Frankreich führt Reparierbarkeits-Label für Elektronikgeräte ein

Smartphone-Reparatur
Elektrogeräte wie Smartphones sind oft nur schwer zu reparieren – wenn der Hersteller überhaupt Ersatzteile anbietet. (Quelle: imago images / agefotostock)

Frankreich hat einen Vorstoß hin zu nachhaltigeren Elektronik-Produkten gewagt: Seit 1. Januar muss ein “Reparierbarkeits-Index” für Geräte wie Smartphones, Notebooks, Waschmaschinen, Fernseher und Rasenmäher angegeben werden. Er soll Verbrauchern deutlich anzeigen, wie einfach und günstig ein Produkt zu reparieren ist.

Der “Indice de réparabilité” ist Teil des im Februar 2020 verabschiedeten Gesetzes zur Bekämpfung von Abfällen und Kreislaufwirtschaft. Die Skala des Reparierbarkeits-Index reicht von eins bis zehn; zusätzlich sind die Kennzeichnungen in Farben von Rot (schlecht reparierbar) über Gelb bis hin zu Dunkelgrün gehalten.

Berechnung

Die Bewertung errechnet sich aus fünf Kriterien: die Qualität der vom Hersteller zur Verfügung gestellten Dokumentation, die Möglichkeiten zur Demontage, die Verfügbarkeit von Ersatzteilen, deren Preis und die Art des Produkts selbst. Bewertet werden unter anderem die Preise der Ersatzteile im Verhältnis zum Preis des Gerätes. Auch die Anzahl der Arbeitsschritte, die nötig sind, um ein Bauteil auszutauschen, wird berücksichtigt.

Die Hersteller müssen den Reparierbarkeits-Index für ihre Produkte anhand eines Kriterienkatalogs errechnen, an die Händler weitergeben und auf der Verpackung, dem Etikett oder dem Produktblatt im Internet ausweisen. Strafen bei Verstoß sind ab 2022 geplant, aber noch nicht genau festgelegt. Ab 2024 plant Frankreich ergänzend einen verpflichtenden Haltbarkeitsindex.

Reparatur-Index
Die Index-Skala reicht von eins bis zehn.

Hauptsache schick

Viele moderne Elektronikgeräte sind kaum noch zu reparieren – schon gar nicht von Laien. Um die Geräte schlank und schick zu gestalten, meiden die Hersteller beispielsweise Befestigungen per Schrauben. Stattdessen werden Bauteile verklebt und können häufig nicht mehr schadlos ausgetauscht werden.

Einige Hersteller verlangen zudem horrende Preise für Ersatzteile und lizensierte Reparaturen, sodass sich eher eine Neuanschaffung lohnt. “Reparierbarkeit hat in der Designphase in der Regel keine Priorität, schlankes Design beispielsweise schon. Das lässt sich mit verschraubten Teilen schlechter realisieren”, beurteilt Dorothea Kessler die Lage, Kommunikationsmanagerin der Reparatur-Community iFixit gegenüber der Deutschen Welle.

Die französische Verbraucherschutzorganisation HOP beurteilt die französische Regelung als “nicht perfekt”. Es sei zu einfach, eine gute Note zu erhalten. Hersteller von Smartphones und Notebooks müssten beispielsweise nur die Art der Software-Updates angeben, um einen weiteren Notenpunkt zu erhalten. Obwohl diese Angabe keinen positiven Einfluss auf die Nachhaltigkeit des Geräts hat. Ein weiterer Kritikpunkt aus Sicht von HOP ist, dass es für den Verbraucher nicht klar genug sei, wie sich die jeweilige Punktzahl zusammensetzt.

Die Entwicklungs- und Umweltorganisation Germanwatch sieht in Frankreichs Vorstoß ein Signal an die Bundesregierung: “Die Stärkung der Reparatur ist eine entscheidende Maßnahme für die Umsetzung einer Kreislaufwirtschaft und als solche ein unverzichtbares Instrument, um unseren Rohstoffverbrauch zu senken. Auch soziale und wirtschaftliche Gründe sprechen für eine Stärkung der Reparatur.”

EU hat ähnliche Pläne

Laut einer Eurobarometer-Umfrage aus dem Jahr 2014 waren 79 Prozent aller EU-Bürgerinnen und -Bürger der Meinung, dass Hersteller gesetzlich dazu verpflichtet sein sollten, die Reparatur ihrer elektronischen Geräte zu ermöglichen. 77 Prozent der Bürger wollten damals defekte Geräte lieber reparieren, statt sie zu ersetzen.

Auch die EU versucht die Verbraucherrechte in Bezug auf Reparierbarkeit zu stärken und den Konsumenten ein “Recht auf Reparatur” gewähren: Ende November stimmte die EU-Kommission für eine ähnliche Kennzeichnung, wie Frankreich sie nun eingeführt hat. Sie soll dem Kunden die zu erwartende Lebensspanne eines Artikels mitteilen und angeben, wie einfach das Gerät zu reparieren ist. Auf Details haben sich die EU-Mitglieder aber noch nicht geeinigt und so steht noch nicht fest, wie die Kennzeichnungen aussehen werden – oder nach welchen Kriterien sich die Bewertung errechnen soll.

Seit 1. Januar gilt in der EU aber bereits eine neue Verpflichtung für Hersteller von Fernsehgeräten: Sie müssen Netzteile, Kondensatoren und andere wichtige Bauteile sieben Jahre lang auf Vorrat halten und innerhalb von zwei Wochen ausliefern können. Vergleichbare Regelungen für andere Gerätearten sollen folgen. (hcz)