Zerstörung der Wälder hat 2022 zugenommen
Die weltweite Zerstörung von Wäldern hat einem neuen Bericht zufolge im vergangenen Jahr zugenommen. 2022 sei die globale Zerstörung von Wäldern im Vergleich zu 2021 um vier Prozent gestiegen, hieß es in dem Bericht, der von mehreren wissenschaftlichen Organisationen und zivilen Verbänden am Dienstag in Washington veröffentlicht wurde, darunter auch die Umweltstiftung WWF.
Dabei seien 2022 insgesamt 6,6 Millionen Hektar Wälder verloren gegangen – eine Fläche fast so groß wie Bayern. 96 Prozent davon sei in tropischen Regionen vernichtet worden. Der höchste Verlust an Wäldern war in den Regionen Lateinamerika, dem außertropischen Afrika sowie in den borealen und gemäßigten Wäldern in Nordamerika und Europa zu beobachten.
Die Umweltschutzorganisation WWF sprach am Dienstag
von “alarmierenden Daten”. Und auch die Autorinnen und Autoren des Berichts warnen davor, dass ohne gesunde Waldökosysteme sowohl das Klima, die Artenvielfalt und selbst die Wirtschaft auf dem Spiel stehen.
“Bestehende Wälder sind entscheidend für Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius. Dennoch ist die Welt nach wie vor nicht auf dem Weg, die Ziele zu erreichen, die Entwaldung und Waldschädigung bis 2030 zu stoppen und rückgängig zu machen”, heißt es in dem Bericht.
Schutzziele in weiter Ferne
Die Expertengruppe verweist auf die öffentlichen Versprechen von Ländern, Unternehmen und Investoren: Demnach soll eigentlich bis 2030 ein Ende der Waldvernichtung erreicht werden und zudem sollen bis dahin 350 Millionen Hektar geschädigter Landschaften und Wälder wiederhergestellt werden.
Von einem Ende der Waldvernichtung sei die Welt 2022 aber weit entfernt gewesen, hieß es. Vor allem Landwirtschaft, Straßenbau, Brände und kommerzielles Holzfällen seien die Treiber der Zerstörung. 2022 lag die globale Bruttoabholzung demnach 21 Prozent über dem Wert, der erforderlich wäre, um die Entwaldung bis 2030 zu beenden. In Bezug auf die Entwaldung von primärem Tropenwald lag der Wert sogar um 33 Prozent zu hoch.
Die Datenlage zu den weltweiten Wiederherstellungsbemühungen der Wälder sei schlecht. Auch ein globaler Überblick über die natürliche Walderholung fehle.
Keine Fortschritte
“Die Wälder der Welt stecken in der Krise”, sagte Erin Matson, die bei der Beratungsfirma Climate Focus arbeitet und den Bericht mit verfasst hat. “Es wurden so viele Versprechen gemacht, das Abholzen aufzuhalten und den Schutz der Wälder zu finanzieren. Aber die Chance auf Fortschritt wird jedes Jahr wieder aufgegeben.”
Der WWF warnte mit Bezug auf die Studie: “Tropenwälder aber auch unsere Wälder in Deutschland sind dabei, sich von Kohlenstoffsenken in Quellen zu verwandeln.” Das sei Folge des Waldverlustes, Austrocknung an Waldrändern und immer häufiger auftretenden extremen Wetterereignissen. Schreite die Abholzung und die Schädigung der Tropenwälder im Amazonasgebiet und im Kongobecken weiter voran, brächen außerdem die tropischen Monsunsysteme zusammen. Die globale Ernährungsversorgung sei dann nicht mehr sichergestellt.
“Wir brauchen keine neuen Bekenntnisse zum Walderhalt. Wir brauchen kompromisslosen Ehrgeiz, Schnelligkeit und Verantwortlichkeit, um die gesetzten Ziele zu erreichen”, mahnte Susanne Winter, Programmleiterin Wald beim WWF Deutschland.
2023 müsste die Abholzung von Wäldern dem Bericht zufolge
um 27,8 Prozent reduziert werden, um die gemachten Versprechen einhalten zu können. Zudem nehme die biologische Vielfalt in den Wäldern “in alarmierendem Tempo ab”.
Bemühungen zu erkennen
Es gebe aber auch positive Entwicklungen, heißt es. So seien 50 Länder weltweit auf dem Weg dahin, Abholzungen zu beenden. Auch Brasilien, Indonesien und Malaysia machten Fortschritte bei der Bekämpfung des Waldverlustes. Dort befinden sich große Regenwälder, die als wichtige CO2-Speicher gelten und wichtige Funktionen beim Kampf gegen den Klimawandel haben. Das tropische Asien sei die einzige Region, die sich dem Ziel nähert, die Bruttoabholzung tatsächlich auf Null zu senken.
Auch sei in abgeholzten Gebieten in den Tropen stetig mehr Wald nachgewachsen über die vergangenen vier Jahre. Das demonstriere die Fähigkeit der Wälder, sich von Schäden zu erholen. Doch bis sich die Ökosysteme wieder regeneriert haben, könnten Jahrzehnte vergehen.
Weltweit fließen nach Angaben des Reports jährlich nur 2,2 Milliarden US-Dollar an öffentlichen Mitteln in die Wälder, was ein verschwindend geringer Anteil im Vergleich zu anderen weltweiten Investitionen sei – der Bericht nennt als Beispiel zwei Fußballstadien in London und Barcelona, deren Bau beziehungsweise Renovierung allein schon mehr Geld verschlungen hätten als der Waldschutz. Auch der WWF kritisiert: “Weltweit werden mindestens 100-mal mehr öffentliche Mittel für umweltschädliche Subventionen verwendet als für die Finanzierung von Wäldern.”
Regierungen sollten zudem ein Umfeld mit mehr Anreizen für Unternehmen schaffen, Wälder zu schützen, nachhaltig zu bewirtschaften und wiederherzustellen, fordern die Autoren. (hcz)