Iran kontrolliert Kleidervorschriften mit Gesichtserkennung

Überwachungskameras auf einer Sicherheitsmesse in Teheran
Die vom Regime eingesetzte Gesichtserkennungstechnologie soll aus China stammen. (Quelle: IMAGO / Pacific Press Agency)

Seit dem Wochenende patrouilliert die sogenannte Sittenpolizei wieder auf den Straßen im Iran, um die vorgeschriebene Kleiderordnung durchzusetzen. Die Einheiten waren zuvor monatelang von den Straßen verschwunden. Berichten zufolge nutzt das Regime inzwischen auch Gesichtserkennungssoftware, um Frauen zu identifizieren.

Die Behörden hatten vergangene Woche angekündigt, die sogenannte Sittenpolizei wieder einzusetzen, um die Kleidervorschriften zu kontrollieren – dazu zählt unter anderem die Kopftuchpflicht für Frauen.

Frauen überwachen Kleidervorschriften

Medienberichten zufolge, wurden bereits am Wochenende wieder Frauen auf offener Straße verhaftet. Die Beamten seien nun in Zivil unterwegs, tragen also keine Uniformen – sodass sie nicht als Sicherheitskräfte zu erkennen sind. Die Fahrzeuge, in denen die Festgenommenen abtransportiert werden, stünden in Rufweite bereit.

Auch Gesichtserkennung komme zum Einsatz: Die Überwachung im Iran ist dem Bericht zufolge beinahe flächendeckend. Kameras seien an Kreuzungen installiert, aber auch vor Geschäften und in Cafés.

Im Dezember hatten iranische Medien berichtet, die Sittenpolizei würde aufgelöst. Innerhalb der Bevölkerung hatte es schon damals Zweifel an dieser Ankündigung gegeben. Auch die Journalistin Gilda Sahebi ordnete am Sonntag im Interview mit NDR Info ein, die sogenannte Sittenpolizei sei nie weg gewesen. Zwar seien die Einheiten tatsächlich einige Monate lang von den Straßen verschwunden gewesen. Die Kleiderordnung sei aber weiterhin durchgesetzt worden – unter anderem mit Gesichtserkennung.

Im September vergangenen Jahres war die 22-jährige Mahsa Amini gestorben, nachdem sie von der Sittenpolizei verhaftet worden war. Der Tod der jungen Frau hatte eine große landesweite Protestwelle ausgelöst. In den darauffolgenden Monaten hatten sich viele Frauen ohne Kopftuch in der Öffentlichkeit bewegt und Kleidung getragen, die ebenfalls gegen die Vorschriften verstößt.

Technik soll aus China kommen

Berichten zufolge wurden in den vergangenen Monaten unter anderem Kameras in öffentlichen Verkehrsmitteln mit der Technik ausgerüstet.

Tatsächlich hatte die Regierung bereits Anfang September 2022 – also kurz vor dem Tod von Mahsa Amini und den folgenden Protesten – öffentlich erklärt, der Kopftuchzwang solle in öffentlichen Verkehrsmitteln und an öffentlichen Plätzen mit Gesichtserkennung durchgesetzt werden.

Nach Angaben von IPVM, einer Forschungsfirma für Überwachungstechnologie, hatte der Iran hierfür im Jahr 2021 einen Fünfjahresvertrag mit der chinesischen Firma Tiandy geschlossen. Diese bietet unter anderem Gesichtserkennungssoftware an. Weil das Unternehmen auch mit Menschenrechtsverletzungen in China in Verbindung steht und Güter aus den USA an die Revolutionsgarden im Iran geliefert haben soll, haben die USA Ende 2022 Sanktionen gegen Tiandy verhängt.

Der Iran hatte zudem schon im Jahr 2015 begonnen, biometrische Ausweise einzuführen. Inzwischen werden Gesichtsbilder und andere biometrische Merkmale in einer staatlichen Datenbank gespeichert.

Anfang des Jahres hatte es erste Berichte gegeben, wonach Frauen Tage nach ihrer Teilnahme an Protesten verhaftet wurden. Beobachter hatten daraufhin befürchtet, dass die Geschichtserkennungstechnik bereits eingesetzt werde.

Im April hatte die iranische Polizei zudem ein schärferes Vorgehen gegen Frauen angekündigt, die ohne Kopftuch in die Öffentlichkeit gehen. Betroffene würden mithilfe von Gesichtserkennung identifiziert und per SMS verwarnt. Auch der Straßenverkehr werde umfassend überwacht.

Eine von den Vereinten Nationen eingesetzte Untersuchungskommission zum Iran hatte Anfang Juli Sorge angesichts des Einsatzes von Gesichtserkennung geäußert.

Die Leiterin der Kommission, Sara Hossain, forderte den Iran auf, das harte Vorgehen gegen friedliche Demonstrierende zu stoppen. Auch die Welle von Hinrichtungen und Festnahmen müsse ein Ende haben. Mindestens 26 Personen seien in Verbindung mit den Protesten bereits zum Tode verurteilt worden.

Sorge äußerte Hossain zudem über zwei geplante Gesetzesverschärfungen, die noch härtere Strafen für Frauen und Mädchen vorsehen, die gegen die Vorschriften zur Zwangsverschleierung verstoßen. (js)