Klimaanpassungsgesetz tritt in Kraft

Klimaanpassung
Auch mit dem neuen Gesetz bleiben viele Unsicherheiten bei der Klimaanpassung. (Quelle: VDI Verein Deutscher Ingenieure)

Das Gesetz zur Klimaanpassung, das im November 2023 verabschiedet wurde, ist am Montag in Kraft getreten. Es verpflichtet Bund, Länder und Kommunen zu verbindlichen Klimaanpassungsstrategien und -maßnahmen. Das Gesetz enthält keine konkreten Maßnahmen zur Anpassung, sondern verpflichtet die Bundesregierung, eine “vorsorgende Klimaanpassungsstrategie” vorzulegen und umzusetzen.

In der Strategie sollen dann Maßnahmen benannt werden, die sieben Handlungsfelder berücksichtigen. Dazu zählen etwa Infrastruktur, Land und Landnutzung sowie Stadtentwicklung, Raumplanung und Bevölkerungsschutz. An der Formulierung der Strategie sollen auch die Öffentlichkeit, Länder und Verbände mitarbeiten können. Sie soll alle vier Jahre “unter Berücksichtigung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse” aktualisiert und schrittweise umgesetzt werden – ähnlich wie die Ziele zur Treibhausgasminderung.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace betrachtet das Klimaanpassungsgesetz als “essentielles Werkzeug, um unsere natürlichen Lebensgrundlagen angesichts der sich verschärfenden Klimakrise zu sichern”, hieß es in einer Stellungnahme gegenüber Posteo.

Auch Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH) begrüßte gegenüber Posteo das neue Gesetz. Es käme zur rechten Zeit, sagte er. “Allerdings darf es nicht dabei bleiben, dass nur geplant wird. Sonst findet Klimaanpassung einzig auf dem Papier statt.”

Aufgaben der Länder

Bis Ende dieses Jahres soll die Strategie der Regierung laut Bundesumweltministerium stehen – die gesetzlich festgelegte Frist endet am 30. September 2025. Darin sollen dem Gesetz zufolge auch messbare Ziele festgelegt werden, die mittels eines regelmäßigen Monitorings überprüft werden. Auch muss die Bundesregierung regelmäßig Daten dazu erheben und veröffentlichen, welche finanziellen Schäden durch Wetterextreme entstanden sind und wie viel der Bund für Klimaanpassungen ausgegeben hat. Eine “Klimarisikoanalyse” soll mindestens alle acht Jahre erstellt werden und als Grundlage für Maßnahmenplanungen dienen.

Die Strategie soll ebenfalls Maßnahmen-Empfehlungen für die einzelnen Bundesländer enthalten. Diese müssen bis Ende Januar 2027 eigene Klimaanpassungsstrategien vorlegen und alle fünf Jahre aktualisieren. Auf kommunaler und Landes-Ebene sind sie zu Risikoanalysen verpflichtet, um passende Konzepte aufzustellen. Die Länder müssen dem Bund berichten, in welchem Umfang in den Gemeinden und Kreisen entsprechende Konzepte vorliegen.

Das Gesetz enthält ein sogenanntes Berücksichtigungsgebot. Es soll dafür sorgen, dass öffentliche Stellen bei ihren Plänen und Entscheidungen stets den Klimaschutz und die bereits eingetretenen und zukünftig zu erwartenden Auswirkungen des Klimawandels beachten. Träger öffentlicher Aufgaben sollen etwa darauf hinwirken, dass bereits versiegelte Böden nach Möglichkeit wieder entsiegelt werden.

Da die Länder zum Großteil für Klimaanpassung verantwortlich sind, kann die Bundesregierung mit ihrer Strategie nur einen Rahmen vorgeben. Für Straßen, Kanalisation, öffentliche Gebäude oder Krankenhäuser sind in vielen Fällen die Kommunen zuständig und müssen konkrete Maßnahmen ergreifen.

