Ölkonzern kauft Großteil der polnischen Regionalmedien

Portfolio von Polska Press
Durch den Zukauf von Polska Press und den zugehörigen Regionalzeitungen wolle die Regierungspartei mehr Einfluss in Städten ausüben, sagt Medienexperte Maciej Mrozowski von der Universität Warschau. (Quelle: Polska Press)

Polens Opposition hat den geplanten Kauf einer Gruppe führender Regionalzeitungen und Online-Portale durch den staatlich kontrollierten Mineralölkonzern PKN Orlen kritisiert. “Die Übernahme von Polska Press durch Orlen hat nichts gemeinsam mit der Entwicklung eines Mineralölkonzerns. Mit dem Geld der Polen wird versucht, eine weitere Propagandamaschine zu bauen”, schrieb der Chef der größten Oppositionspartei Bürgerplattform (PO), Borys Budka, auf Twitter.

Die nationalkonservative Regierungspartei PiS mache Orlen zu ihrem Gazprom, kritisierte laut Agentur PAP der frühere Außenminister und heutige Europaabgeordnete Radoslaw Sikorski in Anspielung auf den russischen Energiekonzern. PiS-Chef Jarosław Kaczyński habe sich für die ungarische Variante entschieden, immer mehr Medien zu übernehmen, schrieb der Vorsitzende der Partei “Wiosna”, Robert Biedron.

“Repolonisierung” der Medien

Am Montag hatte PKN Orlen bekanntgegeben, dass man den Verlag Polska Press von der deutschen Verlagsgruppe Passau übernehme. Die Übernahme umfasse 20 von 24 in Polen herausgegebenen Regionalzeitungen und rund 120 regionale Wochenzeitschriften, außerdem 500 Online-Portale. “Wir übernehmen die Verlagsgruppe Polska Press und bekommen damit Zugang zu 17,4 Millionen Nutzern [von Titeln des Verlages]”, erklärte Orlen-Präsident Daniel Obajtek in einer Videobotschaft auf Twitter.

Der Öl- und Tankstellenkonzern Orlen gehört zu 27,5 Prozent dem polnischen Staat, sein Chef Obajtek ist Mitglied der nationalkonservativen Regierungspartei PiS. Diese propagiert seit dem Frühjahr 2016 die “Repolonisierung” der Medien im Land. PiS-Parteichef Jarosław Kaczyński erklärte laut Süddeutsche Zeitung damals, man werde “Schritt für Schritt” vorgehen.

Auch der bisherige Eigentümer, die Verlagsgruppe Passau, bestätigte das Geschäft. Ein Vertrag über den Verkauf von 100 Prozent der Anteile an der Gruppe Polska Press sei am Montag mit dem Mineralölkonzern PKN Orlen unterzeichnet worden, berichtete die zur Verlagsgruppe gehörende “Passauer Neue Presse”. Die Verlagsgruppe Passau erklärte, sie habe ihre über 26 Jahre aufgebaute polnische Tochter “aus strategischen Gründen” verkauft. Über den Kaufpreis wurde nichts bekannt. Laut Fachdienst Puls Biznesu soll der Kaufpreis umgerechnet knapp 27 Millionen Euro betragen.

Regierung hat Medien im Griff

Das Schlagwort der “Repolonisierung” der Medien gehört zum Repertoire der PiS, seit diese in Polen die Regierung stellt. “Die Medien in Polen müssen polnisch sein”, postulierte der mächtige PiS-Chef Kaczynski erneut im Juli – und kündigte an, man wolle rasch ein entsprechendes Gesetz verabschieden. Immer wieder erwähnten auch andere PiS-Politiker, dass man Ausländern den mehrheitlichen Besitz polnischer Medien verbieten wolle.

Den öffentlich-rechtlichen Rundfunk hat die PiS bereits unter ihre Kontrolle gebracht. Oppositionspolitiker kommen hier selten zu Wort. Nach der Präsidentenwahl im Sommer bemängelten Wahlbeobachter von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) die fehlende Unparteilichkeit in der Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Sender.

Die Opposition fürchtet, durch den aktuellen Kauf könnte es zu einer ideologischen Gleichschaltung kommen. Der Verkauf muss noch von den Kartellbehörden genehmigt werden. Laut Süddeutscher Zeitung gilt dies aber als Formsache.

Politisches Kalkül

“Das ist ein schwarzer Tag für die Pressefreiheit und den Pluralismus der Medien”, kommentierte die regierungskritische Zeitung “Gazeta Wyborcza” die Übernahme von Polska Press durch Orlen. Ähnlich sieht das der Medienexperte Maciej Mrozowski von der Universität Warschau. Der Mineralölkonzern brauche den Kauf der Mediengruppe nicht zu wirtschaftlichen Zwecken, etwa um den Benzinverkauf an seinen Tankstellen zu erhöhen, sagte er dem Radiosender Tok.fm. “Das politische Ziel ist dafür sehr durchsichtig.”

Zu Polska Press gehören unter anderem Regionalzeitungen im Westen, so etwa “Dziennik Baltycki” in Danzig (Gdansk) und “Glos Wielkopolski” in Posen (Poznan). Die PiS wolle ein Propagandainstrument erwerben in den städtischen Zentren, wo sie die Wahlen regelmäßig verliere, so der Medienfachmann Mrozowski. Bislang sei die Lokalpresse in Polen noch recht unabhängig gewesen. Doch das könne sich nun schnell ändern. (dpa / hcz)