2,9 Milliarden Menschen waren noch nie online
Weltweit nutzen mehr Menschen als zuvor das Internet. Das geht aus am Dienstag veröffentlichten Zahlen der UN-Organisation Internationale Fernmeldeunion (ITU) hervor. Schätzungsweise 4,9 Milliarden Menschen haben demnach im Jahr 2021 das Internet genutzt – das sind 63 Prozent der Weltbevölkerung. Im Jahr 2019 waren es noch 54 Prozent.
Das bedeutet aber auch, dass schätzungsweise 2,9 Milliarden Menschen (37 Prozent) weltweit keinen Zugang zum Internet haben – sie waren nach Angaben der ITU noch nie online. Die Mehrheit von ihnen (96 Prozent) lebt in sogenannten Entwicklungsländern.
Selbst von den 4,9 Milliarden Menschen, die als Internetnutzer gezählt werden, hätten viele Hunderte Millionen nur selten die Möglichkeit, online zu gehen. Sie teilen sich die Endgeräte beispielsweise mit anderen oder ihnen stehen nur langsame Verbindungsgeschwindigkeiten zur Verfügung, die den Nutzen ihres Internetzugangs einschränken.
Als Menschen mit Internetzugang werden diejenigen gezählt, die innerhalb der letzten drei Monate mindestens ein Mal online gegangen sind.
ITU-Generalsekretär Houlin Zhao kommentierte: “Fast zwei Drittel der Weltbevölkerung ist jetzt online, aber es gibt noch viel zu tun, um allen Menschen Zugang zum Internet zu ermöglichen.”
Für den Anstieg der Online-Nutzerinnen und -Nutzer macht die ITU auch die Corona-Pandemie verantwortlich. Im ersten Pandemie-Jahr 2020 habe die Zahl der Internetnutzer sogar um über 10 Prozent zugenommen – der größte Anstieg seit einem Jahrzehnt. Maßnahmen wie Schulschließungen verbunden mit dem Bedürfnis der Menschen nach Nachrichten und Gesundheitsinformationen hätten dazu beigetragen. Besonders zugenommen habe die Internetnutzung in ärmeren Ländern.
Weniger Frauen in Entwicklungsländern haben Internetzugang
Laut der UN-Organisation nimmt die Kluft zwischen den Geschlechtern bei der Internetnutzung weltweit zwar ab: Durchschnittlich waren 62 Prozent der Männer sowie 57 Prozent der Frauen im Jahr 2020 online. Allerdings gibt es Unterschiede zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. So nutzen in Industrienationen 88 Prozent der Frauen und 89 Prozent der Männer das Internet. In den 46 Ländern, die die Vereinten Nationen als am wenigsten entwickelt einstufen, sind es hingegen 31 Prozent der Männer und nur 19 Prozent der Frauen. Zu diesen Staaten zählen beispielsweise Afghanistan, Äthiopien, Jemen, Mali, Myanmar, Nepal und Ruanda.
Besonders in Afrika und in den arabischen Saaten ist demnach die Kluft zwischen den Geschlechtern bei der Internetnutzung weiterhin besonders ausgeprägt.
Unterschiede bei der Internetnutzung gibt es auch zwischen Menschen in Städten und ländlichen Gebieten. In Entwicklungsländern sei die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen in städtischen Gebieten das Internet nutzen, fast doppelt so hoch wie auf dem Land (72 beziehungsweise 34 Prozent). In den 46 am wenigsten entwickelten Ländern liegt die Zahl in den Städten sogar fast viermal so hoch wie in ländlichen Gebieten (47 beziehungsweise 13 Prozent). In den Industrienationen hingegen haben 89 Prozent der Menschen in Städten und 85 Prozent in ländlichen Gebieten Zugang zum Internet.
Mehr junge Menschen online
Am häufigsten ist weltweit die Altersgruppe zwischen 15 und 24 Jahren online: 71 Prozent der jungen Menschen nutzen das Internet.
Die Internationalen Fernmeldeunion weist auch auf die Kluft zwischen der Verfügbarkeit von Netzen und tatsächlich genutzten Verbindungen hin: So könnten 95 Prozent der Weltbevölkerung theoretisch einen mobilen Breitbandzugang nutzen – doch Milliarden Menschen sind dennoch offline. Das hängt auch mit regionalen Unterschieden zusammen. So haben beispielsweise 18 Prozent der Landbevölkerung in Afrika keinen Mobilfunkempfang, und ein mobiler Breitbandzugang ist in Entwicklungsländern häufig die einzige Möglichkeit, das Internet zu nutzen.
Außerdem seien Endgeräte und Dienste vielerorts zu teuer für Verbraucherinnen und Verbraucher. Ein Ziel der UN-Breitbandkommission für nachhaltige Entwicklung ist es, in Entwicklungsländern bis zum Jahr 2025 Breitbandzugänge zu einem Preis von weniger als zwei Prozent des durchschnittlichen Monatseinkommens (monatliches Bruttonationaleinkommen pro Kopf) zu ermöglichen. In einigen der ärmsten Länder der Welt koste ein solcher Internetzugang aktuell jedoch 20 Prozent oder mehr.
Auch mangelnde digitale Fähigkeiten und fehlende Inhalte in Landessprachen sieht die ITU als Hindernis. Ein weiteres Problem sei Analphabetismus.
Die aktuelle Statistik zeige einen großen Fortschritt, sagte Doreen Bogdan-Martin, Direktorin des ITU-Büros für Telekommunikationsentwicklung. Doch sie mahnte auch: “In den am wenigsten entwickelten Ländern klafft nach wie vor eine riesige Kluft bei der Konnektivität, da fast drei Viertel der Menschen dort noch nie einen Internetzugang hatten. Frauen in den am wenigsten entwickelten Ländern sind besonders ausgegrenzt, denn etwa vier von fünf sind noch immer offline.” Digitale Lösungen seien auch wichtig, um die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung bis 2030 zu erreichen.
Der Bericht der Internationalen Fernmeldeunion basiert auf gemeldeten Zahlen der Mitgliedsstaaten für das Jahr 2020. Daraus hat die ITU Schätzungen für das Jahr 2021 errechnet. (js)