Renaturierung und Kühlung der Städte gefordert

Sowohl Greenpeace als auch die DUH haben bereits Forderungen, welche Maßnahmen die kommende Strategie enthalten soll: Greenpeace plädiert unter anderem dafür, Flächen zu entsiegeln und Städte in sogenannte Schwammstädte zu verwandeln, um die Widerstandsfähigkeit gegen Starkregen zu erhöhen. Die DUH fordert unter anderem Investitionen in den Katastrophenschutz, die Renaturierung von Flussauen und den Bau schattenspendender Grünanlagen in Städten.

Auch der Verband Deutscher Ingenieure hat sich am Montag zu dem Klimaanpassungsgesetz geäußert. “Es ist Zeit zu handeln und zu standardisieren”, forderte VDI-Experte Matthias Rau. Er wies darauf hin, dass Städte aufgrund des hohen Maßes an Bodenversiegelungen und dichter Bebauung von den Auswirkungen des Klimawandels besonders betroffen sind. Deswegen schlägt der VDI vor, für mehr Durchlüftung und Kühlung urbaner Bereiche zu sorgen und sogenannte Frischluftschneisen zu erhalten und anzulegen.

Zudem könnten mehr Grünflächen und Alleen die Verdunstung erhöhen und für Abkühlung sorgen, so der VDI. Auch Fassaden und Dächer könnten begrünt werden und dadurch Gebäude kühlen. Verschattungssysteme reduzierten die Sonneneinstrahlung und trügen ebenfalls zur Abkühlung bei.

Finanzierung ungeklärt

Einer der Streitpunkte rund um das neue Gesetz bleibt die Finanzierung der Maßnahmen – und zu welchen Anteilen Bund und Länder die Kosten tragen werden. Auch Expertinnen und Experten hatten dies bemängelt, als sie im Umweltausschuss des Bundestags im Vorfeld der Abstimmung angehört wurden. Ein Vorschlag bestand darin, die Klimaanpassung als Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Kommunen im Grundgesetz zu verankern.

Gemeinschaftsaufgabe bedeutet, dass Bund und Länder sich dauerhaft gemeinsam an der Finanzierung einer Aufgabe beteiligen – analog dem Agrar- und Küstenschutz und der Stärkung der regionalen Wirtschaftsstruktur, die in Artikel 91a des Grundgesetzes verankert sind. Berichten zufolge zeige sich die Unionsfraktion im Bundestag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund offen für eine Änderung des Grundgesetzes zur Finanzierung von Klimavorsorge-Maßnahmen. Ob die benötigte Zweidrittelmehrheit für die Änderung des Grundgesetzes in Bundestag und Bundesrat erreicht werden kann, ist derzeit ungewiss.

Kosten der Untätigkeit

Eine Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Klimaschutz hatte im Mai 2023 prognostiziert, dass die Folgen des Klimawandels Deutschland bis zum Jahr 2050 bis zu 900 Milliarden Euro kosten werden. Zwischen den Jahren 2000 und 2021 sind demnach bereits Folgeschäden in Höhe von 145 Milliarden Euro entstanden. Kosten für gesundheitliche Beeinträchtigungen, Todesfälle, die Belastung der Ökosysteme, den Verlust von Artenvielfalt und eine schlechtere Lebensqualität wurden in der Studie nicht berücksichtigt.

Die höchsten Kosten verursachen der Untersuchung zufolge Flusshochwasser und Überschwemmungen. Hiervon waren neben Verkehr und Gebäuden auch Industrie und Lieferketten betroffen; dort entstanden seit dem Jahr 2000 Schäden von mindestens 70 Milliarden Euro. Die Flut im Ahrtal und der Erft im Juli 2021 sei mit 40,5 Milliarden Euro das Extremwetterereignis gewesen, das bislang die größten Schäden in der Geschichte Deutschlands nach sich zog. Rein statistisch müsse diese Summe künftig pro Jahr einberechnet werden, hatte die Bundesregierung anlässlich der Veröffentlichung der Studie erklärt.

Zu den Folgen von Hitze und Dürre würden weniger Untersuchungen vorliegen, da sie laut Bericht häufig unterschätzt werden. Schätzungen belaufen sich auf etwa 35 Milliarden Euro an Schäden in den Jahren 2018 und 2019. (hcz)