Bürgerrechtler: Datenschützer sollen Abo-Modell von Meta prüfen
In einem offenen Brief haben 13 Organisationen den Europäischen Datenschutzausschuss (EDSA) am Donnerstag aufgefordert, sich gegen sogenannte “Pay or Okay”-Modelle auszusprechen – wie es der Meta-Konzern inzwischen nutzt. Sie betonen die Tragweite der bevorstehenden Stellungnahme des Ausschusses.
Hintergrund des unter anderem von Access Now, dem Verband EDRi, der griechischen NGO Homo Digitalis und La Quadrature du Net aus Frankreich unterzeichneten offenen Briefs ist das von Meta Ende vergangenen Jahres eingeführte Bezahlmodell. Nutzerinnen und Nutzer können bezahlen, um Facebook und Instagram werbefrei zu verwenden. Nutzeraktivitäten werden von den Plattformen jedoch weiterhin erfasst.
Weil es derzeit zu solchen Bezahlmodellen keine einheitliche europäische Haltung gibt, haben die Datenschutzbehörden der Niederlande, aus Norwegen und Hamburg im Januar den EDSA um eine Klärung der Vereinbarkeit solcher Angebote mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ersucht. Den norwegischen Datenschützern zufolge setzt eine zunehmende Zahl von Online-Diensten auf solche Modelle, bei denen die Nutzer entweder personalisierter Werbung und damit Tracking zustimmen oder stattdessen eine Gebühr zahlen müssen.
Nach Angaben des Hamburgischen Datenschützers soll eine Stellungnahme des EDSA spätestens im Mai vorliegen. Der Ausschuss setzt sich aus Vertretern der nationalen Datenschutzbehörden sowie dem Europäischen Datenschutzbeauftragten zusammen.
NGOs kritisieren DSGVO-Verstoß
In ihrem offenen Brief fordern die NGOs den EDSA nun auf, in seiner Stellungnahme “die eindeutige Unvereinbarkeit dieser Modelle mit der Datenschutzgrundverordnung” zu bestätigen. Die DSGVO verlange eine freiwillige Einwilligung in die Datenverarbeitung. Dies sei aber unmöglich, wenn für die Verweigerung der Einwilligung eine Gebühr erhoben werde – Nutzern werde so das Recht auf eine “echte und freie Wahl” genommen.
Die NGOs kritisieren zudem, das Bezahlmodell sei unvereinbar mit der EU-Grundrechtecharta. Darin ist das Rechte auf Privatleben und der Schutz personenbezogener Daten verankert. Die Bürgerrechtler monieren, das Abo-Modell zwinge Menschen, für ihre eigenen Rechte zu bezahlen und würde diese in Waren umwandeln. Das stelle den unveräußerlichen Charakter der Menschenrechte in Frage.
Sie weisen darauf hin, dass das Recht auf Privatsphäre auch in der Allgemeinen Menschenrechtserklärung und der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert ist. Nutzerinnen und Nutzer, die nicht für ihre Rechte zahlen wollen oder es sich nicht leisten können, seien gezwungen, sich von der Plattform überwachen zu lassen.
Die NGOs betonen in ihrem Brief zudem, eine Stellungnahme des EDSA werde eine Wirkung über die EU hinaus haben. Der Ausschuss könne andere Online-Plattformen daran hindern, dem Beispiel von Meta zu folgen und ebenfalls ein sogenanntes “Pay or Okay”-Modell einführen. Die Verbreitung dieser Modelle müsse jedoch verhindert werden.
Beschwerden und Kritik
Bereits Mitte Februar hatten weitere NGOs – darunter das Irish Council for Civil Liberties und Privacy International – den EDSA und die nationalen Aufsichtsbehörden aufgefordert, sich entschieden gegen das neue Abo-Modell auszusprechen. Es müsse die Schaffung eines Schlupflochs in der DSGVO verhindert werden.
Im November hatte zudem der Europäische Verbraucherverband (BEUC), ein Zusammenschluss von Verbraucherorganisationen, eine Beschwerde bei EU-Verbraucherschutzbehörden gegen das Bezahlmodell eingereicht. Darin kritisieren die Verbraucherschützer, der Facebook-Konzern sammle auch dann weiter personenbezogene Daten, wenn Nutzerinnen oder Nutzer sich für ein kostenpflichtiges Abo entscheiden. Meta stelle außerdem irreführende und unvollständige Informationen zur Verfügung, sodass Verbraucher keine informierte Entscheidung treffen könnten.
Ende Februar legte der BEUC nochmals nach: In Beschwerden an acht europäische Datenschutzbehörden wird Meta vorgeworfen, DSGVO-Grundsätze wie die Datenminimierung oder die Zweckbindung nicht einzuhalten.
Bereits im Januar hatte der Hessische Datenschutzbeauftragte Alexander Roßnagel das Bezahl-Abo von Meta als “Mogelpackung” kritisiert, bei dem rechtliche Anforderungen nicht erfüllt würden. Auch Roßnagel hatte Meta vorgeworfen, es würden weiter umfangreiche Nutzerdaten gespeichert, selbst wenn die Gebühren bezahlt werden.
Auch die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen kritisiert das Meta-Abonnement: Nutzer könnten sich nicht von der Datensammlung “freikaufen”. Meta erfasse weiterhin Daten über das Nutzerverhalten und verwende diese kommerziell. Auch würden gesammelte Daten weitergegeben.
In Österreich hat die Organisation Noyb bereits zwei Datenschutzbeschwerden gegen das Bezahl-Abo eingereicht. Darin kritisiert sie auch, dass sich eine Einwilligung in das Tracking nur schwer widerrufen lasse.
Die Organisation hatte zuvor schon Beschwerden gegen “Pay or Okay” bei Nachrichtenseiten eingelegt. Die österreichische Datenschutzbehörde DSB hatte im Fall von derStandard.at im April 2023 entschieden, dass die dortige Umsetzung rechtswidrig war.
Meta reagiert auf Strafen
Meta hat mit dem kostenpflichtigen Abonnement auf Gerichtsurteile und Entscheidungen von Aufsichtsbehörden reagiert. So hatte die irische Datenschutzbehörde DPC beispielsweise im Januar 2023 eine Strafe in Höhe von insgesamt 390 Millionen Euro verhängt, weil Meta in seinen Nutzungsbedingungen die Zustimmung zur Datenverarbeitung für personalisierte Werbung verlangt hatte. (js)