Myanmar: Drei tote Journalisten innerhalb eines Monats
In Myanmar wurden innerhalb eines Monats drei Journalisten getötet, berichtet Reporter ohne Grenzen (RSF). Aktuell sind in dem Land mehr als 50 Medienschaffende aufgrund ihrer Arbeit inhaftiert – nur in China sind es noch mehr.
Nach Angaben von RSF wurde die Leiche des Journalisten Pu Tuidim am 9. Januar in einer Bergregion an der Grenze zu Indien gefunden. Zwei Tage zuvor hatte die Armee Myanmars ihn und neun weitere Personen entführt. Pu Tuidim hatte über Zusammenstöße zwischen der Armee und bewaffneten Rebellen berichtet. Laut RSF hatten Soldaten ihn als menschlichen Schutzschild benutzt und anschließend erschossen.
RSF-Geschäftsführer Christian Mihr kommentierte: “Grausam, zynisch, barbarisch – kaum ein Wort scheint den Mord an Pu Tuidim angemessen zu beschreiben. Sein Fall zeigt, mit welchen unerträglichen Methoden die Junta zunehmend gegen Medien und deren Mitarbeitende vorgeht.”
Der Journalist Pu Tuidim hatte die lokale Nachrichtenseite Khonumthung Media Group gegründet und war deren Chefredakteur. Vor seinem Tod hatte die Redaktion einen Artikel darüber veröffentlicht, wie die myanmarische Armee Zivilisten als menschliche Schutzschilde missbraucht.
Zwei Tote im Dezember
Bereits am 25. Dezember wurde der Journalist Sai Win Aung nahe der thailändischen Grenze bei einem Artillerieangriff der Armee getötet. Er hatte über die Situation der Geflüchteten vor Ort berichtet. Die UNESCO verurteilte seine Tötung und forderte eine Untersuchung.
Am 14. Dezember war der Fotojournalist Soe Naing nach vier Tagen Haft verstorben. Nach Angaben von RSF wurde er gefoltert. Bei seiner Festnahme hatte der Journalist über einen stillen Straßenprotest in der Stadt Yangon berichtet.
RSF-Geschäftsführer Mihr forderte: “Wir appellieren an die internationale Gemeinschaft, die gegen Mitglieder der Junta verhängten Sanktionen zu verschärfen, um diese Eskalation des Terrors gegen Journalistinnen und Journalisten zu beenden.”
Nach Angaben von RSF sitzen in Myanmar aktuell mindestens 59 Medienschaffende im Gefängnis. Weltweit sind nur in China noch mehr Pressevertreter wegen ihrer Arbeit inhaftiert. Unter den Gefangenen sind auch zwei Journalisten der Zeitung Zayar Times, die im vergangenen Jahr geschlossen wurde. Anfang Januar wurden sie wegen “Anstiftung zum Verbrechen” zu jeweils zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Sie haben keinen Zugang zu einem Anwalt.
Ende der Medienfreiheit
Im Februar 2021 hatte sich das Militär in Myanmar an die Macht geputscht – nach Angaben der Organisation für politische Gefangene AAPP wurden seitdem mehr als 11.000 Menschen eingesperrt. Unabhängigen Medien wurde die Berichterstattung verboten. Ein halbes Jahr Militärherrschaft habe gereicht, um den Übergangsprozess hin zu Demokratie und Meinungsfreiheit zu einem Ende zu bringen, konstatierte RSF im Juli 2021.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatte dem Militär in Myanmar im Dezember vorgeworfen, seit dem Putsch wahllose Angriffe auf die Zivilbevölkerung verübt zu haben. Ende Dezember gab es Berichte, nach denen das Militär bei einem Massaker mehr als 30 Zivilisten getötet haben soll.
Amnesty International kritisierte auch, das Militär behindere den Zugang zu überlebenswichtigen Gütern. Mehr als 280.000 Menschen seien im eigenen Land auf der Flucht. Emerlynne Gil von Amnesty International kommentierte im Dezember: “Seit der Machtübernahme durch das Militär ist die Bevölkerung Myanmars mit extremer Not konfrontiert. Hunderttausende wurden gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Viele leiden an Hunger und sind mit der beängstigenden Tatsache konfrontiert, dass sie ohne medizinische Versorgung überleben müssen, auch während die Pandemie weiter anhält.” (js)