Datenschützer sieht in Bezahl-Abo bei Facebook "Mogelpackung"
Der hessische Landesdatenschutzbeauftragte Alexander Roßnagel hat das angekündigte Bezahl-Abo für die werbefreie Nutzung von Facebook und Instagram als Mogelpackung kritisiert. Die geplanten Auswahlmöglichkeiten erfüllten die rechtlichen Anforderungen nicht, sagte er in einem Interview mit der dpa.
Der Facebook-Mutterkonzern Meta hatte werbefreie Versionen der Plattformen für Kundinnen und Kunden unter anderem in Deutschland angekündigt. Der Preis für die Sozialen Netzwerke ohne Werbung soll bei 9,99 Euro pro Monat beginnen. Dafür verspricht der Betreiber: “Wir verwenden deine Informationen dann nicht, um dir Werbung zu zeigen.” Die Verwendung für andere Zwecke schließt Meta allerdings nicht aus.
Wer personalisierte Anzeigen wie bisher akzeptiert, kann das Netzwerk weiterhin kostenlos nutzen.
“Facebook verändert an seiner Datensammelei nichts”, kritisierte Roßnagel. Es würden weiter umfangreich Nutzerdaten gespeichert, auch wenn man die Abogebühren bezahle. “Man kriegt dann nur keine Werbung mehr gezeigt.”
Facebook könne oder wolle sein System nicht umstellen, von den Nutzern alle Daten zu sammeln und zu Profilen zusammenzustellen, erklärte der Datenschützer. “Dem Nutzer wird aber vorgegaukelt, er würde jetzt nicht getrackt, weil er ja bezahlt.” Die Vorgaben aus vergangenen Gerichtsurteilen werden nach Einschätzung von Roßnagel demnach nicht erfüllt.
Auch die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hatte Metas neue Praxis Mitte November 2023 in einer Mitteilung kritisiert, man könne sich von der Datensammlung durch das Abo nicht “freikaufen”. Sie warnte davor, dass Meta auch oft nachvollziehen könne, was die Nutzerinnen und Nutzer auf anderen Internetseiten tun und welche Apps sie auf ihren Smartphones installiert haben.
Freiwilligkeit fehle
Selbst wenn der Nutzung mit Werbung zugestimmt wurde, bestehe laut Roßnagel die Frage: Ist die Einwilligung nach Datenschutzrecht korrekt? Das sei nur der Fall, wenn über die Inhalte der Einwilligung informiert werde und wenn sie freiwillig sei, erläuterte der Datenschützer. Beides sieht der Experte nicht erfüllt.
So werde die wichtige Information über das Sammeln der Daten nicht gegeben. Auch Freiwilligkeit kann Roßnagel nicht erkennen. “Wenn ich in der Vergangenheit Facebook genutzt habe, bin ich ja von dieser Infrastruktur quasi abhängig, habe da meine Bekannten, meine Freunde, habe darüber vielleicht Arbeitsprozesse laufen”, erläuterte der Datenschützer.
“Deswegen ist die pauschale Abstimmung oder Zustimmung keine, wo man seinen freien Willen äußern kann, sondern das ist eine Grundentscheidung, will ich mit oder ohne Facebook leben”, sagte Roßnagel. Das sei zu wenig für Freiwilligkeit.
“Kann eine Zustimmung freiwillig sein, wenn es sich um eines der größten sozialen Netzwerke handelt, das jahrelangen Mitgliedern nun nur die Wahl lässt zwischen personalisierter Werbung oder mindestens 120 Euro pro Jahr?”, fragte auch die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.
Der Landesdatenschützer kritisierte weiter: “Alle Facebook-Nutzer, ob als Seitenbetreiber oder als Besucher, sind weiterhin mit einer unrechtmäßigen Datenverarbeitung konfrontiert.” Er rät beispielsweise Gaststätten oder Vereinen, die über Soziale Medien Kontakt zu Kunden oder Mitgliedern halten, auf andere Netzwerke wie etwa Mastodon zu wechseln. Zudem sei es inzwischen recht günstig, eine eigene Homepage zu betreiben.
Meta unter Druck
Meta verwies auf Anfrage der dpa auf eine Mitteilung vom 4. Dezember 2023. Darin heißt es, dass die Daten von Nutzern gemäß den eigenen Richtlinien sowie der Datenschutzgrundverordnung der EU privat und sicher gehalten würden. “Wenn sich eine Person für ein Abonnement entscheidet, sieht sie keine Werbung und wir verarbeiten ihre Daten nicht für personalisierte Werbung”, hieß es in der Mitteilung.
Der Konzern reagiert mit den kostenpflichtigen Abos auf Gerichtsurteile und Entscheidungen von Regulierern. So hatte unter anderem die irische Datenschutzbehörde DPC im Januar 2023 eine Strafe in Höhe von insgesamt 390 Millionen Euro verhängt, weil Meta in seinen Nutzungsbedingungen die Zustimmung zur Datenverarbeitung für personalisierte Werbung verlangt hatte.
Dies verstieß aus Sicht der Aufsichtsbehörde gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Bis dahin hatte sich Meta auf eine Ausnahmeregelung berufen, die die DPC aber nicht gelten ließ. Daraufhin berief sich die Firma auf ein “berechtigtes Interesse” als Rechtfertigung für die Datensammlung. Doch diese Begründung erklärte wiederum der Europäische Gerichtshof im Juli 2023 für ungültig.
Weitere (ungezahlte) Millionen-Strafen
Die irische Datenschutzbehörde hatte Meta seit September 2021 mehrfach zur Zahlung von Geldstrafen verpflichtet: Im November 2022 hatte sie eine Strafe in Höhe von 265 Millionen Euro gegen den Konzern verhängt, nachdem im Jahr 2021 Daten von mehr als einer halben Milliarde Facebook-Nutzern im Internet veröffentlicht worden waren.
Im September 2022 hatte die Behörde außerdem eine Geldstrafe von 405 Millionen Euro gegen Instagram wegen schwerer Verstöße gegen Datenschutzregeln für Kinder verhängt. Zuvor wurde Meta bereits mit einer Strafe in Höhe von 17 Millionen Euro belegt. Auch das Tochterunternehmen WhatsApp musste 225 Millionen Euro zahlen.
Im Mai 2023 verhängte die DPC die bislang höchste Geldstrafe: Die DPC verpflichtete Meta zur Zahlung von 1,2 Milliarden Euro, weil die Übertragung von Nutzerdaten aus der EU in die USA gegen die DSGVO verstieß. (dpa / hcz)