Myanmar: Militär erschießt zwei Journalisten
Bei einer Hausdurchsuchung im Süden Myanmars haben Soldaten zwei unabhängige Journalisten erschossen. Die beiden Reporter Win Htut Oo und Ko Htet Myat Thu hatten zuvor mehrfach regierungskritisch berichtet, meldete die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen (RSF) vergangene Woche unter Berufung auf nationale Medienberichte.
Mit dem Tod der beiden Journalisten steigt die Zahl der getöteten Medienvertreter seit der Machtergreifung des Militärs Anfang 2021 auf sieben. RSF warnte in einer Mitteilung: “Seit dem Militärputsch herrscht ein Klima des Terrors gegen Journalistinnen und Journalisten in Myanmar.” Die Organisation verurteilte die Tat und forderte die internationale Gemeinschaft dazu auf, den Druck auf die Militärjunta zu erhöhen. Es seien weiterhin mehr als 60 Medienschaffende in Myanmar inhaftiert.
Angriff auf Unbewaffnete
An der Hausdurchsuchung sollen RSF zufolge mindestens 20 Soldaten beteiligt gewesen sein. Im gestürmten Haus hätten sich außer den beiden Journalisten auch ein Anwohner und ein Mitglied einer örtlichen Widerstandsgruppe befunden – beide wurden ebenfalls erschossen.
Das Militär hätte den Angriff durchgeführt, nachdem es Hinweise über den Aufenthaltsort von Widerstandskämpfern erhalten habe, so New Day Myanmar. Die beiden Journalisten seien laut Medienberichten aber nicht Teil der Rebellentruppen gewesen.
Nachwuchsjournalisten arbeiteten für Oppositionsmedien
Beide Reporter waren zuvor bereits in Konflikte mit den Behörden geraten: Ko Win Htut Oo war unter anderem Korrespondent für das in Myanmar verbotene Medium Democratic Voice of Burma (DVB). Der 26-Jährige berichtete über lokale Themen. Die Behörden hatten ihn zuvor bereits wegen “Aufwiegelung” angeklagt.
Der 28-jährige Htet Myat Thu war freier Journalist und arbeitete für das Online-Medienunternehmen NationVoice und das lokale Nachrichtenmedium Than Lwin Times. In der Vergangenheit war er von der Junta verhaftet worden, als er über Proteste nach dem Militärputsch berichtete.
Das Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ) forderte die Behörden Myanmars auf, den Vorfall zu untersuchen. “Die Ermordung der Journalisten Win Htut Oo und Htet Myat Thu ist eine Gräueltat gegen die freie Presse und darf nicht ungestraft bleiben”, sagte Shawn Crispin, Vertreter des CPJ in Südostasien. “Die Behörden in Myanmar müssen dafür sorgen, dass die unabhängigen Journalisten des Landes, die nur wegen ihrer Berichterstattung getötet werden, schnell und umfassend Gerechtigkeit erfahren.”
Myanmar im Griff des Militärs
Am 1. Februar 2021 hatte sich das Militär in Myanmar an die Macht geputscht und die demokratisch gewählte Regierungschefin Aung San Suu Kyi abgesetzt. Seitdem regiert die Junta das Land autoritär und bekämpft mit aller Härte oppositionelle und demokratische Kräfte.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit führt RSF Myanmar auf Platz 171 von 180 Staaten. Mindestens 62 Medienschaffende sitzen dort derzeit wegen ihrer Arbeit im Gefängnis. Nach Angaben der Myanmar Journalists Association (IMJA) wurden seit dem Putsch 176 Journalisten willkürlich festgenommen.
RSF zufolge hat der Militärputsch die “zaghaften Fortschritte in Richtung größerer Pressefreiheit” zunichtegemacht. “Nach dem Militärputsch am 1. Februar 2021 wurde die Pressefreiheit in Myanmar in wenigen Tagen um zehn Jahre zurückgeworfen”, so die Organisation. Direkt nach dem Staatsstreich habe die Junta eine Liste mit verbotenen Medien veröffentlicht. Viele davon wurden dadurch ins Exil gezwungen, von wo aus sie nur noch eingeschränkt berichten können. Die von der Regierung kontrollierten Medien dienten hingegen nur als Propagandaorgane.
Auf dem Global Impunity Index des CPJ belegt Myanmar Platz 9 und gehört damit weltweit zu den tödlichsten Staaten für Journalistinnen und Journalisten. Es ist auch das Land mit der zweithöchsten Zahl inhaftierter Journalisten weltweit (2023) – direkt hinter China.
Die Leichen der beiden Journalisten seien an Ort und Stelle verbrannt worden – ohne Übergabe an die Familienangehörigen. Die Regierung von Myanmar reagierte weder auf Anfragen von RSF noch von CPJ. (hcz)