ohne die erforderliche Ausfuhrgenehmigung des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle ausgeführt worden sein könnte.”

Mit der Spionagesoftware “FinSpy” lassen sich beispielsweise Adressbücher auf Smartphones auslesen, aber auch Telefongespräche und Chats mitschneiden. Das Unternehmen stellt auch den sogenannten Staatstrojaner für das deutsche Bundeskriminalamt her. Für Exporte von Überwachungssoftware in Länder außerhalb der Europäischen Union ist seit 2015 allerdings eine Genehmigung erforderlich, ähnlich wie bei Waffenexporten.

Die Software wurde in der Vergangenheit jedoch immer wieder in Ländern außerhalb der EU gefunden: So hatten Mitglieder des Chaos Computer Clubs (CCC) Ende vergangenen Jahres nachgewiesen, dass das Spionageprogramm im Jahr 2017 gegen türkische Oppositionelle eingesetzt worden war. Der CCC hatte damit zwei vorausgegangene Untersuchungen bestätigt.

Export ohne Genehmigung der Bundesregierung

Die Bundesregierung hatte im Sommer vergangenen Jahres erklärt, keine Exportgenehmigung für sogenannte “Intrusion Software”, wie FinSpy, erteilt zu haben. FinFisher hätte die Software demnach illegal exportiert – das ist strafbar. Auch in Ägypten und Bahrain soll die Spionagesoftware eingesetzt worden sein.

Im Juli 2019 hatten daher die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), Reporter ohne Grenzen (ROG), das European Center for Constitutional and Human Rights und netzpolitik.org Strafanzeige gegen die Geschäftsführer der Unternehmensgruppe FinFisher gestellt.

FinFisher-Einsatz 2015
Regierungen, die FinSpy im Jahr 2015 eingesetzt haben sollen. (Quelle: Citizen Lab – CC BY-SA 2.5 CA)

“Die Durchsuchungen sind ein wichtiges Signal. Dem illegalen Export von Spionagesoftware muss dringend ein Riegel vorgeschoben werden. Deutsche Unternehmen dürfen sich nicht zu Handlangern repressiver Regime machen”, sagte Sarah Lincoln, Juristin und Verfahrenskoordinatorin bei der GFF. Die Gesellschaft warnt, dass der Einsatz der Software in repressiven Staaten dramatische Folgen für Oppositionelle, aber auch für Journalistinnen und Journalisten haben kann. Reporter ohne Grenzen erklärte, auf die digitale Überwachung folgten oft Verhaftungen und Folter.

Internationales Firmengeflecht

“Seit Jahren entziehen sich FinFisher und andere europäische Produzenten ihrer Verantwortung, indem sie sich hinter komplizierten transnationalen Firmenstrukturen verstecken”, sagte Christian Mihr, Geschäftsführer von ROG.

Nach Recherchen des Bayerischen und des Norddeutschen Rundfunks haben die Geschäftsführer von FinFisher verschiedene Firmen im Ausland aufgebaut. Von einer zu diesem Firmenkomplex gehörenden Firma in Malaysia soll die Brasilianische Regierung im Jahr 2019 Überwachungssoftware im Wert von 850.000 US-Dollar gekauft haben.

Weil die Software mit Menschenrechtsverletzungen in Verbindung gebracht wird, fordern die Grünen im Bundestag, dass die Bundesregierung die Zusammenarbeit mit FinFisher und ähnlichen Firmen beendet. Auf eine schriftliche Anfrage des Grünen-Abgeordneten Konstantin von Notz, wann dies geschehe, antwortete das Bundesinnenministerium am 12. Oktober: “Öffentliche Aufträge werden nur an fachkundige und leistungsfähige (geeignete) Unternehmen vergeben.” Man halte sich dabei an geltendes Recht. Ob das Ermittlungsverfahren die Zusammenarbeit mit FinFisher beeinflussen wird, ist unklar. (dpa / js)