Studie: Mehr Angriffe auf Journalisten

Laut der Umfrage haben 16 Prozent der Medienschaffenden in ihrer Karriere bereits eine Morddrohung erhalten. (Quelle: Radosław Drożdżewski – CC BY-SA 4.0)

Journalistinnen und Journalisten sind in Deutschland mehr Anfeindungen und Angriffen ausgesetzt. Das haben Wissenschaftler der Universität Bielefeld in einer anonymen Online-Umfrage unter 322 Medienschaffenden herausgefunden.

Rund 60 Prozent der Befragten gaben demnach an, in den vergangenen 12 Monaten mindestens einmal angegriffen worden zu sein. Zu Angriffen zählt die Studie hasserfüllte Reaktionen von Beleidigungen über Anfeindungen oder auch Aufrufe zu Straftaten. Auch körperliche Gewalt zählt dazu. Bei einer ersten Auflage der Studie im Jahr 2017 hatten noch gut 42 Prozent angegeben, im zurückliegenden Jahr angegriffen worden zu sein.

Gut 16 Prozent betonten in der neuen nicht repräsentativen Befragung, im Laufe ihrer Berufskarriere schon einmal körperlich angegriffen worden zu sein: Zum Beispiel bei der Berichterstattung von Demonstrationen oder bei Ausschreitungen vor Flüchtlingsunterkünften. Ebenfalls fast 16 Prozent gaben an, schon einmal eine Morddrohung erhalten zu haben.

Angriffe aus dem rechten Spektrum

In der Befragung ging es darum, welche Erfahrungen Medienschaffende mit Hass und Angriffen machen. Mit 82 Prozent ordnete der überwiegende Anteil der Betroffenen solche Angriffe dem rechten Spektrum zu. 5 Prozent der Befragten lokalisierten die Angriffe demnach im linken Spektrum. Die Berichterstattung über Themen wie “Migration”, “AfD” und “Flüchtlinge” ziehe besonders häufig Hassreden oder andere Angriffe nach sich.

Neben der psychologischen Belastung haben die Angriffe Auswirkungen auf die journalistische Arbeit. Knapp 16 Prozent der Befragten gaben an, aus Angst vor Angriffen schon einmal abgelehnt haben, über ein Thema zu berichten. Die Hälfte der Befragten hat dafür Verständnis.

Gut 18 Prozent der Befragten fordern einen besseren Schutz durch die Strafverfolgungsbehörden. Fast 16 Prozent wünschen sich von der Politik klare gesetzliche Regeln und mehr öffentliche Solidarität.

Zusammenarbeit mit dem Mediendienst Integration

Die Studie haben das Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung an der Uni Bielefeld sowie der Mediendienst Integration gemeinsam erstellt. Der Mediendienst richtet sich an Journalisten. Er ist ein Projekt des Rates für Migration, einem Zusammenschluss von Migrationsforschern.

Die Sprecherin für Medienpolitik der Grünen-Fraktion im Bundestag, Margit Stumpp, sagte zu den Ergebnissen der Befragung: “Wer nicht erkennt, welchen Wert die freie Berichterstattung heute für unsere Gesellschaft hat, ist blind für die Gefährdung unserer freiheitlichen Demokratie.” Sie betonte, dass es neben kurzfristigem Schutz und dem Kampf gegen Extremismus mehr Bemühungen im Bereich Medienkompetenz brauche.

In der vergangenen Woche hatte bereits die Organisation Reporter ohne Grenzen ihre “Rangliste der Pressefreiheit” für Deutschland veröffentlicht. Darin beschreibt die Organisation Schmäh- und Hasskampagnen im Netz als “besonders besorgniserregend”. Die Betroffenen seien “auf sich allein gestellt” und eine juristische Verfolgung bliebe oft folgenlos. In Deutschland zählte Reporter ohne Grenzen im vergangenen Jahr mindestens 13 tätliche Angriffe auf Medienschaffende. (dpa / js)