Vietnam will für neue Ausweise auch DNA-Proben sammeln
Vietnamesische Ausweise sollen künftig auch Iris-Scans speichern. Vorgesehen ist darüber hinaus die freiwillige Abgabe von Stimm- und DNA-Proben von Ausweisinhabern. Die Daten sollen auch in einer nationalen Datenbank gesammelt werden. Kritiker warnen vor möglichen Folgen und sprechen von einem “Überwachungsalptraum”.
Wie aus einer staatlichen Mitteilung hervorgeht, hat Premierminister Pham Minh Chinh das Ministerium für öffentliche Sicherheit angewiesen, ab dem 1. Juli die Daten “zu Identifikationszwecken” zu sammeln. Hintergrund ist eine Änderung des Identifikationsgesetzes, die Ende vergangenen Jahres verabschiedet wurde.
Erweiterte Datensammlung
Bisher sind auf den Ausweisen bereits Fotos und Fingerabdrücke vorhanden. Laut der Gesetzesänderung sollen nun auch Iris-Scans und Stimmproben sowie DNA gesammelt werden. Vorgesehen ist, diese Daten sowohl auf einem verschlüsselten Chip im Ausweis zu speichern als auch in einer nationalen “Identifikationsdatenbank” zu hinterlegen.
Die Abgabe von DNA- und Stimmproben soll freiwillig erfolgen. Sie könnten aber auch von Strafverfolgungsbehörden im Rahmen von Ermittlungen gesammelt werden – und sollen dann ebenfalls in die Datenbank gelangen.
Die Gesetzesänderung sieht zudem vor, dass Einträge aus der “Identifikationsdatenbank” mit der bestehenden nationalen Bevölkerungsdatenbank ausgetauscht werden. Darin sind zu Bürgerinnen und Bürgern neben Angaben wie Namen und Geburtsdatum unter anderem auch deren Blutgruppe gespeichert – verknüpft mit der 12-stelligen Personenidentifikationsnummer, die allen Bürgerinnen und Bürgern zugewiesen wird.
Auch ein Datenaustausch mit dem Ministerium für öffentliche Sicherheit, dem die Strafverfolgungsbehörden unterstehen, ist vorgesehen.
Warnung vor Überwachung und Datenleck
Golda Benjamin von der Menschenrechtsorganisation Access Now kritisierte die Pläne der vietnamesischen Regierung auf Anfrage von Posteo. Der Plan, biometrische Daten zu sammeln, sei in einem Land, in dem “die Zivilgesellschaft und Journalisten ständig überwacht und schikaniert werden” ein “Überwachungsalptraum”.
Nach Angaben von Human Rights Watch (HRW) ist die Menschenrechtslage in Vietnam in den meisten Bereichen schlecht: Die regierende Kommunistische Partei schränke die Grundrechte stark ein. Die Polizei foltere Menschen, um Geständnisse zu erpressen. Zudem sei die Justiz nicht unabhängig – Dissidenten und Aktivisten würden etwa aufgrund falscher Anschuldigungen im Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit zu langen Haftstrafen verurteilt.
Access Now warnt, Staaten könnten biometrische Daten zur Überwachung verwenden. Solche Daten lassen sich nicht verändern, sodass Menschen ein Leben lang identifiziert werden können. Die Organisation kritisiert auch, ein Datenleck könnte beispielsweise zu Identitätsdiebstahl oder Betrugsfällen führen – oder auch zu physischen und psychischen Schäden.
Benjamin erklärte auf Anfrage von Posteo: “Der Plan der vietnamesischen Regierung, eine biometrische Datenbank mit anderen Datenbanken zu verknüpfen, könnte eine der größten Bedrohungen für die Privatsphäre der Menschen darstellen, die das Land je gesehen hat. Ein großer IT-Angriff und ein Datenleck könnten das Leben von Millionen von Menschen gefährden.”
Bereits im Jahr 2022 war in Vietnam diskutiert worden, die Sammlung biometrischer Daten auszuweiten. Ein Anwalt hatte damals gegenüber dem Exilmedium Thoibao verfassungsrechtliche Bedenken geäußert. Zudem hatte er darauf hingewiesen, dass etwa Iris-Scans auch von Banken oder Sicherheitssystemen zur Authentifizierung verwendet werden können. Die Sammlung solcher Daten durch die Regierung gebe daher Anlass zur Sorge vor einem möglichen Datenleck. (js)