Klimakrise: In Nordamerika häufen sich Wetterextreme
Anfang Juli wurde global gesehen der heißeste Tag der Geschichte gemessen – und das gleich vier Mal hintereinander. Nordamerika erlebt dabei schon seit Monaten beispielloses Extremwetter. Derzeit sind mindestens 93 Millionen Menschen in der Region von Hitze betroffen. Der US-Wetterdienst NOAA veröffentlicht derzeit regelmäßig Warnungen vor den anhaltend hohen Temperaturen. “Dies ist das Ergebnis eines Hochdruckrückens über dem Südwesten der USA, der sich im Laufe des Wochenendes verstärken wird”, hieß es.
Hitze, Rauchschwaden und Badewannenwasser
US-Medien sprechen von einer Hitzeglocke. NOAA zufolge soll sie auch im weiteren Wochenverlauf bestehen bleiben: Für Texas und Südflorida wird weiterhin “rekordverdächtige Hitze” vorhergesagt. Auch an der Golfküste und im Mittleren Süden seien unangenehm hohe Temperaturen zu erwarten, die mit “erdrückend hoher” Luftfeuchtigkeit einhergingen. Diese Kombination führe zu gefühlten Temperaturen von 40 bis 46 Grad Celsius.
Im Süden Floridas ist die Wassertemperatur auf über 32 Grad gestiegen – und gefährdet das Überleben der Korallen in der Region nun akut. Brian McNoldy, Klimaforscher an der Universität in Miami erklärte gegenüber dem US-Nachrichtensender WBUR: “Die Wassertemperatur in den Florida Keys und im Südosten Floridas ist heißer, als je zuvor zu irgendeiner Jahreszeit gemessen wurde, und sie liegt noch nicht einmal in der Nähe der zuvor gemessenen Höchsttemperaturen.”
Auch in Kanada wird in diesem Jahr voraussichtlich ein trauriger Rekord aufgestellt: Das Land leidet unter der schlimmsten Waldbrand-Saison seiner Geschichte. Den Behörden zufolge sind bereits 100.000 Quadratkilometer Wald und andere Landschaften abgebrannt – eine Fläche größer als Ungarn. Aktuell sind mehr als 900 Feuer gleichzeitig aktiv – fast zwei Drittel davon sind als “außer Kontrolle” eingestuft.
Rekordhitze und Rekordtrockenheit sorgen nicht nur für Feuer, sondern auch seit Monaten für apokalyptische Bilder: Im Juni lag New York City immer wieder in dichtem Rauch. Der Luftverschmutzungsgrad war in der ersten Juniwoche so hoch, dass die Bevölkerung aufgefordert wurde, sich in Innenräumen aufzuhalten, der Flugverkehr war eingeschränkt.
Aktuell wurden für die nördlichen High Plains, den Mittleren Westen, die Großen Seen, den südlichen Mittelatlantik und den Nordosten des Landes, wo die Rauchkonzentrationen ebenfalls besonders hoch sind, Luftqualitätswarnungen ausgegeben. NOAA rechnet damit, dass der Rauch noch bis Mitte der Woche in den USA zu sehen sein.
Der Klimawandel ist da
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind sich über den Zusammenhang der jüngsten Wetterphänomene mit der Klimakrise einig. “All das steht vollkommen im Einklang mit dem, was die Erderwärmung durch Treibhausgase bewirkt. Und das steht im Einklang mit den Trends, die wir erwarten”, sagte Ben Zaitchik, Professor an der Johns Hopkins University.
Kirsten Thonicke vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung bringt das Ausmaß der kanadischen Waldbrände ebenfalls in direkten Zusammenhang mit der fortschreitenden Klimakrise: “Der Winter in Kanada war zu trocken, das Frühjahr zu warm; in den arktischen Gebieten verstärkt sich die Wirkung des Klimawandels, hier war es viel zu warm”, erklärt sie. Teilweise seien schon im Frühjahr über 30 Grad in Städten wie Toronto gemessen worden – 18 Grad wärmer als normal.
“Die Ursache dafür ist ein beständiges Hochdruckgebiet, welches warme und trockene Luft in die Region brachte. Mit zunehmendem Klimawandel werden diese Wetterkonstellationen immer stabiler, diese Situationen halten also immer länger an”, so Thonicke weiter. Ökologisch seien die Megafeuer jedenfalls eine Katastrophe und gefährdeten die Erholungsfähigkeit der betroffenen Wälder und Tundragebiete.
Die Untätigkeit wird teuer
Derweil steigen mit jedem Jahr die Schäden, die durch Wetter- und Klimakatastrophen anfallen. Offiziellen Angaben zufolge waren es im Jahr 2022 allein in den USA 176 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Der Durchschnittswert pro Jahr von 1980 bis heute liegt bei 58,5 Milliarden.
In New York trat zuletzt ein immer verzweifelter wirkender UN-Generalsekretär vor die Kameras. António Guterres hat den Kampf gegen die Klimakrise zu seinem zentralen Anliegen gemacht. Er predigt immer wieder, dass alle Länder ihre Anstrengungen deutlich verstärken müssten, um eine Reduzierung der Emissionen um 45 Prozent bis zum Ende des Jahrzehnts zu erreichen.
Und während Staaten noch immer um Kompromisse für die Zukunft ringen und radikale Maßnahmen außer Reichweite sind, zog Guterres vor einigen Tagen einen ebenso nüchternen wie schockierenden Schluss: “Die Situation, die wir derzeit erleben, ist ein Beweis dafür, dass der Klimawandel außer Kontrolle geraten ist.” (dpa / hcz)