Neuwagen: CO2-Kennzeichnung ohne Ampel in der Kritik

Neuwagen
Die bisherige Kennzeichnung von Neuwagen war bei weitem nicht perfekt, aber immerhin konnten sich Kunden daran grob orientieren. (Quelle: IMAGO / Sven Simon)

Umweltverbände, Verbrauchervereinigungen und Wirtschaftsverbände haben die Änderungspläne des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) zu Emissionskennzeichnungen für Neuwagen kritisiert. Bisher muss beim Autoverkauf über den Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß informiert werden. Die Fahrzeuge werden außerdem mithilfe eines Ampelsystems – ähnlich wie bei Elektrogeräten – in Effizienzklassen eingeordnet. Durch die Einteilung der Autos in allgemein gültige Klassen von aktuell A+ bis G war bislang ein schneller – wenn auch grober – Vergleich zu anderen Modellen möglich. Doch das Ampelsystem soll nun entfallen.

Die zugrundeliegende Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (Pkw-EnVKV) muss das Bundeswirtschaftsministerium unter Peter Altmaier (CDU) wegen EU-Vorgaben aus dem Jahr 2017 novellieren. Das Ministerium hatte dazu am 22. Juni dieses Jahres einen Referentenentwurf veröffentlicht. Dieser sieht unter anderem vor, die Einteilung der Automodelle in Effizienzklassen und die Darstellung in einer farbigen Effizienzskala abzuschaffen. Stattdessen sollen nur noch absolute Verbrauchs- und Emissionswerte angegeben werden, die aber nicht mehr eingeordnet werden.

Außerdem sieht der Entwurf fünf unterschiedlich gestaltete Kennzeichnungen je nach Antriebskonzept vor: für batterieelektrische Antriebe, Hybride, Wagen mit Brennstoffzelle und jeweils für Verbrennungsmotoren mit Flüssigbrennstoff und Methan. Sie unterscheiden sich aber nur in den angegebenen Werten.

Vergleichbarkeit erschwert

Die Deutsche Umwelthilfe und der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) kritisieren die Pläne und fordern, das Ampelsystem beizubehalten und zu überarbeiten. So wären weniger klimaschädliche und sparsamere Fahrzeuge weiterhin leicht für die Käuferinnen und Käufern zu erkennen. Auch der ADAC stimmt den Vereinen in den meisten Punkten zu.

“Diese Kennzeichnung ist dringend notwendig, um Verbraucherinnen und Verbrauchern einen Vergleich der angebotenen Fahrzeuge unter dem Gesichtspunkt des Energie- bzw. Spritverbrauchs und dem damit verbundenen Ausstoß des Klimagases CO2 zu geben”, stellt Jürgen Resch klar, Bundesgeschäftsführer der DUH. Das Bundeswirtschaftsministerium habe sich mit dem Entwurf dem Druck der Automobilindustrie gebeugt – auf Kosten von Verbraucherinnen und Verbrauchern und Klimaschutz.

Emissions-Label
Die alte (links) und die geplante neue Kennzeichnung im Vergleich. (Quelle: BMWi)

Die DUH schlägt vor, Verbrauch und Emissionen nicht mehr – wie aktuell – in Relation zum Gewicht, sondern zur Fläche (Länge mal Breite) des Fahrzeugs anzugeben. Momentan bekommen nämlich auch klimaschädliche Modelle mit hohem Verbrauch positive Bewertungen, solange sie besonders schwer sind. Bei der flächenbasierten Berechnung gäbe es bei den Herstellern hingegen wieder einen Anreiz für den Leichtbau – und unnötig schwer gebaute Fahrzeuge würden eher verschwinden.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) schreibt in seiner Stellungnahme: “Die Abschaffung der farbigen Effizienzskala im CO2-Label macht es Verbrauchern künftig schwerer, sich schnell und einfach zur Kraftstoffeffizienz eines Fahrzeugs im Vergleich zu anderen Fahrzeugen zu informieren und basierend darauf, ökonomisch und ökologisch nachhaltige Kaufentscheidungen zu treffen.” Der Vorschlag des BMWi stelle nur noch eine Lesehilfe für technische Daten dar.

Auch der ADAC kritisiert die wegfallende Vergleichbarkeit und würde gerne an der Darstellung mit Buchstabennoten festhalten. Das System müsse aber weiterentwickelt werden. “Die in der derzeitigen Verordnung festgelegte Einstufung auf Basis des Fahrzeugleergewichts bevorzugt bislang schwere Pkw. Verbrauchsarme Kleinwagen werden vielfach als ‘rot’, große Pkw mit hohem Verbrauch als ‘grün’ gekennzeichnet”, heißt es in der Stellungnahme. Bei der Einordnung in Effizienzklassen sollten Größe, Gewicht und Nutzlast beachtet werden.

Elektroauto ist nicht CO2-neutral

Unzufrieden sind die Befragten auch bei der Emissions-Kennzeichnung von Elektrofahrzeugen: Nach Ansicht der DUH sollten diese nicht so dargestellt werden, als seien sie “Nullemissionsfahrzeuge” – laut Entwurf würden die CO2-Emissionen von Elektro- und Brennstoffzellenfahrzeugen unrealistisch immer mit “0” beziffert werden. Die DUH fordert bei diesen Wagen den korrespondierenden CO2-Ausstoß nach dem jeweils letztjährigen deutschen Strom-Mix anzugeben.

Der ADAC wünscht sich außerdem mehr Transparenz bei der Kennzeichnung von Plug-In-Hybriden. Es sei wichtig, den Stromverbrauch im reinen Elektrobetrieb als auch den Kraftstoffverbrauch bei Fahrt alleinig mit Verbrennungsmotor anzugeben. “Mit diesen Werten kann der Fahrer auf Grund seines individuellen Nutzungsprofils und Ladeverhaltens den für ihn relevanten Verbrauch ermitteln”, schreibt der Verein.

Der Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK) beschwert sich in seiner Stellungnahme über die kurze Frist, die das Ministerium den Betroffenen einräumte, um Stellung zu beziehen. Verbände und Interessensgemeinschaften hätten hierfür eine Woche Zeit gehabt, während das Ministerium für das Überarbeiten der Verordnung mehrere Jahre benötigt habe. “In Anbetracht der z.T. komplexen Sachverhalte ist in diesem knappen Zeitraum eine vollständige Analyse nicht möglich”, resümiert der VDIK.

Gesetz muss seit Jahren überarbeitet werden

Die Kennzeichnungspflicht gilt aktuell für alle Neufahrzeuge, sogenannte Tageszulassungen und Fahrzeuge mit geringer Laufleistung wie Vorführwagen. Die Pkw-EnVKV muss eigentlich seit Jahren an neue EU-Gesetzgebung angepasst werden. Die DUH wirft der Regierung und dem BMWi vor, diese Anpassung im Sinne der Autohersteller verschleppt zu haben.

Schon seit September 2018 werden die Verbrauchswerte und der damit einhergehende CO2-Ausstoß von Neuwagen nach dem modernen Prüfverfahren WLTP (Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure) gemessen. Dennoch wurden die Emissionen hierzulande in Autohäusern und der Werbung noch nach dem veralteten, realitätsfernen Verfahren NEFZ angegeben. Das führte unter anderem deswegen zu Irritationen bei Käuferinnen und Käufern, weil die Kfz-Steuer schon nach dem WLTP-Verfahren berechnet wird – und dadurch meist höher als erwartet ausfällt. (hcz)