Gericht: Überwachungsanbieter NSO behält Exportlizenz
Der umstrittene israelische Überwachungssoftware-Anbieter NSO behält seine Exportlizenz. Ein Bezirksgericht in Tel Aviv hat am 12. Juni einen von Amnesty International unterstützten Antrag zurückgewiesen, NSO diese Lizenz zu entziehen. Die Menschenrechtsorganisation wirft der Firma vor, totalitären Regierungen zu helfen, Journalisten und Dissidenten auszuspionieren.
Die Richterin des Tel Aviver Bezirksgerichtes urteilte, die Kläger hätten “keine stichfesten Beweise vorgelegt”, wie eine Gerichtssprecherin der Deutschen Presse-Agentur bestätigte. Es sei den Klägern nicht gelungen, den Vorwurf zu untermauern, “dass Menschenrechtler überwacht wurden, indem man versuchte, in ihre Handys einzudringen”.
Mitangeklagt waren auch das israelische Verteidigungsministerium sowie die Vorsitzende der israelischen Ausfuhrkontrolle im Sicherheitsbereich. Die Richterin urteilte, dass diese ihre Rolle auf angemessene Weise erfüllt hätten. Die Exportlizenz für NSO sei erst “nach außerordentlich gründlicher Prüfung” erteilt worden. Ein Teil des Urteils blieb allerdings geheim.
Amnesty International zeigte sich enttäuscht: Das Urteil sei ein Schlag für alle Menschen, die durch die Spionagesoftware gefährdet sind, sagte eine Sprecherin. “NSO profitiert weiterhin ungestraft von Menschenrechtsverletzungen.” Das Urteil stehe im Widerspruch zu den “Bergen an Beweisen” für den Einsatz der Pegasus-Software gegen Menschenrechtler.
Mehrere Angriffe mit Pegasus dokumentiert
Im Mai 2019 hatten mehrere Mitglieder und Unterstützer von Amnesty International unter Federführung der Organisation Klage in Israel eingereicht. Grundlage für die Klage war ein mithilfe von Pegasus durchgeführter Angriff auf einen Mitarbeiter der Menschenrechtsorganisation. Amnesty hatte zudem weitere Fälle dokumentiert: unter anderem Angriffe auf zwei auf Menschenrechtler in Marokko. Pegasus soll auch im Fall des ermordeten saudischen Dissidenten Jamal Khashoggi eine Rolle gespielt haben.
NSO hatte in der Vergangenheit erklärt, sein Produkt werde “lediglich für die Untersuchung und Verhinderung von Verbrechen und Terrorismus genutzt”. In einer Pressemitteilung begrüßte das Unternehmen die Gerichtsentscheidung. Das Urteil untermauere, dass NSO sich dem korrekten Einsatz von Technik und dem “Respekt für Menschenrechte” verpflichtet habe. Reporter ohne Grenzen führt die Firma hingegen in der Liste der Feinde des Internets auf.
Ist Pegasus auf einem Smartphone installiert, sollen Angreifer Zugriff auf sämtliche Daten haben, inklusive E-Mails und Chat-Nachrichten. Auch Mikrofon und Kamera sollen sich mit der Spionagesoftware aktivieren lassen. Zudem soll die Software Daten von Cloud-Diensten kopieren können. Um die Software auf einem Mobiltelefon zu installieren, soll NSO in der Vergangenheit unter anderem eine später geschlossene Sicherheitslücke im Messenger WhatsApp ausgenutzt haben.
Facebook klagt gegen NSO
Im Oktober 2019 hatte Facebook in den USA eine Klage gegen NSO eingereicht. Facebook wirft dem Unternehmen vor, an Angriffen auf 1400 WhatsApp-Nutzer beteiligt gewesen zu sein. Unter den Zielpersonen seien Journalisten, Anwälte, Dissidenten, Menschenrechtsaktivisten, Diplomaten und Regierungsbeamte gewesen. Facebook möchte NSO untersagen lassen, künftig auf WhatsApp und Facebook zuzugreifen. (dpa / js)