IEA: Erneuerbare Energien müssen für Klimaziele schneller wachsen

Solarpanelen in China
Die IEA erwartet in den nächsten fünf Jahren mehr Wachstum bei den erneuerbaren Energien als in den vergangenen 100 Jahren. (Quelle: IMAGO / VCG)

Das bisherige Tempo beim Ausbau erneuerbarer Energien reicht aus Sicht der Internationalen Energieagentur (IEA) nicht aus, um die auf der Weltklimakonferenz gesteckten Ziele zu erreichen. Trotz des beispiellosen Wachstums im vergangenen Jahr müssten die Staaten noch mehr tun, um die Kapazität an erneuerbarer Energie bis 2030 wie angestrebt zu erhöhen, teilte die IEA am Donnerstag mit.

Die nun veröffentlichte Analyse prognostiziert den Einsatz erneuerbarer Energien in den Bereichen Strom, Verkehr und Wärme bis zum Jahr 2028. Dazu haben die Expertinnen und Experten auch die wichtigsten Herausforderungen identifiziert, die einem schnelleren Wachstum im Weg stehen könnten.

Auf der Weltklimakonferenz (COP28) im Dezember in Dubai hatten sich zahlreiche Staaten dem Vorhaben angeschlossen, ihre Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen bis 2030 zu verdreifachen. Der Ausbau erneuerbarer Energiekapazitäten legte laut IEA-Daten 2023 im Vergleich zum Vorjahr weltweit um 50 Prozent auf fast 510 Gigawatt (GW) zu, wobei drei Viertel des Wachstums auf die Photovoltaik entfielen.

Der eingeschlagene politische Kurs sowie die Marktbedingungen ermöglichen aktuell ein Wachstum erneuerbarer Energiequellen bis 2030 um das Zweieinhalbfache, so die IEA. “Das ist noch nicht genug, um das COP28-Ziel der Verdreifachung der erneuerbaren Energien zu erreichen, aber wir kommen dem Ziel näher – und die Regierungen haben die nötigen Instrumente, um die Lücke zu schließen”, sagte IEA-Direktor Fatih Birol.

Solar- und Windenergie seien heute günstiger als neue fossile Kraftwerke, und erneuerbare Energien würden Kohle als wichtigste Stromquelle 2025 ablösen. 2023 hätten bereits drei Viertel der neuen Wind- und Photovoltaikanlagen Strom günstiger erzeugt als bestehende Anlagen für fossile Brennstoffe.

China gibt Takt vor

Das größte Wachstum gab es demnach in China, das 2023 so viel Photovoltaikanlagen in Betrieb nahm wie die gesamte Welt im Jahr 2022. Der Ausbau von Windenergie in China legte im Vergleich zum Vorjahr um 66 Prozent zu. Die IEA geht davon, dass das Land seine eigenen Ausbauziele für Wind- und Photovoltaikanlagen für 2030 bereits dieses Jahr erreichen wird, also sechs Jahre früher als geplant.

Unterstützend hätten in den vergangenen Jahren staatliche Subventionen gewirkt. Doch obwohl diese 2021 ausgelaufen seien, beschleunige sich der Einsatz von Onshore-Wind- und Photovoltaikanlagen weiter. Die Technologien seien wirtschaftlich attraktiv und die politischen Rahmenbedingungen unterstützten die Entwicklung.

60 Prozent der bis 2028 neu in Betrieb genommenen erneuerbaren Energien weltweit werden der IEA-Prognose zufolge in China stehen. Im Zeitraum 2023 bis 2028 werde China fast viermal mehr erneuerbare Energien neu bereitstellen als die Europäische Union und fünfmal mehr als die Vereinigten Staaten.

Energiepreise erzeugen Druck

Auch in Europa, den USA und Brasilien erreichte der Ausbau der erneuerbaren Energien 2023 Höchststände. In diesen Regionen soll sich der Zubau von Onshore-Wind- und Photovoltaik-Anlagen bis 2028 mehr als verdoppeln im Vergleich zu den vergangenen fünf Jahren. Hauptgründe seien ein unterstützendes politisches Umfeld und zunehmende wirtschaftliche Attraktivität.

In der Europäischen Union und in Brasilien würde das Wachstum bei Photovoltaikanlagen auf Dächern voraussichtlich das Wachstum bei Großanlagen übertreffen. Denn Privat- und Gewerbekunden versuchten dadurch – angesichts der hohen Preise – ihre Stromrechnungen zu reduzieren.

In den USA hätten kurzfristige Lieferkettenprobleme und Handelsbedenken zwar den Ausbau gefährdet, doch hätte der Inflation Reduction Act schlussendlich als “Katalysator für beschleunigte Zuwächse” gewirkt.

Für Indien prognostiziert die IEA künftig ebenfalls ein beschleunigtes Wachstum bei den erneuerbaren Energien, ebenso wie im Mittleren Osten und Nordafrika, wo politische Anreize wirken würden. Südlich der Sahara sei das Wachstum der erneuerbaren Energien allerdings noch unterdurchschnittlich.

Unterstützung der Entwicklungsländer ausschlaggebend

Die wichtigste Herausforderung für die internationale Gemeinschaft sei, die Finanzierung und den Einsatz erneuerbarer Energien in vielen der Schwellen- und Entwicklungsländer voranzutreiben, die bei der Energiewende noch im Rückstand seien.

Davon werde abhängen, ob das Ziel der Klimakonferenz erreicht werden kann. Derzeit entfielen fast 90 Prozent der weltweiten erneuerbaren Energiekapazitäten auf die Länder der G20. Sie können zwar in erheblichem Maße dazu beitragen, die weltweiten Ausbauziele bis 2030 zu erreichen, doch müsse sich auch die Zahl der Neuinstallationen in anderen Ländern beschleunigen. Zu ihnen zählen viele Schwellen- und Entwicklungsländer. Einige hätten bislang keine Ziele für erneuerbare Energien festgelegt oder keine Politik, die dies vorantreibe.

Was sich ändern muss

Die Probleme, die Länder in den Griff bekommen müssten, um den Ausbau weiter zu steigern, unterscheiden sich laut Bericht von Staat zu Staat. Allerdings könnten sie in vier Überkategorien eingeordnet werden: politische Unsicherheiten und verzögerte politische Reaktionen auf das neue makroökonomische Umfeld; unzureichende Investitionen in die Netzinfrastruktur, die einen schnelleren Ausbau erneuerbarer Energien verhindern; umständliche administrative Hürden und Genehmigungsverfahren sowie Fragen der sozialen Akzeptanz und zuletzt unzureichende Finanzierung in Schwellen- und Entwicklungsländern. Der richtige politische Umgang mit diesen Hürden, würde es nach Ansicht der IEA ermöglichen, das Wachstum der erneuerbaren Energien um fast 21 Prozent weiter zu steigern.

Die Entwicklung von “grünem” Wasserstoff hinke derzeit aber noch deutlich hinter den Ankündigungen her, so Birol. Von allen in diesem Jahrzehnt angekündigten Projekten zur Nutzung erneuerbarer Energien zur Wasserstofferzeugung würden voraussichtlich nur sieben Prozent bis 2030 ans Netz gehen. (dpa / hcz)