Umweltbehörde: Plastikverbrauch weiterhin zu hoch

Plastimmüll
Zwar stagniert der Plastikverbrauch in Europa, doch konsumieren die Europäer immer noch dreimal so viel Kunststoff wie der weltweite Durchschnitt. (Quelle: Vberger – gemeinfrei)

Trotz des wachsenden Klima- und Umweltbewusstseins vieler Europäer werden immer noch zu viele Plastikstoffe produziert und verbraucht. Zu dieser Einschätzung kommt die Europäische Umweltagentur EEA in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht.

Durch Bilder von Schutzmasken in europäischen Gewässern und großen Mengen an Einweg-Schutzausrüstung sei die Aufmerksamkeit für Plastikmüll in der Corona-Pandemie zwar weiter gestiegen. Trotzdem würden Kunststoffe heute noch zu oft als Einwegprodukte verwendet und weggeworfen. Vor allem Verpackungen, aber auch Textilien bleiben ein Problem. Es brauche nun einen Wechsel hin zu einem zirkulären und nachhaltigen Ansatz beim Plastikgebrauch, der helfen könne, den Einfluss dieser Materialien auf Klima und Umwelt einzudämmen.

Europäer verbrauchen deutlich mehr

Wie aus dem Bericht der im dänischen Kopenhagen ansässigen EU-Behörde hervorgeht, wurden in Europa 2018 insgesamt 61,8 Millionen Tonnen an Plastik gebraucht. Dieser Wert scheine sich einigermaßen stabilisiert zu haben, während er in anderen Erdteilen stark steige. Weltweit lag er bei 359 Millionen Tonnen.

Aber: Pro Person verwendeten Westeuropäer mit 136 Kilogramm jährlich etwa dreimal so viel Plastik wie der globale Durchschnitt mit 45 Kilogramm pro Person. Für Mitteleuropäer wurde kein Wert angegeben. Der EEA-Bericht weist drei Wege aus, mit denen dem Plastikproblem begegnet werden kann: dem klügeren Gebrauch von Kunststoffen, einer zunehmenden Kreislaufwirtschaft und erneuerbaren Rohmaterialien.

Recycling lohnt sich nicht

“Die Herausforderungen, die Plastik darstellt, sind in hohem Maße darauf zurückzuführen, dass unsere Produktions- und Verbrauchssysteme nicht nachhaltig sind”, erklärte EEA-Generaldirektor Hans Bruyninckx. Der beste Weg, dem Ganzen zu begegnen, sei ein Wechsel hin zu einer grundsätzlich nachhaltigen und zirkulären Kunststoffwirtschaft, in der die Materialien viel klüger und besser wiederverwendet und recycelt werden. Zudem sollte die Herstellung von Kunststoffen aus nachwachsenden Rohstoffen ein Ausgangspunkt sein.

Laut EEA steht die Plastik-Recycling-Industrie momentan unter Druck, da die Nachfrage sinke. Angesichts des niedrigen Ölpreises sei es für Kunststoffhersteller momentan preiswerter neues Plastik zu produzieren, statt recycletes Material zu nutzen. Die Plastik-Produzenten könnten im Jahr 2050 rund 20 Prozent des geförderten Öls verbrauchen, falls sich Kunststoffproduktion und -konsum wie bisher prognostiziert weiterentwickeln. Aktuell liegt der Anteil bei 7 Prozent.

Laut dem EEA-Bericht “Greenhouse Gas Inventory” verursacht die europäische Plastikproduktion jährlich 13,4 Millionen Tonnen CO2-Emissionen. Das sind 20 Prozent der Ausstöße der gesamten chemischen Industrie in der EU. Die globale Kunststoffproduktion stieg während des vergangenen Jahrzehnts um 4,6 Prozent pro Jahr. Europa hat mittlerweile einen Marktanteil bei der Produktion von 17 Prozent, Tendenz sinkend.

Verpackungen bleiben das größte Problem

Wie die Umweltexperten schreiben, haben Pandemie und Klimawandel die Aufmerksamkeit für die Plastikmüllkrise weiter gesteigert. Doch gerade im Kampf gegen Corona werde viel Plastik genutzt: Masken spielen eine entscheidende Rolle dabei, die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Vielerorts wurden zudem Restaurants vorübergehend geschlossen. Sie dürfen aber Essen zum Mitnehmen anbieten – und die dafür gebrauchten Einwegboxen sind meist aus Kunststoff. Gleiches gilt für manche Verpackungen von Online-Käufen, auf die Verbraucher in der Pandemie verstärkt ausgewichen sind. All dies könne die Bemühungen der EU zur Verringerung der Umweltverschmutzung durch Plastik kurzfristig gefährden, schlussfolgert die EEA.

Doch die eigentlichen Probleme der Kunststoffnutzung bestehen auch außerhalb der Corona-Krise: Den größten Anteil am Plastikmüll haben mit fast 40 Prozent Verpackungen; es folgen die Baubranche und die Automobilindustrie. Zusammen sind die drei Sektoren für fast 70 Prozent des Plastikverbrauchs in der EU verantwortlich.

Auch Kleidung, Schuhe und Haushaltstextilien wie Handtücher aus synthetischen Stoffen stellen laut EEA ein signifikantes Problem dar. Jährlich entsorgen die EU-Bürger 5,8 Millionen Tonnen Textilien beziehungsweise rund 11 Kilogram pro Person. Davon bestehen rund zwei Drittel aus Kunstfasern, also Plastik. 200.000 bis 500.000 Tonnen dieser Kunststoffe landen als Mikroplastik jedes Jahr im Meer.

Im Jahr 2017 konsumierte die EU-Bevölkerung 13 Millionen Tonnen Textilprodukte. Davon bestanden 60 Prozent der Kleidung und 70 Prozent der Haushalttextilien aus Kunststofffasern. (dpa / hcz)