Verbraucherschützer: SCHUFA-Tochter keinen Einblick in Bankkonten geben
Über eine App der SCHUFA-Tochterfirma Bonify sollen Verbraucherinnen und Verbraucher künftig ihren sogenannten SCHUFA-Basisscore kostenlos abrufen können. Die Auskunftei hat am Dienstag angekündigt, die App um diese Funktion zu erweitern. Über die zugehörige Webseite ist das bereits jetzt möglich. Registrieren sich Nutzerinnen und Nutzer bei Bonify, können sie dem Unternehmen auch Einsicht in die Umsätze auf dem eigenen Bankkonto gewähren. Verbraucherschützer raten von dieser Option dringend ab. Sie befürchten unter anderem, die SCHUFA könnte auf diesem Wege noch mehr Daten sammeln.
“Es ist unkritisch, die App für das Abrufen einer kostenlosen SCHUFA-Auskunft zu nutzen”, sagte Dorothea Mohn vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). “Dem Kontozugriff einzuwilligen, würde ich allerdings niemanden empfehlen.” Man sollte darüber nachdenken, hier eine Grenze zu ziehen und eine solche Möglichkeit gesetzlich zu regulieren.
Mohn äußerte Zweifel, dass Menschen aus freien Stücken ihre Daten preisgeben, wenn sie dringend einen Vertrag brauchen. “Denn wer einen bestimmten Vertrag braucht und mittels der Datenweitergabe seine Chancen erhöht sieht, diesen zu bekommen, wird letztlich implizit gezwungen, der App beziehungsweise der SCHUFA den Blick aufs Konto zu gewähren”, sagte sie.
Dass Menschen unter Druck gar keine Wahl haben, ob sie der Datenweitergabe zustimmen, kritisiert auch Gerhard Schick, Vorstand der Vereins Finanzwende: “Mit Einblick in Kontodaten würde die SCHUFA noch mächtiger werden, als sie es ohnehin schon ist.” In der Petition "Finger weg von meinem Konto!" fordern Finanzwende und die Kampagnenorganisation Campact: “Die SCHUFA soll jeglichen Plänen, an die Kontoinformationen Dritter zu gelangen, eine klare Absage erteilen – ob per Bonify oder bei zukünftigen Projekten.” Am Mittwoch wollten die Initiatoren über 300.000 Unterschriften von Unterstützern dieses Aufrufs an die SCHUFA übergeben.
Kritik gibt es zudem daran, dass ausgerechnet die SCHUFA-Tochter Bonify in ihrem Internetangebot mit “Schufa-freien Krediten” wirbt. “Spring zu deinem Kredit” heißt es etwa zu einem sogenannten “Känguru-Kredit” – “auch wenn andere schon Nein gesagt haben”. Der Preis für solche Angebote ist hoch: Bis zu 15,99 Prozent Zinsen im Jahr werden fällig.
Perso oder Daten
Der von der Kreditauskunftei berechnete sogenannte Basisscore soll laut Pressemitteilung in den nächsten drei bis vier Wochen in der App Bonify zur Verfügung stehen. Um die App zu nutzen, ist zunächst eine Registrierung nötig.
Dazu stehen zwei Möglichkeiten zur Verfügung: per Personalausweis oder Aufenthaltstitel über ein Identverfahren des Anbieters IDNow oder mit dem eigenen Bankkonto. Bei letzterem gewähren Nutzerinnen und Nutzer Bonify mit ihrer Identifizierung 90 Tage Einblick in ihr Konto. Nach dieser Frist endet der Zugriff automatisch, erklärte die SCHUFA. Dass die Registrierung über den Ausweis der datenschutzfreundlichere Weg ist, gibt auch die SCHUFA zu. “Unter dem Aspekt der Datenminimierung, ist die Identifizierung über IDNow derzeit die passendere – hier gibt es keine Verbindung zum Bankkonto”, schreibt das Unternehmen.
Die SCHUFA betont, sie habe nach der Kontofreigabe keinen Einblick in die Daten. Bonify sei zwar eine hundertprozentige Tochterfirma, Daten würden zwischen den beiden Unternehmen aber nicht ausgetauscht. Ende 2022 hat die Schufa die Finanzplattform Bonify gekauft.
Kostenlose Alternative ohne App
Die Bonify-App sei nur ein Angebot, hieß es. Eine SCHUFA-eigene App zum kostenlosen Dateneinblick soll 2024 starten. Zudem können die Daten auch über die Webseite von Bonify abgerufen werden. Dort ist ebenfalls eine Registrierung nötig. Vorteil ist jedoch, dass keine App installiert werden muss.
Verbraucher haben außerdem das Recht nach Artikel 15 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), eine Übersicht aller über sie bei der SCHUFA gespeicherten Daten kostenlos zu erhalten. Diese würde innerhalb von sieben Tagen per Post zugestellt, so die SCHUFA.
Nicht der erste Versuch
Die SCHUFA selbst hatte bereits Ende 2020 einen Versuch unternommen, Einblick in private Bankkonten zu erlangen. Im Rahmen des Pilotprojekts “CheckNow” hatte die Auskunftei hierzu mit dem Mobilfunkkonzern Telefónica / O2 zusammengearbeitet. Mögliche Neukunden, die aufgrund ihrer schlechten Bonität normalerweise keinen Handyvertrag bekommen hätten, konnten sich freiwillig von der Schufa zwölf Monate lang auf ihr Konto schauen lassen und so dennoch die Chance erhalten, einen Telekommunikationsvertrag abzuschließen.
Nach massiver Kritik von Verbraucher- und Datenschützern stellte die Schufa das Projekt im Frühjahr 2021 wieder ein. Aus internen Dokumenten war hervorgegangen, dass die Schufa Einblick in Millionen Konten erlangen wollte.
Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands, hatte der Schufa damals “Kontoschnüffelei” vorgeworfen. “Eine solch tiefe Datenauswertung der Kontobewegungen für Scoringzwecke erlaubt Rückschlüsse auf Persönlichkeit, wirtschaftlichen Status und selbst politische Orientierungen der Kunden und führt damit letztlich zum vollkommen durchleuchteten Verbraucher.” (dpa / hcz)