Sudan: Internetsperre behindert Hilfslieferungen

Ein geschlossenes Geschäft in der Stadt Khartoum mit Rauch im Hintergrund
Bereits mehrfach haben die Kriegsparteien Netzsperren verhängt. (Quelle: IMAGO / Xinhua)

Bereits seit einem Monat funktionieren Internet- und Telefonverbindungen im Sudan größtenteils nicht mehr. Inmitten des andauernden Krieges würden so Hilfslieferungen behindert, kritisiert Amnesty International. Diese werden laut den Vereinten Nationen dringend benötigt.

Die Organisation NetBlocks hatte am 4. Februar berichtet, dass die Menschen im Sudan das Internet über die meisten Provider nicht mehr nutzen können. Wenige Tage später war auch der größte Mobilfunkanbieter Zain offline. Seitdem seien die Menschen nahezu vollständig von Kommunikationskanälen abgeschnitten, berichtet Amnesty International.

Sarah Jackson von der Menschenrechtsorganisation sagte: “Der anhaltende Telekommunikationsausfall ist inakzeptabel; er gefährdet das Leben von Millionen Menschen.” Die Kommunikationsdienste im ganzen Land müssten wiederhergestellt werden.

Die genauen Hintergründe der Internetsperre bleiben unklar. Amnesty International beruft sich jedoch unter anderem auf Experten, denen zufolge die paramilitärischen “Rapid Support Forces” (RSF) für die Kommunikationssperre verantwortlich sind.

Machtkampf

Bereits seit April 2023 dauert der Bürgerkrieg im Sudan an. Hintergrund ist ein Machtkampf zwischen den RSF und dem sudanesischen Militär. Nach der Absetzung des langjährigen Machthabers Omar al-Bashir hatten beide Gruppen im Jahr 2021 gemeinsam gegen die Übergangsregierung geputscht. Sudans De-facto-Staatsoberhaupt und Armee-Oberbefehlshaber General Abdel Fattah al-Burhan hatte zwar versprochen, den Weg frei für eine zivile Regierung zu machen; das geplante Übergangsabkommen war jedoch nicht in Kraft getreten. Beobachtern zufolge eskalierte die Lage auch, weil die RSF in das Militär integriert werden sollten – was zu Spannungen zwischen General al-Burhan und dem RSF-Befehlshaber Mohammed Hamdan Daglo, genannt Hemeti, geführt haben soll.

Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen warnte in der vergangen Woche, im Sudan drohe die weltweit größte Hungerkrise. Der Krieg habe bereits Millionen von Leben zerstört und die weltweit größte Vertreibungskrise ausgelöst.

Durch die unerbittliche Gewalt und Einmischung der Kriegsparteien sei es für das Welternährungsprogramm unmöglich, genügend Hilfsmittel zu liefern. Inzwischen würden immer mehr Menschen aus dem Sudan in den Südsuden und den Tschad fliehen – in den drei Ländern befänden sich mehr als 25 Millionen Menschen “in einer Spirale eskalierenden Hungers”. Im Sudan selbst würden 18 Millionen Menschen Hunger leiden.

Sarah Jackson von Amnesty erklärte, ohne Kommunikationsmittel sei es wahrscheinlich, dass die humanitären Einsätze völlig zum Erliegen kommen – wodurch Millionen Menschenleben gefährdet werden.

Netzsperre behindert Hilfslieferungen

Amnesty International kritisiert, die Einschränkung der Kommunikationsnetze habe auch Auswirkungen auf die Arbeit von Hilfsorganisationen vor Ort. So versuche beispielsweise die Gruppe “Emergency Response Rooms” bei Evakuierungen zu helfen, sichere Fluchtrouten zu identifizieren und den Zugang etwa zu Lebensmitteln, Wasser und Strom zu ermöglichen. Dabei werde Hilfsanfragen aus der Bevölkerung nachgegangen, die über die sozialen Netzwerke oder Chat-Gruppen eingereicht werden.

Amnesty berichtet, bei “Emergency Response Rooms” arbeiteten Sudanesen im Ausland mit Freiwilligen vor Ort zusammen – die Koordination dieser Arbeit sei durch die Netzsperre jedoch beeinträchtigt.

Ein Mitarbeiter der Organisation, der sich außerhalb des Sudans aufhält, erklärte: “Wegen der Internetsperre können wir nicht mit unseren freiwilligen Helfen kommunizieren. Wir können keine Lebensmittel und Medikamente kaufen und diese nicht an die Hilfsbedürftigen liefen.”

Kein Kontakt zu Angehörigen

Aufgrund der Internetblockade sei es auch nicht mehr möglich, Online-Zahlungen durchzuführen – eine der letzten verbliebenen Möglichkeiten für Geldüberweisungen.

Ein Hilfsmitarbeiter sagte gegenüber Amnesty, ohne Geld könnten Lebensmittel und andere lebensnotwendige Güter nicht geliefert werden.

Sarah Jackson von Amnesty warnte: “Unsicherheit, Plünderungen und bürokratische Hindernisse haben die Bereitstellung humanitärer Hilfe in vielen Teilen des Landes beeinträchtigt, und die Abschaltung des Internets verschlimmert die ohnehin schon schwierige Lage noch.”

Laut Amnesty International wird auch die Arbeit von Menschenrechtsorganisationen im Sudan durch die Kommunikationsblockade erschwert – sie könnten Menschenrechtsverletzungen teils nicht mehr dokumentieren.

Zudem haben Sudanesen außerhalb des Landes der Organisation berichtet, dass sie seit Anfang Februar nicht mehr mit ihren Angehörigen und Freunden kommunizieren können.

Nach Angaben der NGO Access Now haben beide Konfliktparteien im Laufe des Krieges Netzsperren verhängt, um den Informationsfluss einzuschränken. Die NGO kritisiert, Netzsperren während Kriegen gefährdeten Menschenleben und verschärften humanitäre Krisen.

Auch vor Ausbruch des Bürgerkrieges hatte Access Now mehrfach Netzsperren im Sudan dokumentiert, beispielsweise während Protesten gegen die Militärregierung. (js)