Umweltbundesamt verweigert CO2-Kompensationsprojekten die Freigabe

Klimaschutzprojekt
Mineralöl-Konzerne in Deutschland können mithilfe von Klimaschutzprojekten in China gesetzlich vorgegebene Klimaziele erfüllen. (Quelle: IMAGO / Richard Wareham)

Das Umweltbundesamt hat acht deutschen Klimaschutzprojekten in China die Anerkennung verweigert. Aufgrund von Unregelmäßigkeiten hätten die Projekte keine “Freischaltung” erhalten, teilte die Behörde am Freitag mit. Somit dürfen die Betreiber die Projekte nicht dazu nutzen, um Klimazertifikate auszustellen.

Durch das Eingreifen habe das UBA eigenen Angaben zufolge verhindert, dass unberechtigte CO2-Zertifikate im Umfang von 215.000 Tonnen CO2-Äquivalente auf den Markt gelangt wären. Bei sieben der acht Projekte hätten die Betreiber selbst ihre Anträge zurückgezogen, nachdem das UBA sie mit “gravierenden rechtlichen und technischen Ungereimtheiten” konfrontiert hatte. Auch habe die Behörde eine Überprüfung vor Ort angedroht.

Welche Firmen die Projekte eingereicht haben, ist nicht bekannt. Es seien große, internationale Unternehmen, schrieb das UBA. Genauere Angaben könnten aus juristischen Gründen nicht gemacht werden, sagte ein Sprecher.

Mithilfe sogenannter Upstream-Emission-Reductions-Zertifikate (UER) können Mineralölkonzerne in Deutschland ihre Treibhausgasbilanz verbessern und Geld einsparen. Ein Großteil der dazugehörigen Projekte wurde in China realisiert. Im Juni wurde bekannt, dass möglicherweise Betrug im Zusammenhang mit den UER-Zertifikaten stattgefunden hat. Einige Projekte wurden demnach nie realisiert oder bestanden schon vor Beantragung beim Bundesumweltamt.

Untersuchungen mit Hindernissen

Einem weiteren UER-Projekt habe das UBA die Freischaltung verweigert, weil es vorzeitig begonnen wurde – was nach der Verordnung zur Anrechnung von Upstream-Emissionsminderungen auf die Treibhausgasquote (UERV) nicht zulässig sei. Damit habe die Behörde verhindert, dass unberechtigte UER-Zertifikate in einem Umfang von 55.225 Tonnen CO2-Äquivalenten auf den Markt gekommen wären. Aufschluss über den Status des Projekts haben Satellitenbilder und technische Analysen gegeben.

Bei den Untersuchungen steht das UBA vor dem Problem, selbst keine Hoheitsrechte in China zu haben. Um Projekte dennoch vor Ort überprüfen zu können, hat die Behörde eine international tätige Rechtsanwaltskanzlei mit einer Partnerkanzlei in China engagiert. Sie diene als “Augen und Ohren” des UBA vor Ort.

Die Behörde kündigte an, nun 13 weitere Projekte genauer untersuchen zu wollen. Bei allen Projektträgern hätte das UBA um Autorisierung von Kontrollbesuchen vor Ort gebeten. In nur fünf Fällen hätte die Behörde diese Erlaubnis erhalten. “Für uns ist die Verweigerung der Vor-Ort-Kontrollen ein sehr starkes Indiz, dass die Projektträger nicht bereit sind, ihre Verpflichtungen unter der UERV zu erfüllen, oder – wie in der UERV gefordert – die erforderliche Kontrolle über die Projekte haben”, so UBA-Präsident Dirk Messner. Insgesamt stünden 40 von 69 Projekten in China unter Betrugsverdacht.

“UER-Projekte sind attraktiv für die Mineralölwirtschaft, die damit eine vergleichsweise kostengünstige Möglichkeit hat, ihre Treibhausgasminderungsquote nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz zu erfüllen”, erklärt das UBA. Weitere Projekte wird es aber vorerst nicht geben, da Bundesumweltministerin Lemke angesichts der Verdachtsfälle alle Neuanträge mit Wirkung zum 1. Juli stoppen ließ.

Staatsanwaltschaft involviert

Neben dem UBA ermittelt die deutsche Staatsanwaltschaft in den möglichen Betrugsfällen: Mitte Juli hatten Polizeikräfte im Auftrag der Berliner Staatsanwaltschaft in Bayern und Nordrhein-Westfalen Geschäftsräume von Unternehmen durchsucht, die auf die Erstellung von Umweltgutachten spezialisiert sind. Im Fokus der Ermittlungen stehen demnach 17 Geschäftsführer und Mitarbeitende von Prüfstellen für Klimazertifikate in Deutschland. Sie werden des “gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Betruges” verdächtigt.

Das Umweltbundesamt hatte Ende Mai Anzeige gegen Unbekannt bei der Staatsanwaltschaft erstattet, nachdem eine Recherche des ZDF den mutmaßlichen Betrug mit UER-Zertifikaten aufgedeckt hatte. (Mit Material der dpa / hcz)