Greenpeace: Illegale Plastikmüllexporte gefährden die Umwelt

Illegale Mülldeponie in Adana
Bereits im vergangenen Jahr hatte Greenpeace illegale Deponien in der Türkei besucht. Seitdem sei das Problem schlimmer geworden. (Quelle: Caner Ozkan / Greenpeace)

Aktuelle Recherchen der Umweltorganisation Greenpeace zeigen, dass schwer oder nicht-recyclebare Plastikabfälle aus Europa illegal in die Türkei exportiert werden. Die Organisation hat zehn wilde Deponien in der Region Adana im Süden der Türkei aufgesucht: Der dort abgeladene Abfall soll überwiegend aus Großbritannien, aber auch aus Deutschland, Polen und anderen EU-Ländern stammen.

In der Region Adana fanden die Greenpeace-Aktivisten Plastikmüll, der illegal am Straßenrand, auf Feldern und in der Nähe von Flüssen abgeladen wurde. Ein Großteil der gefundenen Abfälle sei zuvor geschreddert und in großen Säcken transportiert worden, die Greenpeace auch vor Recycling-Fabriken in Adana gefunden hat. Oftmals habe der Müll in Flammen gestanden oder sei bereits verbrannt gewesen.

Der bei der Verbrennung entstehende Rauch und Staub enthalte gesundheitsschädliche, teils krebserregende Substanzen. Dies gefährde sowohl die Menschen in der Region, als auch Pflanzen und Tiere. Zudem verschmutzten die Abfälle Gewässer, wodurch ganze Ökosysteme gefährdet werden.

Problem hat sich verschlimmert

Bereits im November 2020 hatte Greenpeace über illegale Deponien in Adana berichtet, auf denen nicht-recyclebare Materialien lagen. Darunter auch gepresster Plastikmüll, der offenbar in einer deutschen Recyclinganlage aussortiert worden war. Seitdem habe sich die Situation “deutlich verschlimmert”, die Deponien hätten sich vergrößert.

Dabei gebe es in der Türkei seit Januar 2021 ein Importverbot für gemischte sowie “mechanisch sortierte” Kunststoffe. Dieses zeige bisher jedoch wenig Wirkung: Der Großteil der gefundenen Abfälle stammt aus Großbritannien – auf fast allen Deponien habe aber auch Müll aus Deutschland gelegen.


Deutscher Abfall
Greenpeace hat auch deutschen Abfall auf den Deponien gefunden. (Quelle: Caner Ozkan / Greenpeace)

“Es ist entsetzlich, unser Plastik in brennenden Haufen am Rande der türkischen Straßen zu sehen. Wir müssen aufhören, unseren Plastikmüll in anderen Ländern abzuladen”, sagte Manfred Santen, Greenpeace-Experte für Chemie.

Eigentlich schränkt eine Reform der Basler Konvention den Handel mit Kunststoffabfällen seit Januar 2021 ein: Seit dem Inkrafttreten verstößt der Export von nicht-recycelbaren Abfällen gegen EU- und deutsches Recht. Bisher zeige sich aber, “dass partielle Exportverbote das Plastikproblem nicht an der Wurzel packen, sondern nur in andere Länder verschieben”.

Deutschland exportiert eine Million Tonnen Plastikmüll

Seit China im Jahr 2018 einen Einfuhrstopp für Plastikmüll verhängt hat, werde der meiste Müll nun nach Malaysia, Indonesien und in die Türkei exportiert. Alleine die Türkei importierte im Jahr 2020 insgesamt 13,7 Millionen Tonnen europäischen Mülls. Dieser stammt laut Greenpeace vor allem aus Großbritannien, Belgien, Deutschland, Slowenien und Spanien. Alleine die deutschen Plastikmüllexporte in die Türkei seien zwischen 2016 und 2020 um das Siebenfache gestiegen und lagen im Jahr 2020 bei 136.000 Tonnen. Insgesamt habe Deutschland im vergangenen Jahr rund eine Millionen Tonnen Plastikmüll in andere Länder exportiert. Das ist zulässig, wenn diese Plastikabfälle im Exportland in die Wiederverwertung gehen – Greenpeace fand in der Türkei aber auch einen erheblichen Teil nicht-recyclebarer Materialien auf den Deponien.

Die Wirtschaftswoche hatte Anfang Mai berichtet, dass ein türkisches Recyclingunternehmen mehr als 400 Container mit deutschem Plastikmüll aus dem gelben Sack eingeführt, bisher aber nicht verwertet hatte. Dem Unternehmen wurde das Zertifikat zur Verwertung von Haushaltsabfällen entzogen. Die Behörden könnten nun mindestens 140 Container zurück nach Deutschland senden. Alleine 108 dieser Container stammen laut Wirtschaftswoche vom Berliner Entsorgungsunternehmen Alba . Greenpeace wirft dem Berliner Unternehmen sowie anderen deutschen Recyclern wie Meilo oder Lobbe vor, an “dubiosen Geschäften mit inzwischen bankrotten Exportfirmen beteiligt” zu sein. Der Organisation lägen entsprechende Informationen aus der Recyclingindustrie vor. Greenpeace-Experte Santen kritisiert: “Ein Großteil dieses Mülls ist nicht recycelbar, der Export verstößt gegen geltendes deutsches und europäisches Recht.”

Greenpeace fordert, dass die Bundesregierung den Export von nicht-recycelbaren Abfällen verhindert. Auch die Justiz müsse handeln: Wer wissentlich Plastikmüll an unlizenzierte Deponien liefere, müsse mit “wirksamen Strafen” rechnen. Zudem müsse die “gewaltige Menge an Plastik” reduziert werden: ohne Einwegkunststoffe und mit Mehrwegkonzepten. Greenpeace fordert daher auch ein globales Abkommen, um die Plastikflut einzudämmen. (js)