WHO warnt vor Hitzetoten in Europa

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Ältere Menschen leiden besonders unter der Hitze. (Quelle: WHO / Pierre Albouy)

In Europa sterben mehr Menschen an Hitze als an jeder anderen Folge des Klimawandels. In nahezu allen Ländern der Region sei die Zahl der hitzebedingten Todesfälle in den letzten 20 Jahren gestiegen – im Durchschnitt um 30 Prozent, meldete die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Donnerstag.

In den Jahren 2000 bis 2019 habe es in der Region Europa, zu der die UN-Organisation 53 Staaten zählt, schätzungsweise über 176.000 hitzebedingte Todesfälle pro Jahr gegeben. Das seien 36 Prozent der weltweit verzeichneten Todesfälle, die auf Hitze zurückzuführen sind. Weltweit schätzt die WHO die hitzebedingten Todesfälle in dem Zeitraum auf 489.000 Menschen pro Jahr.

Temperaturextreme verschlimmerten chronische Erkrankungen, die Herz und Kreislauf, die Atemwege oder die Psyche betreffen; auch diabetesbedingte Erkrankungen würden verstärkt. Besonders für vulnerable Bevölkerungsgruppen wie ältere Menschen oder Schwangere sei die extreme Hitze ein Problem und bedeute eine zusätzliche Belastung – insbesondere für allein lebende Personen.

Keine andere der sechs WHO-Regionen erwärme sich so schnell wie die europäische. Die Temperaturen steigen hier etwa doppelt so schnell wie im globalen Durchschnitt. Die drei wärmsten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in der Region ereigneten sich alle nach 2020, und die zehn wärmsten Jahre traten erst nach 2007 auf.

Tausende Opfer in Deutschland

Auch das Robert Koch-Institut (RKI) warnt auf seiner Webseite vor einem Anstieg der Todesfälle in Deutschland während Hitzeperioden. Das Institut schätzt die Zahl der hitzebedingten Sterbefälle dieses Jahr bislang auf 1140 Personen. Besonders die Altersgruppe über 85 Jahre ist demnach mit etwa 680 Fällen betroffen – etwa doppelt so viele Frauen wie Männer.

Das Institut weist darauf hin, dass Hitze “normalerweise nicht als die zugrunde liegende Todesursache angegeben wird”. In den meisten Fällen führe eine bestehende Vorerkrankung in Kombination mit der Hitze zum Ableben. “Stattdessen müssen statistische Methoden angewendet werden, um das Ausmaß hitzebedingter Sterbefälle abzuschätzen”, erklärt das RKI. In die Erhebungen fließen unter anderem Temperaturmessungen des Deutschen Wetterdienstes ein.

Die meisten hitzebedingten Toten verzeichnete das RKI in den Jahren 2018 und 2019, mit jeweils über 7000 Sterbefällen. In den Jahren 2020 und 2022 starben hierzulande jeweils über 4000 Menschen.

Schutzmaßnahmen für Staaten

UN-Generalsekretär António Guterres hatte diese Woche zum Handeln gegen extreme Hitze aufgerufen. Er nannte vier wichtige Maßnahmen: Schwache Teile der Bevölkerung müssten besonders geschützt werden, ebenso wie Arbeiter. Zudem müsse die Widerstandsfähigkeit von Wirtschaft und Gesellschaft gestärkt sowie der globale Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius begrenzt werden.

WHO-Regionaldirektor für Europa, Henri P. Kluge nannte den Aufruf des Generalsekretärs zum Handeln sowohl dringend als auch zeitgemäß. “Wir müssen koordinierte Maßnahmen verstärken, um unsere Gesundheit vor diesen direktesten und tödlichsten Auswirkungen des Klimawandels zu schützen.”

Eine gute öffentliche Gesundheitsversorgung kann laut WHO die negativen Auswirkungen von Hitze größtenteils vermeiden. Zudem brauche es einen Anpassungsprozess, um die Widerstandsfähigkeit der Bevölkerung gegenüber Hitzewellen zu erhöhen. Ein Teil davon sei die Entwicklung von Hitze- und Gesundheitsaktionsplänen. Mit 20 Ländern verfügten weniger als die Hälfte der Mitgliedsstaaten der Europäischen Region über solche Pläne. “Dies ist zwar ermutigend, reicht jedoch nicht aus, um alle Bevölkerungsgruppen zu schützen”, warnte die Organisation.

Die WHO aktualisiere derzeit mithilfe ihres Europäischen Zentrums für Umwelt und Gesundheit ihre Leitlinien für Hitze- und Gesundheitsaktionspläne. Sie sollen Regierungen dabei unterstützen, eigene Pläne zu entwickeln und bestehende zu aktualisieren.

Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung

Ansonsten rät die WHO Betroffenen dazu, sich möglichst nicht der Hitze auszusetzen – man solle anstrengende Aktivitäten nicht auf die heißesten Tageszeiten legen, im Schatten bleiben und Kinder sowie Tiere nicht in geparkten Fahrzeugen zurücklassen. Kühle, klimatisierte Orte wie Supermärkte oder Kinos könnten für die wärmsten Stunden des Tages Schutz bieten.

Das eigene Heim sollte nachts abgekühlt werden und tagsüber etwa mit Rollläden vor Sonneneinstrahlung geschützt werden. Der eigene Körper solle mit lockerer Kleidung und Duschen heruntergekühlt und mit ausreichend Trinkwasser versorgt werden. “Schauen Sie nach Familie, Freunden und Nachbarn, insbesondere nach älteren Menschen, die viel Zeit allein verbringen”, rät die WHO außerdem. (hcz)