Australien nimmt Klimaflüchtlinge aus Tuvalu dauerhaft auf

Tuvalu Funafuti
Einige Paradiese in der Südsee werden Ende des Jahrhunderts nicht mehr existieren.(Quelle: Stefan Lins – CC BY-SA 2.0)

Australien nimmt ab sofort Klimaflüchtlinge aus dem Südseestaat Tuvalu auf. Am Mittwoch ist ein entsprechendes Abkommen zwischen den beiden Staaten in Kraft getreten, wie der australische Premierminister Anthony Albanese mitteilte. Ein spezielles Visum soll den Bürgern von Tuvalu ermöglichen, in Australien zu leben, zu arbeiten und zu studieren. Ab 2025 will Australien bis zu 280 Tuvaluer pro Jahr aufnehmen.

Im Südpazifik steigt der Meeresspiegel im Zuge der globalen Erderwärmung besonders schnell. Tuvalu wird – wie andere Inseln in der Region auch – in den nächsten Jahrzehnten weitgehend unter Wasser stehen. Erste Inseln in der Region sind bereits im Meer versunken.

Angesichts dessen hatten die Regierungsvertreter der beiden Staaten das historische Abkommen im November 2023 unterzeichnet. Tuvalu hatte damals Australien darum gebeten, bei der Sicherung der eigenen Zukunft zu helfen.

“Gemeinsam sind wir stärker und können uns in diesen schwierigen Zeiten aufeinander verlassen”, sagte der australische Premierminister Anthony Albanese und sprach von einem “stolzen und historischen Moment für unsere beiden Länder”. Tuvalus Regierungschef Feleti Teo bezeichnete das Abkommen als “bahnbrechend”. Es sei das erste Mal, dass sich ein Land rechtlich verpflichtet habe, Tuvalu zu helfen. Beide Politiker nehmen derzeit am jährlichen Pazifischen Inselforum teil, das in diesem Jahr in Tonga stattfindet.

Gegenleistungen

Neben der Aufnahme von Flüchtlingen umfasst die Falepili Union Treaty genannte Vereinbarung auch die Kooperation in Klimafragen und gemeinsame Sicherheit.

Australien hat sich unter anderem dazu verpflichtet, Tuvalu zu unterstützen, sollte eine Naturkatastrophe größeren Ausmaßes eintreten, eine Pandemie ausbrechen oder ein militärischer Angriff auf das Land erfolgen. Der Vertrag legt zusätzlich fest, dass Australien künftig die Staatlichkeit und Souveränität Tuvalus anerkennt, auch wenn die gesamte Landmasse eines Tages untergegangen ist.

Im Gegenzug wird Tuvalu jedes neue Engagement mit anderen Staaten in Verteidigungs- und Sicherheitsangelegenheiten mit Australien abstimmen. Dieser Teil der Abmachung wurde bei Unterzeichnung als Reaktion Australiens auf Chinas Expansionsbestrebungen in der Region gewertet. In der Vergangenheit waren Kleinstaaten wie die Salomonen oder Kiribati bereits Vereinbarungen mit China eingegangen, die ihnen beispielsweise finanzielle Unterstützung oder Infrastrukturprojekte zusicherten.

Die USA haben bereits ähnliche Vereinbarungen wie Australien mit sinkenden Pazifikstaaten getroffen, darunter Palau und die Marshallinseln. Dabei geht es um wirtschaftliche Unterstützung im Gegenzug für militärischen Zugang zu strategischen Meeresgebieten.

Mit dem aktuellen Abkommen haben sich Australien und Tuvalu auch dazu verpflichtet, in der Entwicklungsarbeit stärker zusammenzuarbeiten, um dafür zu sorgen, dass die Einwohner Tuvalus ihre Heimat gar nicht erst verlassen müssen. Für kommende Generationen sollen Sicherheit und Wohlstand geschaffen werden.

Ein Staat verschwindet

Tuvalu ist nach Fläche das viertkleinste Land der Welt und liegt nördlich von Neuseeland und östlich von Papua-Neuguinea. Der Inselstaat – wie auch andere Archipele in der Region – sieht einer unsicheren Zukunft entgegen: Da der Meeresspiegel im Südpazifik stetig steigt, könnten die zum Staatsgebiet gehörenden Inseln Expertenschätzungen zufolge innerhalb der nächsten 100 Jahre untergehen. Tuvalu mit seinen rund 11.000 Einwohnerinnen und Einwohnern ist eines der am niedrigsten gelegenen Länder der Welt – der höchste Punkt ragt nur fünf Meter über den Meeresspiegel. Zwar gewinnen die Inseln durch Anspülungen und Sedimentierung an Größe, gleichzeitig beschleunigt sich aber der Meeresspiegelanstieg.

Auch haben die Bewohner mit weiteren Folgen des Klimawandels zu kämpfen. Beispielsweise werden Küstenstreifen und Anbauflächen überflutet sowie Süßwasserreserven durch Salzwasser kontaminiert. Hinzu kommen Dürren, die die Trinkwasserversorgung bedrohen.

Studien bestätigen Befürchtungen

Dass weitere Probleme im Zuge der Klimaerwärmung auf die Nationen des Südpazifiks zukommen, hat vor kurzem auch eine neue Studie im Fachjournal Science Advances bestätigt. Demnach sind Teile des Südpazifiks momentan so warm wie seit über 650 Jahren nicht. Die Forschenden warnten davor, dass die anhaltende Erwärmung des Wassers zu einem noch trockeneren Klima in der gesamten Korallenmeerregion führen und sich negativ auf die pazifischen Inselstaaten auswirken werden.

Für die Bewohner und lokalen Ökosysteme der betroffenen Inseln erwarten die Forscher “nachteilige Auswirkungen” wie etwa zunehmende Trockenheit oder Starkregen – falls nicht gegengesteuert wird. Da der Südpazifik auch eine zentrale Rolle für die Regulation des globalen Klimas spielt, werden Dürren, Überschwemmungen oder Korallenbleichen fast überall auf der Welt zu beobachten sein.

Die Weltwetterorganisation WMO warnte am Dienstag in einem neuen Bericht vor den Auswirkungen des Klimawandels auf den westlichen Pazifik. Der Meeresspiegel steige, die Temperatur erhöhe sich und das Wasser versauere. Inselbewohner in der Region erlebten stärkere Klimawandelfolgen als in vielen andere Teile der Welt – obwohl sie kaum zu den klimaschädlichen Treibhausgasen beigetragen haben.

Der Meeresspiegel sei seit 1993 in der Region um 10 bis 15 Zentimeter gestiegen, fast doppelt so stark wie im weltweiten Durchschnitt. Inselstaaten wie Kiribati seien bereits in ihrer Existenz bedroht. “Eine weltweite Katastrophe stürzt ein Paradies in Gefahr”, sagte UN-Generalsekretär António Guterres in Reaktion auf den Bericht. “Der Ozean läuft über, und der Grund dafür ist klar: Treibhausgase, überwiegend durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe, bringen den Planeten zum Kochen.” (Mit Material der dpa / hcz)