Keine Kennzeichnungspflicht mehr für unbezahlte Influencer-Werbung

Influencer
Bei vielen “Influencern” ist es schwer festzustellen, wo die Werbung aufhört und das Privatleben anfängt.

Sogenannte Influencerinnen und Influencer sollen künftig Marken nennen dürfen, ohne ihre Beiträge als Werbung markieren zu müssen. Voraussetzung wird sein, dass sie nicht für die Werbung bezahlt wurden oder andere Gegenleistungen erhalten haben.

Aktuell markieren zahlreiche “Influencer” präventiv alle ihre Beiträge, in denen eine Marke genannt wird, als Werbung – auch wenn nicht immer mit Sicherheit feststeht, ob sie dies im jeweiligen Fall tun müssten. Das Bundesjustizministerium will mit dem “Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht” nun Rechtssicherheit schaffen. Aus dem Bundesjustizministerium hieß es zur Verabschiedung des Gesetzes durch das Kabinett: “Influencer und Bloggerinnen bekommen endlich mehr Rechtssicherheit. […] Und auch Verbraucherinnen und Verbraucher wissen dann, woran sie sind: Sie können besser einschätzen, wie eine Empfehlung zustande gekommen ist – und ob sie ihr vertrauen wollen.”

Die Arbeit eines “Influencers”

“Influencer” veröffentlichen in den sozialen Netzwerken Videos und Fotos. Sie können in der Regel eine große Menge Follower vorweisen, die sie erreichen – oftmals Jugendliche. Firmen machen sich dies für ihre Werbung zu Nutze und bezahlen “Influencer” dafür, dass sie Produkte präsentieren, bewerben oder einfach nur nutzen. Auch Entlohnung mit Gratis-Produkten oder Dienstleistungen wie Reisen ist üblich. Allerdings tauchen bei einigen “Influencern” auch Marken in Beiträgen auf, ohne dass sie dafür eine Gegenleistung erhalten. Diese Inhalte werden momentan meist ebenfalls als Werbung markiert.

Gegenteilige Gerichtsurteile

In der Vergangenheit waren Gerichtsurteile zu der Frage, welche Beiträge als Werbung markiert werden müssen, ganz unterschiedlich ausgefallen. Der “Verband Sozialer Wettbewerb” (VSW), dem auch mehrere Verlage angehören, hatte wegen angeblicher Schleichwerbung unter anderem gegen die “Fitness-Influencerin” Pamela Reif und die “Influencerin” und Moderatorin Cathy Hummels geklagt.

Im Fall Hummels entschied das Oberlandesgericht München, dass die Angeklagte keine Schleichwerbung auf ihrem Instagram-Kanal betrieben habe und die beanstandeten Posts nicht als Werbung hätte markieren müssen. Die Begründung: Hummels habe keine Gegenleistung von den Unternehmen bekommen. Allerdings stellte das Gericht fest, dass sie beim Veröffentlichen solcher Inhalte dennoch in kommerzieller Absicht handele. Das sei für Nutzer aber schon anhand der hohen Follower-Anzahl von rund 350.000 ersichtlich. Der VSW hatte beanstandet, Hummels Beiträge würden “den Eindruck erwecken, dass die Beklagte einen Einblick in ihr Privatleben gewährt”.

Die “Influencerin” Pamela Reif hatte hingegen wiederholt vor Gerichten in Karlsruhe verloren. Ihr wurde verboten, auf ihren Fotos Tags zu Marken zu setzen, ohne diese Beiträge als Werbung zu kennzeichnen. Das Gericht argumentierte, beim Instagram-Auftritt einer derart bekannten Person wie Reif könne nicht mehr zwischen privat und geschäftlich unterschieden werden. “Wer sich entscheidet, mit Instagram Geld zu verdienen, dem ist die Möglichkeit genommen, dort privat unterwegs zu sein”, begründete der Richter das Urteil. Reif folgen mehr als sechs Millionen Nutzer auf Instagram.

“Influencer-Gesetz” seit 2019 geplant

Der aktuelle Gesetzentwurf sieht vor, dass die Beweislast auf Seiten der “Influencer” liegt. Sie müssen also im Zweifelsfall beweisen, dass sie keine Gegenleistung erhalten haben und beispielsweise einen Kaufbeleg vorlegen. Dennoch war die Freude über den Gesetzentwurf in den sozialen Medien groß. Social-Media-Star Vanezia Blum erklärte beispielsweise auf Instagram: “Ich warte seit vier Jahren darauf, dass endlich mehr Rechtssicherheit im Internet herrscht und endlich ein Gesetzesentwurf vorliegt und auch beschlossen wird”. Influencerin Cathy Hummels erklärte dem Sender RTL: “Ich freu mich einfach für alle, die Instagram beruflich nutzen und ich freue mich über die neue Transparenz, die wir dadurch gewonnen haben.”

Das Justizministerium hatte laut Tagesschau schon seit Mitte 2019 an dem neuen Influencergesetz gearbeitet. Zunächst fehlte aber ein Passus zu später ausbezahlten Entlohnungen oder Gegenleistungen. Das rief Kritiker auf den Plan. Der aktuelle Entwurf wurde in diesem Punkt nachgeschärft und entspricht in großen Teilen dem Leitfaden für “Werbekennzeichnung bei Social-Media-Angeboten” der Landesmedienanstalten.

Gegen Fake-Bewertungen

Außer den neuen Werberegeln enthält der Gesetzentwurf auch neue Pflichten für die Betreiber von Online-Marktplätzen. Diese sollen offenlegen müssen, ob es sich bei den Verkäufern auf ihrer Plattform um Unternehmen oder Privatanbieter handelt. Bietet eine Plattform den Vergleich mehrerer Anbieter von Waren oder Dienstleistungen an, muss ersichtlich sein, wie das angebotene Ranking zustande kommt und nach welchen Kriterien geurteilt wurde.

Um irreführenden Verbraucherbewertungen entgegenzuwirken, sollen Plattformen außerdem erklären müssen, ob und wie sie sicherstellen, dass die Bewertungen tatsächlich von Verbraucherinnen und Verbrauchern stammen.

Der Gesetzentwurf wurde am 20. Januar vom Bundeskabinett beschlossen. Nun wird der Bundestag darüber beraten. Sollte das Gesetz beschlossen werden, wird es ab März 2022 in Kraft treten. (hcz)