US-Firma hat Milliarden Fotos für Gesichtsdatenbank gesammelt

Gesichtserkennung
Clearview bietet Behörden eine umfangreiche Gesichtsdatenbank mit Fotos aus dem Internet an. Quelle: EFF (CC BY 2.0, cropped)

Eine bisher kaum bekannte US-Firma hat laut einem Bericht der New York Times rund drei Milliarden Bilder von Menschen aus dem Internet zusammengestellt, um eine umfassende Datenbank zur Gesichtserkennung zu entwickeln. Im vergangenen Jahr habe die Firma ihren Dienst mehr als 600 Behörden angeboten, schreibt die Zeitung unter Berufung auf das Unternehmen namens Clearview AI.

Für die Datenbank habe Clearview AI öffentlich zugängliche Bilder bei Plattformen wie Facebook und Twitter automatisch heruntergeladen. Die Nutzungsbedingungen von Plattformen wie Facebook verbieten jedoch in der Regel, dort Daten per sogenanntem “Scraping” abzugreifen. Facebook hat gegenüber der New York Times angekündigt, das Vorgehen von Clearview zu prüfen und Maßnahmen zu ergreifen, sollte die Firma gegen die Nutzungsbedingungen des sozialen Netzwerkes verstoßen haben.

Eine Sammlung in dieser Dimension würde bisher bekanntgewordene Datenbanken zur Gesichtserkennung übertreffen. In den USA etwa prüfen die Behörden die Identität der Einreisenden per Gesichtserkennung – greifen dabei aber auf Bilder zurück, die speziell dazu aufgenommen wurden.

Clearview AI bietet Software Behörden an

Nach einem Test der Software im Jahr 2019 soll sich die Polizei im US-Bundesstaat Indiana als erster Kunde entschlossen haben, die Gesichtserkennungssoftware einzusetzen. Daraufhin sei Clearview AI gezielt auf Strafverfolgungsbehörden zugegangen. Aber auch einige private Unternehmen würden die Software einsetzen.

Der Bericht enthält noch ein weiteres alarmierendes Detail: Nachdem einige Polizisten auf Bitten der Autorin des Berichtes ihr Foto mit der Datenbank abgeglichen hatten, bekamen sie einen Anruf von Clearview-Mitarbeitern. Die wollten von den Polizisten wissen, ob sie mit der Presse gesprochen haben. Der Firma zufolge habe die Software Alarm wegen ungewöhnlicher Suchanfragen geschlagen – also angeblich nicht, weil Clearview AI die Suchabfragen überwacht.

Datenabgleich per App

Der Abgleich der Bilder erfolgt von einem Desktop-Computer oder per App direkt vom Smartphone aus. Die Polizei überträgt dabei Fotos auf die Server von Clearview AI. Behörden können auf diese Weise auch die Datenbank mit weiteren Fotos füttern.

Gegründet wurde Clearview AI laut dem Bericht im Jahr 2016. Dahinter stehen der australische Programmierer Hoan Ton-That und Robert Schwartz, ein ehemaliger Mitarbeiter des früheren Bürgermeisters von New York, Rudolph Guiliani.

Ein früherer Geldgeber war US-Milliardär Peter Thiel. Der Paypal-Mitgründer und Facebook-Investor ist für seine libertären Ansichten und als einer der wenigen erklärten Unterstützer von US-Präsident Donald Trump im Silicon Valley bekannt. Sein Sprecher sagte der Zeitung, Thiel habe Clearview AI im Jahr 2017 mit 200.000 US-Dollar unterstützt und dafür einen Anteil bekommen. Er sei ansonsten nicht beteiligt.

EU diskutiert temporäres Verbot von Gesichtserkennung

Die New York Times hatte erst kürzlich über den Einsatz von Gesichtserkennungstechnik bei der Polizei in Florida berichtet. Während Behörden in den USA die Technik vermehrt einsetzen, diskutiert die EU-Kommission ein zeitlich begrenztes Verbot von Gesichtserkennung im öffentlichen Raum.

Das Magazin Politico hatte in der vergangenen Woche ein Papier der EU-Kommission zum Thema künstliche Intelligenz veröffentlicht.

Darin heißt es unter anderem, künstliche Intelligenz könne zur Massenüberwachung eingesetzt werden. Im Papier schlägt die EU-Kommission daher vor, den Einsatz von Gesichtserkennungssystemen durch öffentliche und private Stellen für drei bis fünf Jahre zu verbieten. Während dieser Zeit sollen die Auswirkungen der Technik untersucht werden.

Die Kommission gibt jedoch zu bedenken, dass die Weiterentwicklung der Technik unter einer solchen Regel leiden könnte. Daher solle man sich vor allem darauf konzentrieren, die Vorschriften der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) vollständig umzusetzen. Artikel 22 räumt Bürgern das Recht ein, “nicht einer ausschließlich auf einer automatisierten Verarbeitung – einschließlich Profiling – beruhenden Entscheidung unterworfen zu werden, die ihr gegenüber rechtliche Wirkung entfaltet oder sie in ähnlicher Weise erheblich beeinträchtigt”. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) fordert hingegen seit längerem die Einführung von Gesichtserkennungssystemen an deutschen Bahnhöfen und Flughäfen. (dpa / js)