Gericht verbietet schwenkbare Kamera auf Nachbargrundstück
Um eine Überwachungskamera zu verbieten, reicht es, wenn sich Anwohnende nachvollziehbar beobachtet fühlen. Das Amtsgericht Gelnhausen entschied nun in einem Streit zwischen Nachbarn, dass eine elektronisch schwenkbare Überwachungskamera so nicht bestehen bleiben darf, da sie das danebenliegende Grundstück filmen könnte.
Ob die Kamera tatsächlich das fremde Grundstück erfasst oder nicht, spielte bei der Entscheidung keine Rolle, teilte das Gericht am Freitag mit. Das Aufstellen einer Überwachungskamera sei bereits dann unzulässig, wenn diese elektronisch auf das Nachbargrundstück geschwenkt werden kann. “Es kommt dabei lediglich darauf an, dass die Kamera eine solche Funktion besitzt”, heißt es in der Urteilsbegründung. Denn allein das könne bei dem Nachbarn das Gefühl erzeugen, beobachtet zu werden. Das Gericht spricht von “Überwachungsdruck”, der erzeugt werde.
Kann die Kamera allerdings nur mit “erheblichem und sichtbarem manuellen Aufwand” ausgerichtet werden, wäre der Fall laut Begründung ein anderer.
Nachbarschaftsstreit
In dem Streit hatte ein Grundstückseigentümer gegen seine Nachbarin eine einstweilige Verfügung beantragt. Sie sollte dazu verpflichtet werden, ihre Sicherheitskamera so einzurichten, dass sie nicht die nebenan liegenden Mietwohnungen erfassen kann. Die Kamerabetreiberin hatte erfolglos argumentiert, dass die Kamera das fremde Grundstück gar nicht filme.
In dem Fall ließ das Gericht auch nicht das “allgemein angespannte” Verhältnis zwischen den Nachbarn als Rechtfertigung für die Installation der Kamera gelten. Die im März gefallene Entscheidung ist rechtskräftig.
Was bei Kamerainstallationen zu beachten ist
Wer privat eine Videokamera installieren möchte, muss in Deutschland einiges beachten: So weist die Verbraucherzentrale darauf hin, dass Kameras in den meisten Fällen nur das eigene Grundstück abfilmen dürfen; fremde Grundstücke, Nachbarn oder Passanten sind tabu. “Dies verstieße gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das grundgesetzlich geschützt ist”, schreiben die Verbraucherschützer. Eine drehbare Kamera könnte jederzeit auch anders ausgerichtet werden und andere Grundstücke oder Wege erfassen. Das allein könne zu Unterlassungsansprüchen von Nachbarn oder anderen Betroffenen führen.
Auch das Recht am eigenen Bild müsse beachtet werden, nach dem jeder selbst entscheiden kann, ob von ihr oder ihm Fotos und Videos angefertigt werden. Selbst eine Kamera-Attrappe könne bei Menschen das Gefühl auslösen, überwacht zu werden, und sie damit unter Druck setzen. Dies sei unzulässig.
Laut Verbraucherzentrale gibt es wenige rechtliche Ausnahmen, die Videoüberwachung von fremden Grundstücken oder öffentlichen Wegen rechtfertigen würden. Dazu sei ein Anlass nötig, der schwerer wiegt als die Interessen des Fotografierten oder Gefilmten. Als Beispiele nennen die Experten wiederholte Einbrüche auf dem eigenen Grundstück oder wenn Besitz wie ein Auto auf öffentlichem Grund wiederholt beschädigt wurde. Doch auch, wenn nur das eigene Grundstück abgelichtet wird, müssen Hinweisschilder Besucherinnen und Besucher über die Videoüberwachung informieren.
Auch für Tür- und Klingelkameras wie die populäre Amazon Ring gelten keine Ausnahmeregelungen. Hier empfiehlt die Datenschutzkonferenz zusätzlich, die Geräte so einzustellen, dass sie erst nach Betätigung des Klingelknopfes Bilder übertragen. Die Aufnahmen sollten zudem nicht dauerhaft gespeichert werden, die Übertragung nach einigen Sekunden automatisch unterbrochen und das Blickfeld so justiert werden, dass die Kamera nicht mehr erfasst, als bei einem Blick durch einen Türspion sichtbar wäre. Dann sei der Einsatz unbedenklich.
Empfohlen wird, sich vor der Installation von Kameras bei der zuständigen Datenschutzbehörde zu informieren. Auch müssen erst weniger invasive Mittel vor der Installation geprüft werden, wie Alarmanlagen oder Einbruchsschutz. Eine Checkliste zu den Anforderungen der Datenschutzgrund-Verordnung stellt die Datenschutzkonferenz in einer Orientierungshilfe bereit. Bei Verstoß gegen das Datenschutzrecht drohen laut Verbraucherschützern Bußgeld und Schadenersatz. (dpa / hcz)