Meta: Kritik an Abkehr von unabhängigen Faktenchecks

Ankündigungsvideo von Zuckerberg auf einem Smartphone neben dem Meta-Logo
Seit 2016 arbeitet Meta mit externen Faktenprüfern zusammen. (Quelle: IMAGO / ZUMA Press Wire)

Meta verzichtet in den USA künftig auf unabhängige Faktenchecks und führt auf Facebook, Instagram und Threads sogenannte “Community Notes” ein. Auch die Richtlinien für Inhalte auf den Plattformen werden teils geändert. Experten warnen vor einer Welle von Desinformationen und Hassrede.

Wie Konzern-Chef Mark Zuckerberg am Dienstag ankündigte, sollen die unabhängigen Faktenprüfungen von externen Partnern durch sogenannte “Community Notes” ersetzt werden. Nutzerinnen und Nutzer können hierbei Kontext zu “potenziell irreführenden” Beiträgen hinzufügen. Meta orientiert sich dabei an der ehemals als Twitter bekannten Plattform X. Dort wurden diese Hinweise nach der Übernahme durch den Milliardär Elon Musk eingeführt – der viele Moderations-Teams entlassen hatte. X steht in der Kritik, inzwischen vermehrt Hassrede und beispielsweise rechtsextreme Inhalte zuzulassen.

Auf den Meta-Plattformen sollen die sogenannten “Community Notes” in den kommenden Monaten eingeführt werden. Die Hinweise auf Zusatzinformationen sollen dann ebenfalls weniger präsent sein: Bisher muss bei von Faktenprüfern markierten Beiträgen erst ein Hinweis weggeklickt werden, um den eigentlichen Beitrag zu sehen. Künftig soll nur noch darauf hingewiesen werden, dass zusätzliche Informationen vorhanden sind. Diese müssen dann extra aufgerufen werden.

Zuckerberg kündigte zudem an, in den kommenden Wochen Beschränkungen für Inhalte zu bestimmten Themen wie Migration aufzuheben.

Bei der Durchsetzung von Regeln stehen ebenfalls Änderungen an: Automatisierte Moderationssysteme sollen künftig nur noch bei “illegalen Inhalten und schwerwiegenden Verstößen” eingreifen – dabei ginge es beispielsweise um Terrorismus und Drogen. Bei “weniger schwerwiegenden Verstößen” gegen die Richtlinien sollen Beiträge künftig erst nach Nutzerbeschwerden geprüft werden.

Jahrelange Zusammenarbeit mit Faktenprüfern

Meta hatte Ende 2016 unabhängige Faktenchecks eingeführt. Nach der damaligen Wahl von Donald Trump war das Unternehmen unter Druck geraten, wegen seiner Rolle bei der Verbreitung von Falschnachrichten – und hatte daraufhin die Zusammenarbeit mit renommierten externen Faktencheckern aufgenommen. Darunter war beispielsweise die Nachrichtenagentur Associated Press, die ihre Zusammenarbeit mit Facebook vor einem Jahr beendet hat.

Laut einem Bericht des US-Magazins Wired wurden die jetzigen US-Partner nicht vorgewarnt – und erfuhren von der Beendigung der Zusammenarbeit erst durch Zuckerbergs Ankündigung am Dienstag.

US-Medien wie die New York Times werten die Ankündigung als “deutliches Signal” einer Neupositionierung des Unternehmens vor dem erneuten Amtsantritt von Donald Trump Ende Januar als Präsident der USA. Obwohl die Faktencheck-Partner wiederholt erklärt hatten, Behauptungen aus unterschiedlichen politischen Lagern zu überprüfen, hatten Republikaner in den USA behauptet, soziale Netzwerke würden “konservative Stimmen” angeblich zensieren. Der republikanische Senator Rand Paul aus Kentucky schrieb in einer Stellungnahme, Meta gebe Zensur nun endlich zu. Es handle sich um “einen großen Sieg für die Meinungsfreiheit”.

