Apple: das Tauziehen ums Werbe-Tracking
Aus Nutzersicht ist es eine wünschenswerte Entwicklung: Im kommenden Smartphone-Betriebssystem iOS 14 werden die Nutzer selbst entscheiden können, ob ihre Aktivitäten von Apps erfasst werden dürfen. Nur dann dürfen die Anbieter die Informationen für personalisierte Werbung einsetzen.
Die im Herbst erwartete Betriebssystemversion sorgt für viel Ungemach in der Werbebranche – neuerdings auch deswegen, weil Apple die personalisierte Werbung für die eigenen Dienste offenbar standardmäßig aktiviert, während Anwendungen von Drittanbietern erst beim Nutzer um Erlaubnis fragen müssen. Das berichten Entwickler mit Zugriff auf die Beta-Version von iOS 14.
Was trackt Apple
Im aktuellen iOS 13 ist es so, dass sowohl Apple als auch andere App-Anbieter das Nutzerverhalten ohne Nachfrage verfolgen und für personalisierte Werbung nutzen können. Gesammelte Informationen wie Alter, Adresse und Informationen über Downloads aus dem App Store und iTunes sowie dem Leseverhalten in Apple News werden laut Apple aber nicht an Drittanbieter weitergegeben, sondern es werden anonymisierte “Ad-IDs” erstellt. Daraus erstelle der Konzern Segmente aus mindestens 5000 Personen.
Auf diese kummulierten Ergebnisse haben auch Drittanbieter Zugriff. Zudem kann die Nutzerin oder der Nutzer manuell die eigene Ad-ID auswechseln (“Einstellungen → Datenschutz → Werbung → Ad-ID zurücksetzen”) und sich auf Knopfdruck quasi eine neue Identität innerhalb des Werbesystems zulegen.
Um Daten bitten
In iOS 14, iPadOS 14 und tvOS 14 müssen die App-Betreiber den Nutzer zukünftig nach Erlaubnis fragen, bevor sie Daten analysieren und individualisierte Werbung präsentieren dürfen.
Um die Erlaubnis einzuholen, werden App-Entwickler Apples AppTrackingTransparency Framework nutzen müssen. In der Anfrage an den Nutzer müssen die Entwickler beispielsweise begründen, warum ihre Anwendung Tracking verwendet. In den meisten Apps wird beim ersten Start ein Fenster aufpoppen, das den Nutzer nach der Erlaubnis zum Tracking fragt – ähnlich wie man es jetzt schon in iOS kennt, wenn eine App beispielsweise den Standort abfragen möchte oder auf Kalender oder Telefonbuch zugreift.
Im jetzigen iOS 13 kann der Nutzer das sogenannte Ad-Tracking vollständig deaktivieren (“Einstellungen → Datenschutz → Werbung → Ad-Tracking beschränken”). Diese Regeln gelten für alle Apps und Dienste.
In iOS 14 soll es allerdings separate Schalter für das Werbe-Tracking seitens Apple und für alle anderen Anbieter geben, wie Entwickler mit Zugriff auf die Beta-Version von iOS 14 berichten. Auf den veröffentlichten Screenshots ist zu sehen, dass Tracking von Drittanbietern nicht pauschal erlaubt werden kann, sondern der Nutzer nur erlaubt, dass die Apps überhaupt eine Anfrage stellen dürfen. Ein separater Schalter gilt nur für Apple-Dienste und erlaubt die personalisierte Werbung generell und ohne Nachfrage beim Nutzer. Diese Einstellung ist laut Entwickler standardmäßig aktiviert.
Ob die Tracking-Einstellungen tatsächlich in der nun veröffentlichten Art und Weise in der finalen Version von iOS 14 vorhanden sein werden, wird sich im Herbst zur offiziellen Veröffentlichung des neuen Betriebssystems herausstellen. So kurz vor Start sind gravierende Änderungen aber unwahrscheinlich.
Werbeindustrie sauer
Seitdem Apple bekannt gegeben hatte, individualisierte Werbung künftig nur auf Nachfrage hin zu erlauben, liegen App-Entwickler und Werbevermarkter im Clinch mit dem iPhone-Hersteller. Sie befürchten, dass ein Großteil der Nutzer das Tracking ablehnen wird. Was allerdings hieße, dass die Nutzer dies auch jetzt schon tun und vielleicht nur nicht wissen, wie sie es unterbinden können.
Die Werbetreibenden möchten weiterhin an dem Opt-out-System festhalten, in dem der Nutzer aktiv werden muss, um Werbe-Tracking zu beenden. So rechnen europäische Werbeverbände und beispielsweise Facebook mit Einschnitten in ihrem Werbegeschäft. Sie werfen Apple vor, das eigene Werbenetzwerk fördern zu wollen, für das es in iOS 14 voraussichtlich exklusive Regeln geben wird. (hcz)