Meta verklagt Überwachungsfirma wegen Fake-Profilen
Der Social-Media-Konzern Meta hat am Donnerstag vor einem Bundesgericht in Kalifornien Klage gegen das britische Unternehmen Voyager Labs eingereicht. Der Überwachungsfirma wird vorgeworfen, auf verschiedenen Social-Media-Plattformen zehntausende Fake-Accounts angelegt zu haben, um große Mengen öffentlich verfügbare Informationen über Nutzerinnen und Nutzer zu sammeln.
Vor Gericht möchte Meta erreichen, dass Voyager Labs die Nutzung von Facebook und Instagram verboten wird. Die Firma soll mithilfe der Accounts und einer hauseigenen Überwachungssoftware sogenanntes Scraping und Data-Mining betrieben haben. Das massenhafte, automatisierte Abgreifen von Daten verstößt nach Ansicht von Meta gegen die Nutzungsbedingungen der Plattformen.
Außer Schadenersatz fordert der Plattformbetreiber, dass Voyager Labs den Speicherort aller von Facebook und Instagram gesammelten Daten preisgibt und diese löscht. Die Überwachungsfirma soll auch alle Stellen nennen, mit denen die Daten geteilt wurden – also seine Kundschaft offenlegen.
In den Gerichtsdokumenten ist zu lesen, Voyager Labs habe zwischen Juli und September 2022 allein bei Facebook über 38.000 gefälschte Profile angelegt und über diese Informationen über 600.000 Nutzerinnen und Nutzern der Plattform abgegriffen.
Auch YouTube, Twitter & Co. betroffen
Mit Einreichung der Klage hat Meta die von Voyager Labs betriebenen Konten deaktiviert, teilte der Konzern in einem Blog-Eintrag am Donnerstag mit. Das Überwachungsunternehmen habe zudem Profile bei Twitter, YouTube, LinkedIn and Telegram angelegt, um auch dort Daten zu sammeln.
“Voyager hat seine Scraping-Software so konzipiert, dass sie gefälschte Konten verwendet, um Daten abzugreifen, auf die ein Nutzer Zugriff hat, wenn er bei Facebook angemeldet ist, einschließlich Profilinformationen, Beiträge, Freundeslisten, Fotos und Kommentare”, erklärte Meta. Die gesammelten Daten habe Voyager Labs gewinnbringend verkauft. Die Firma nutze Computer und Netzwerke in verschiedenen Ländern, um seine Aktivitäten zu verbergen, auch vor den Kontrollen durch Meta.
Ermittlungshelfer oder Komplize?
Voyager Labs beschreibt sich selbst als “Anbieter von KI-basierten Ermittlungslösungen”. Auf der Unternehmensseite ist zu lesen: “Unsere firmeneigene KI-Technologie ermöglicht es Ermittlern, riesige Mengen an nachrichtendienstlichen Informationen sowie offene, tiefe und dunkle Webdaten zu analysieren, Inhalte und menschliche Interaktionen zu verstehen und versteckte oder unbekannte Verbindungen und Beziehungen zu finden.”
Meta bezeichnet den Dienst hingegen als “Scraping-Dienst zum Mieten” und kritisiert: “Unternehmen wie Voyager sind Teil einer Branche, die Scraping-Dienste für jedermann anbietet, unabhängig davon, auf welche Nutzer sie abzielen und zu welchem Zweck, einschließlich der Erstellung von Profilen für kriminelles Verhalten.” Die Weise, wie die Daten gesammelt werden, könne Bürgerrechte verletzen.
Zusammenarbeit mit US-Polizei
Meta hatte Voyager Labs bereits 2021 dazu aufgefordert, das Srapen von Daten zu unterlassen. Zuvor war bekannt geworden, dass im Jahr 2019auch die Polizei von Los Angeles (LAPD) die Dienste von Voyager Labs genutzt hatte.
Die von der Polizei getestete Software wandte genau die Methoden an, die Meta nun in seiner Klage anprangert – mithilfe fingierter Social-Media-Konten konnten die Beamten Aktivitäten von Personen untersuchen und deren Kontaktnetze durchleuchten.
Kritik erregte die Kooperation unter anderem deswegen, weil auch Aktivitäten befreundeter Nutzerkonten bei den Ermittlungen erfasst wurden, auch wenn gegen deren Besitzer nicht ermittelt wurde. Außerdem sollte die Software nicht nur dabei helfen, bereits verübte Straftaten aufzuklären. Voyager Labs behauptete auch, die Software könne Personen identifizieren, die eventuell zukünftig Verbrechen begehen werden.
Auch versprach der Hersteller, das Programm könne politische, religiöse und extremistische Überzeugungen erkennen. Die Bürgerrechtsorganisation Brennan Center for Justice äußerte Ende 2021 Zweifel an der Zuverlässigkeit und warnte vor einer Diskriminierung von Muslimen und anderer marginalisierter Gruppen. Aus den damals vorliegenden internen Dokumenten war aber nicht genau hervorgegangen, welche Teile der Software das LAPD letztendlich im Einsatz hatte. In der Testphase hatte die Polizei über 500 Nutzerkonten und Tausende Mitteilungen untersucht.
Meta hatte das LAPD daraufhin in einem offenen Brief dazu aufgefordert, die “Dummy”-Konten nicht mehr zu nutzen und die Datensammlung einzustellen. Der Konzern verwies den LAPD-Chef auf die Plattform-eigenen Richtlinien, die das Vorgehen der Behörde verböten.
Voyager Labs zeigte damals wenig Problembewusstsein und verwies darauf, dass dies die Entscheidungen der Kunden seien, “an denen Voyager überhaupt nicht beteiligt ist”. Eine Unternehmenssprecherin hatte erklärt: “Wir vertrauen auch darauf, dass diejenigen, mit denen wir Geschäfte machen, gesetzestreue öffentliche und private Organisationen sind.”
Anfragen unterschiedlicher Medien zur aktuellen Klage ließ Voyager Labs bislang unbeantwortet. (hcz)