Meta hatte erst in den vergangenen Tagen den Republikaner Joel Kaplan sowie den Trump-Vertrauten Dana White in den Vorstand berufen. Bei seiner Ankündigung am Dienstag sprach auch Zuckerberg von angeblicher “Zensur” in Folge der bisherigen Faktenchecks auf den Meta-Plattformen.

Eine Aussage, die Neil Brown vom Poynter Institute scharf kritisiert. Das Institut hat im Jahr 2015 das “International Fact-Checking Network” gegründet und betreibt mit PolitiFact selbst einen Faktencheck-Dienst, der auch für Meta arbeitet. Brown sagte, Meta-Chef Zuckerberg verfestige mit seiner Äußerung ein bestehendes Missverständnis zum Facebook-Faktencheckprogramm. “Fakten sind keine Zensur. Faktenchecker haben nie etwas zensiert”, konstatierte Brown. Meta habe außerdem immer “die Karten in der Hand gehalten”. Denn laut Poynter Institute hat stets Facebook die Entscheidung getroffen, ob Inhalte entfernt werden oder nicht – nicht die externen Faktenprüfer.

Brown fordert, es müsse damit aufgehört werden, “die Rolle von Journalisten und Faktenprüfern mit hetzerischen und falschen Begriffen” zu beschreiben.

Kritik an Richtungswechsel

Die Menschenrechtsorganisation Article 19 kritisierte, Mark Zuckerberg versuche die Änderungen als Schutz der Meinungsfreiheit darzustellen – in Wahrheit offenbare das Unternehmen aber eine beunruhigende Bereitschaft, sich einer politischen Agenda unterzuordnen. Die Organisation fürchtet negative Auswirkungen auf die Sicherheit von Nutzerinnen und Nutzer und kritisiert, Meta stelle Unternehmensinteressen über die Achtung der Menschenrechte.

Der deutsche Netzpolitik-Journalist Markus Beckedahl sprach von einem “Kniefall” vor den Republikanern.

Warnung vor mehr Falschinformationen

Experten warnen zudem vor den Folgen der geplanten Änderungen. Alex Mahadevan vom Poynter Institute sagte gegenüber der New York Times, er erwarte, dass die Einführung der “Community Notes” ein “spektakulärer Fehlschlag” sein werde.

Valerie Wirtschafter von der Denkfabrik Brookings Insitution sagte der Zeitung, die “Community Notes” könnten zwar ein Teil des Puzzles sein – aber sie könnten nicht als Gesamtlösung gesehen werden.

Imran Ahmed, Chef der Organisation Center for Countering Digital Hate, kritisierte, Meta beschleunige die Verbreitung von Lügen und Hass.

Auch die US-Verbraucherschutzorganisation Public Citizen bezeichnete das Ende der Faktenchecks als “falsch und gefährlich”. Falschinformationen würden sich auf den Meta-Plattformen künftig noch weiter verbreiten.

Nicole Gill von der Organisation Accountable Tech warnte, die externen Faktenchecks abzuschaffen, werde zu einer Welle von Hass, Desinformationen und Verschwörungstheorien auf den Plattformen führen – die auch zu Gewalt in der realen Welt anregen könne.

Vorerst nur in den USA

Auch außerhalb der USA arbeitet Meta mit externen Faktenprüfern zusammen. In Deutschland zählen beispielsweise eine Tochterfirma der Nachrichtenagentur dpa und das Medienunternehmen Correctiv zu den Partnern.

In Europa soll diese Zusammenarbeit offenbar auch fortgesetzt werden. Meta stellte gegenüber der Nachrichtenseite Politico klar, es gebe keine Pläne, die Faktenüberprüfung in der EU einzustellen. Bevor Änderungen an der Moderation von Inhalten vorgenommen würden, werde Meta seine Verpflichtungen in der EU prüfen. (js)