Geschäfte zählen Kunden mit Videoüberwachung und WLAN-Routern

Piktogramm Videoüberwachung
Dieses Piktogramm weist auf Videoüberwachung hin – dahinter kann sich mehr verbergen, als man denkt. Quelle: DIN e.V.

Gerade vor den Feiertagen sind die Kaufhäuser voll. Dass sie dort gezählt werden, ist den wenigsten Ladenbesuchern bewusst. Dabei ist es gerade für Betreiber von Shopping-Centern oder großen Kaufhäusern entscheidend zu wissen, wie viele der Besucher tatsächlich Geld ausgeben. Mit Technik ist es möglich zu erfassen, wie lange ein Kunde verschiedene Abteilungen im Kaufhaus besucht. Die Entwicklung wird von der Verbraucherzentrale kritisch beobachtet.

Die Zahl der Besucher wird auf unterschiedlichen Wegen festgestellt. So werde schon seit etwa 20 Jahren mittels Infrarot-Schranke gezählt, wie viele Menschen ein Geschäft betreten, sagt Erik Maier, Professor für Handelsmanagement an der Leipziger Handelshochschule, gegenüber der DPA. Maier geht davon aus, dass alle großen Einkaufszentren in Deutschland die Besucherströme messen. Gerade größere Unternehmen greifen dabei auf neuere Technik wie die genauere Laser-Zählung oder WLAN-Router zurück.

Die Router können erfassen, wie viele Smartphones mit angeschaltetem WLAN versuchen, sich zu verbinden. Das funktioniert über die sogenannte MAC-Adresse, eine eindeutige Gerätenummer. Zwar werden keine anderen Daten übermittelt, doch mit ausreichend Routern lassen sich dennoch Bewegungsprofile der Kunden erstellen, sagt Maier. Zudem sollen diese Informationen ausreichen, um beispielsweise Besucherzahlen im Jahresvergleich gegenüberzustellen.

Kameras bieten mehr Informationen

Einen Schritt weiter als die Zählung mit WLAN-Routern geht die Kundenerkennung mit Kameras: So lassen sich auch Geschlecht und ungefähres Alter der Ladenbesucher erkennen. Manche Systeme können gar die Stimmung der Kunden deuten oder Besuchergruppen und Personal identifizieren. Welche Bereiche im Geschäft besonders beliebt sind, können Verkäufer mit diesen Videosystemen ebenfalls ablesen.

“Das ist aber in deutschen Kaufhäusern verhältnismäßig unüblich”, sagte Maier. Händler bewegen sich mit solchen Videosystemen im Grenzbereich dessen, was datenschutzrechtlich möglich ist. Fraglich sei etwa, ob solche Aufnahmen gespeichert werden dürfen, oder ob Gesichter verpixelt und damit unkenntlich gemacht werden müssen.

Marco Atzberger, Mitglied der Geschäftsführung im Kölner Handelsforschungsinstitut EHI, beobachtet hingegen einen deutlichen Anstieg der Zählungen mit Kameras. Die meisten Geschäfte hätten ohnehin schon eine Videoüberwachung, um sich gegen Diebstahl zu schützen.

Verbraucherzentrale fordert klare Regeln

Die Verbraucherzentrale Sachsen gibt sich nicht mit einer Selbstregulierung der Händler zufrieden, sondern fordert eine transparente und datenschutzfreundliche Regelung in der ePrivacy-Verordnung der Europäischen Union – die allerdings noch immer nicht verabschiedet wurde.

Es müsse sichergestellt werden, dass auch bei der Verfolgung mit WLAN-Routern keine personenbezogenen Daten ohne Einwilligung der Kunden gespeichert werden, teilt Stefanie Siegert, Referentin für Digitales und Energie der Verbraucherzentrale Sachsen, mit. Es könne nicht Aufgabe des Verbrauchers sein, die WLAN-Funktion auszuschalten, um nicht vom Netzwerk eines Kaufhauses erfasst zu werden. Genau das rät allerdings Erik Maier von der Leipziger Handelshochschule: Wer der Datenerfassung im stationären Handel entgehen wolle, soll die automatische Suche nach Netzwerken in den Smartphone-Einstellungen deaktivieren.

Auf Android-Telefonen lässt sich die Option unter “Einstellungen → WLAN → Dreipunkte-Menü → Erweitert” deaktivieren, indem der Schalter “Scannen immer verfügbar” umgelegt wird. Bei iPhones können unter “Einstellungen → WLAN” die beiden Optionen “Auf Netze hinweisen” sowie “Automatisch mit Hotspot verbinden” auf “Nie” gesetzt werden. (dpa / js)