Axel Springer scheitert mit Klage gegen Adblocker

Stopschild
Aus Sicht des Gerichts dürfen Webseiten auch anders dargestellt werden, als von den Urhebern vorgesehen – ohne dass gegen Gesetze verstoßen wird. (Quelle: IMAGO / agefotostock)

Der Verlag Axel Springer ist erneut vor Gericht damit gescheitert, den Einsatz von Adblocker-Programmen verbieten zu lassen. Das Landgericht Hamburg hat am Freitag die Klage gegen das Software-Unternehmen Eyeo abgewiesen. Die Kölner Firma bietet mit Adblock Plus einen der populärsten Werbeblocker an.

Vor dem Gericht (Aktenzeichen 308 O 130/19) argumentierten die Anwälte des Verlags, dass Adblock Plus in den Quelltext der Webseiten und die redaktionelle Gestaltung eingreife. Damit würde die Software angeblich gegen das Urheberrecht verstoßen.

Eyeo-CEO Till Faida erklärte in einer Stellungnahme: “Das Landgericht Hamburg schafft hier einen wichtigen Präzedenzfall: Kein Unternehmen hat das Recht Nutzer*innen zu verbieten ihre Browsereinstellungen selbst festzulegen.” Das Urteil gäbe vielen Unternehmen die notwendige Rechtssicherheit, um weiterhin Anwendungen zu entwickeln.

Axel Springer und anderen Verlagen sind Programme wie Adblock Plus seit Jahren ein Dorn im Auge: Als Browser-Plug-in blockieren sie unter anderem Werbebanner, Videoeinblendungen, Cookies und Tracker auf Webseiten. Davon betroffen sind auch die Web-Angebote des Axel-Springer-Verlags.

Urheberrecht nicht verletzt

Der Medienkonzern hatte sich in seiner Klage auf Paragraph 69c des Urheberrechts beziehungsweise auf ein Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts aus dem Jahr 2012 bezogen.

Damals hatten die Richter zu einer Cheating-Software für die mobile Spielekonsole PlayStation Portable einen Urheberrechtsverstoß festgestellt, da sie den Programm-Code der Spiele im Arbeitsspeicher veränderte.

Anders nun im aktuellen Fall: Adblocker veränderten zwar die Darstellung der urheberrechtlich geschützten Inhalte der Internetseite. Das stelle aber keine “Umarbeitung” im Sinne des Urheberrechts dar. Die HTML-Dateien blieben unverändert und würden nur anders angezeigt, als vom Urheber beabsichtigt.

Die Richter wiesen die Klage ab. Denn würde man das Urheberrecht aus ihrer Sicht zu weit auslegen, könnten beispielsweise Programme unterschiedlicher Hersteller nicht mehr zusammenarbeiten. Nutzerinnen und Nutzer dürften beispielsweise auch Webseiten nicht mehr betrachten, ohne alle Bilder zu laden oder Tracking-Skripte zu blockieren.

Auch widersprach das Gericht der Ansicht des Verlags, seine Webseiten würden “Multimediawerke” darstellen und seien ähnlich wie Kunstwerke geschützt. Die dafür notwendige Schöpfungshöhe werde nicht erreicht, da die Seiten in einem industriellen Prozess erstellt wurden und nicht ein einzelner Schöpfer das Erscheinungsbild bestimmt.

Streitpunkt Online-Werbung

Werbeeinblendungen sorgen oftmals für einen Großteil der Einnahmen journalistischer Webseiten – weswegen sich Verlage auch für den Erhalt dieser einsetzen. Viele der eingesetzten Technologien sind aus Datenschutzsicht jedoch problematisch, da sie mithilfe von Cookies und ähnlichen Methoden das Nutzerverhalten über Webseiten hinweg erfassen und Profile bilden können. In Folge bekommen die Nutzerinnen und Nutzer dann personalisierte Werbung angezeigt. Adblocker können das Sammeln der Daten verhindern.

Doch abgesehen davon, dass sich viele Nutzer von aufdringlicher Online-Werbung belästigt fühlen, sorgt die Werbeform auch für technische Herausforderungen und ist wenig nachhaltig: Sie hat einen hohen Anteil an dem weltweiten Datenverkehr, erzeugt also Traffic.

Die New York Times stellte in einer Recherche aus dem Jahr 2015 fest, dass auf einigen der populärsten US-amerikanischen Nachrichtenseiten das Datenvolumen der angezeigten Werbung um ein Vielfaches höher ist als die übertragene Datenmenge der eigentlichen Inhalte. Der Anteil von Werbung im europäischen Datenverkehr betrug 2016 rund 68 Prozent.

Die Darstellung von animierten Werbebannern und Multimediainhalten beansprucht zudem Rechenleistung auf den Endnutzergeräten und Servern und erhöht somit erheblich den Stromverbrauch.

Erneuter Rückschlag für Springer

Trotz des juristischen Rückschlags will sich Axel Springer in dem Fall nicht geschlagen geben. Ein Sprecher des Verlags kündigte bereits an, Rechtsmittel einzulegen. Somit landet das Verfahren erneut vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht, das bereits vor einem Jahrzehnt über die Cheating-Software geurteilt hatte.

Axel Springer und Eyeo streiten sich bereits seit acht Jahren vor Gericht in verschiedenen Verfahren. Nach Teilerfolgen für den Verlag, urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) wiederum für Eyeo. Eine Verfassungsbeschwerde gegen das BGH-Urteil wurde nicht angenommen. Auch weitere Verlage und Vermarkter hatten sich in der Vergangenheit an einer Klage gegen Adblock Plus versucht – mehr oder minder ohne Erfolg. Darunter waren IP Deutschland, Pro Sieben Sat 1 Media, Zeit Online und Süddeutsche Zeitung. (hcz)